Honorarabrechnung – Mithilfe der Leistungserfassung eine All-Inclusive-Erwartung vermeiden

 

In manchen Kanzleien wird bis heute auf eine Leistungserfassung verzichtet. Die Gründe sind vielschichtig: Angst vor zu viel Aufwand, Angst vor der Weigerung der Mitarbeiter und nicht zuletzt die Bequemlichkeit gehören dazu.

Vollzeiterfassung als Grundlage einer verursachungsgerechten Honorarpolitik

In vielen Kanzleien wird die Arbeitszeit zumindest teilweise beschränkt auf die Mitarbeiterzeit und die direkt abrechenbare Mandantenzeit erfasst. Immer mehr Kanzleien erkennen allerdings, dass sie aus einer Vollzeiterfassung durch alle Mitglieder der Kanzlei wertvolle Informationen für die Steigerung des Kanzleierfolgs gewinnen können.

Lesen Sie im folgenden Leitfaden, was Sie für die Einführung der Vollzeiterfassung benötigen – und wie Sie dadurch zu einer lohnenswerteren Honorarpolitik in Ihrer Kanzlei kommen.

Schritt 1: Ziele und Informationsbedarf festlegen

Wer fragt führt, lautet ein wichtiger Grundsatz des Kanzleimanagements. Das betrifft auch die Leistungserfassung. Nur wenn der Chef die richtigen Fragen stellt – seinen Informationsbedarf also klar kommuniziert – werden die Kanzleimitglieder in der Lage sein, die entsprechenden Informationen zu liefern.

Die Leistungserfassung ist nie Selbstzweck, sondern ein wichtiges Instrument, Kanzleiziele zu erreichen. Der Informationsbedarf der Kanzleileitung hängt also direkt von den Zielen der Kanzlei ab.


Beispiel:

Der Deckungsbeitrag der Finanzbuchhaltung soll um 10 % gesteigert werden. Zu diesem Zweck hat die Kanzlei definiert, welche Leistungen mit dem Grundhonorar abgegolten sein sollen und welche Sonderleistungen (z.B. erstmalige Einrichtung der Buchführung, bestimmte Auswertungen, Bring- und Holdienst, ¼ jährliches BWA-Gespräch) zusätzlich in Rechnung gestellt werden sollen.

Die Zeiten für diese Zusatzleistungen müssen nun getrennt erfasst werden, um sie abrechnen zu können. Anhand der Umsätze und der erfassten Zeiten kann dann kontrolliert werden, ob das Ziel des höheren Deckungsbeitrages erreicht werden konnte.


Damit wird auch die wichtigste Aufgabe der Leistungserfassung klar: Wir wollen wissen, welche Zeit für den Mandanten für welche Dienstleistung aufgewendet wird. Dies ermöglicht eine verursachungsgerechte Honorarabrechnung, die die Grundlage für positive Deckungsbeiträge auf Dienstleistungsebene darstellt.

Wer von Ihnen schon eine entsprechend aussagekräftige Leistungserfassung hat, kann sicher bestätigen, dass die Illusion der „Querfinanzierung“ nach dem Motto: „Die Buchführung rechnet sich bei dem Mandanten nicht, aber das holen wir im Abschluss alles wieder rein“ insgesamt nicht zu befriedigenden Gewinnen führt.

Neben den Mandantenzeiten fallen in der Kanzlei natürlich auch andere Zeiten an. Die Erfassung dieser Zeiten ist unerlässlich um Verbesserungspotenziale zu erkennen. Es soll hier nicht verschwiegen werden, dass die Leistungserfassung auch der Kontrolle der Mitarbeiter dient.

Auf der anderen Seite dient sie aber auch den Mitarbeitern, indem diese einen Überblick über Ihre erbrachten Dienstleistungen haben. Nicht zuletzt für die Planung der Kapazitäten in der Kanzlei ist die Leistungserfassung kaum zu ersetzen. Alles andere ist „Blindflug“.

Schritt 2: Einführung einer Vollzeiterfassung für alle Mitglieder der Kanzlei

Damit wir wirklich wissen, welche Zeiten für die einzelnen Dienstleistungen aufgewendet werden, ist eine Vollzeiterfassung aller Kanzleimitglieder unerlässlich. Das betrifft auch die Zeiten der Chefs!

Besonders deutlich wird dies im Bereich der Abrechnung der steuerlichen Beratung, die in den meisten Kanzleien zum größten Teil durch den Berater selbst erbracht wird. Aus der Beraterschaft wird immer wieder beklagt, dass die Abrechnung dieser Leistungen gegenüber dem Mandanten schwierig ist, es fällt sogar oft das Wort „unmöglich“.

Ohne eine Erfassung der aufgewendeten Beratungszeit muss diesen Aussagen zugestimmt werden. Denn: Was nicht einmal aufgeschrieben wird, hat gar keine Chance auch abgerechnet zu werden.

Wie wollen Sie einem Installateur, der gewohnt ist, sich von seinen Kunden Stundenzettel abzeichnen zu lassen, erfolgreich eine Rechnung über eine Beratung stellen, wenn Sie nicht einmal selbst wissen, welche Zeit Sie aufgewendet haben?

Auch ein anderer Punkt spielt hier eine sehr wichtige Rolle. Bei vielen Aufträgen wendet häufig nicht nur ein Kanzleimitglied Zeit auf.

Beispiel: Ihre Kanzlei wird mit der Erstellung einer ErbSt-Erklärung beauftragt. In der Leistungserfassung könnte der Auftrag etwa so aussehen.

Mitarbeiter

Datum

Tätigkeit

 Zeit

SB Redlich

24.01.2014

Sichtung Unterlagen

Anforderung Belege

02:00

SB Redlich

02.02.2014

Ausfüllen Fragebogen

Amtsgericht

01:00

SB Redlich

 05.03.2014

 tel. Bank wegen Depot

00:15

SB Redlich

06.03.2014

tel. FA wegen Grundstücksbewertung

00:10

SB Redlich

 07.03.2014

 tel. FA wegen Fristverlängerung

00:05

Sekretärin

14.03.2014

 Mandant bringt Unterlagen

00:15

SB Redlich

15.03.2014

Fertigstellung Erklärung

04:00

SB Redlich

16.03.2014

Besprechung mit Chef

00:20

 

Soweit die Erfassung der Mitarbeiter. Sie sehen gleich, es handelt sich hier um einen relativ einfachen Fall, der recht zügig abgewickelt werden konnte. Die Praxis sieht oft anders aus.

Sehen wir uns jetzt die Zeiten des Chefs an:

Mitarbeiter

 Datum

Tätigkeit

 Zeit

StB Ehrenfried

10.01.2014

tel. Auftragsannahme

00:30

StB Ehrenfried

12.01.2014

tel. Mandant wg. Antrag Erbschein

00:15

StB Ehrenfried

23.01.2014

Mandant bringt Unterlagen

01:00

StB Ehrenfried

16.03.2014

Besprechung mit SB

00:20

StB Ehrenfried

16.03.2014

tel. Mandant Termin

00:10

StB Ehrenfried

21.03.2014

Besprechung Mandant

00:45

Hätte die Kanzlei nur die Zeiten der Mitarbeiter, wären für den Auftrag und seine Kalkulation also etwa 8 Stunden zu Grunde gelegt worden. Tatsächlich hat der Auftrag aber 3 Stunden mehr „verbraucht“.

Schritt 3: Aufstellung eines „Kontenrahmens“

Den Informationsbedarf haben Sie festgelegt. Damit die Kanzleimitglieder die Zeiten entsprechend erfassen können, müssen in Ihrem EDV-Programm die Leistungskategorien festgelegt werden, die im Einzelnen zu erfassen sind.

Wenn Sie schon einen Dienstleistungskatalog für Ihre Kanzlei angelegt haben, fällt Ihnen diese Aufgabe umso leichter. Eines haben die Erfahrungen gezeigt: Weniger ist mehr! In Ihrer EDV-Lösung sind meist schon Standard-Leistungsarten hinterlegt. Sie orientieren sich an der Gebührenverordnung (entsprechend mager sieht es dann auch im Bereich der vereinbaren Tätigkeiten aus!).

Wenn Sie alle dieser vorgegebenen Leistungen einzeln erfassen wollen, sollten Sie gleich noch eine zusätzliche Leistungsart im Bereich der Eigenorganisation einrichten: Zeiterfassung. Diese soll jedoch nicht zum Selbstzweck werden.


Beispiel:

In den meisten Erfassungssystemen gibt es für die Erstellung der ESt-Erklärung die Möglichkeit, die Zeit für jede Einkommensart getrennt einzugeben. Es wären also die Zeiten für die Anlage N, die Anlage Kap etc. alle einzeln nachzuhalten und zu erfassen. In aller Regel reicht die Zeitkategorie „ESt“ völlig aus. Besonderheiten bei einzelnen Einkunftsarten lassen sich über das Textfeld steuern.


Überlegen Sie also gut, welche Leistungen Ihre Kanzlei überhaupt anbietet und wie genau die Aufteilung aussehen muss. Insbesondere im Bereich der Eigenorganisation sollte die Informationsflut nicht so hoch steigen, dass die Auswertungen unübersichtlich werden.

Auch ist hier die Sensibilität der Mitarbeiter besonders hoch. Überlegen Sie also, ob Sie wirklich wissen wollen, wie lange Ihre Sekretärin für die Bestellung und das Einräumen von Büromaterial braucht! Ganz entscheidend in diesem Zusammenhang ist die eindeutige Trennung zwischen Mandantenzeit und Kanzleizeit!

Gehört z.B. der kurze Small Talk am Telefon oder bei der Entgegennahme der Buchführungsunterlagen zur Mandantenzeit oder handelt es sich um einen Service, den Sie bewusst der Kanzleizeit zuordnen wollen?

Hier wird es immer wieder Abgrenzungsprobleme geben und gerade Ihre Mitarbeiter tun sich mit diesen Zeiten schwer. Hier eine Lösungsmöglichkeit. Es wird folgendes festgelegt:

  • Unter einer Mandantennummer kann nie eine Eigenorganisationsleistung auftreten (Das erleichtert später auch die Auswertungen!)
  • Für Small Talk etc. wird unter Beratung eine Leistungsart „Mandantenpflege“ eingerichtet.

Der Vorteil dieser Lösung: Sie erfahren, welcher Mandant extrem viel – oder vielleicht auch zu wenig – „Pflege“ bekommt. Auch erhalten Sie Informationen, welcher Mitarbeiter viel oder wenig seine Mandanten pflegt!

Ein anderes Thema, mit dem Sie sich beschäftigen sollten, sind die automatisch auftretenden „Leerzeiten“. Jeder Mitarbeiter muss mal zur Toilette. Nach dem Urlaub wird kurz berichtet. Sie haben Raucher im Büro, die nicht am Arbeitsplatz rauchen dürfen, aber es gibt eine Raucherecke.

Die Mitarbeiter kommen also meist nicht genau auf die genau vereinbarte Arbeitszeit. Wie sie mit diesem Thema umgehen wollen, hängt natürlich von Ihrer grundsätzlichen Zielsetzung ab. Eine Lösungsmöglichkeit ist die Einrichtung einer Leistungsart bei den Fehlzeiten, die kleinere Differenzen in der Vollzeiterfassung ausgleichen kann. Ein möglicher Name ist: „Regeneration“.

Dieser Problemkreis führt zu einer der wichtigsten Erkenntnis: Eine Leistungserfassung ist immer nur so gut, wie die Erfassung der Zeiten wahr ist. Diese Wahrheit kann nicht „von oben“ verordnet werden. Nur wenn in Ihrer Kanzlei eine Kultur von Vertrauen und Fairness herrscht, ist so etwas wie eine Leistungserfassung sinnvoll.

Zusammenfassung: Leitfaden Leistungserfassung für Steuerberater

  • Ganz oder gar nicht: Vollzeiterfassung aller Kanzleimitglieder als unerlässliche Voraussetzung für aussagekräftige Auswertungen
  • Leistungserfassung als Grundlage einer Honorargestaltung nach dem Verursachungsprinzip
  • Nur wer die richtigen Fragen stellt bekommt entsprechende Antworten
  • Weniger ist mehr – Beschränkung auf die wichtigsten Informationen
  • Keep it simple
  • (Bräuchte man 25 Schritte, um ins Internet zu kommen, oder 5 Jahre, um den Führerschein zu erwerben, sähe unsere Welt sicher anders aus!)

Autorin: Cordula Schneider, Expertin für Prozessoptimierung in Steuerkanzleien

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