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Handelsübliche Gattungsbezeichnung wie "Hosen" oder "Blusen": Ausreichend als Leistungsbeschreibung?
Die ordnungsgemäße Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Die Finanzämter prüfen diese Voraussetzungen anhand der umsatzsteuerlichen Rechnungsvorgaben in den §§ 14, 14a UStG streng und neigen zu Formalismus. Hinsichtlich des Kriteriums der Leistungsbeschreibung hat sich der BFH nun in zwei aktuellen Urteilen vom 10.07.2019 ( XI R 28/18) und vom 15.10.2019 ( V R 29/19; V R 44/16) konkretisierend geäußert. Das zweitgenannte Urteil enthält außerdem erhellende Ausführungen zur Voraussetzung des Leistungszeitpunkts.
Das Urteil Az. XI R 28/18
Der Kläger im Fall war ein Textilhändler im Niedrigpreissegment. In Rechnungen über Warenbezüge waren vom Lieferanten lediglich handelsübliche Gattungsbezeichnungen angegeben ("Hosen", "Blusen", "Pullis"). Das Finanzamt erkannte die Angaben nicht als ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG an und verweigerte den Vorsteuerabzug aus der Rechnung.
Der Fall gewann bereits im Jahr 2019 an Aufmerksamkeit, da der BFH im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung gewährte (BFH, Beschl. v. 14.03.2019 - V B 3/19, BFH/NV 2019, 654 Nr. 6). Das Urteil des BFH erging nun zur Revision des Klägers gegen das Urteil des FG Hessen (v. 19.06.2018 - 1 K 1828/17), das im Ergebnis der Auffassung des Finanzamts gefolgt war.
Unionsrechtliche Vorgaben an die Leistungsbeschreibung
Nach Art. 178 Buchst. a MwStSystRL muss der Steuerpflichtige zur Ausübung des Vorsteuerabzugs aus einer Eingangsrechnung eine Rechnung besitzen, die den Vorgaben des Art. 226 MwStSystRL entspricht. Dort regelt Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL, dass die Rechnung die Angaben "Menge und Art der gelieferten Gegenstände" bzw. "Umfang und Art der erbrachten Dienstleistung" enthalten muss.
Der Begriff der "Handelsüblichkeit", wie er in § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG verwendet wird, taucht im Unionsrecht nicht auf. Nach der Rechtsprechung des EuGH sollen die formalen Rechnungsangaben es den Finanzverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der Steuer und die Vorsteuerabzugsberechtigung zu prüfen. Es soll hierbei ausgeschlossen werden, dass eine Leistung doppelt abgerechnet werden kann (z.B. EuGH, Urt. v. 15.09.2016 - Rs. C-516/14, EU:C:2016:690, Barlis 06).
Nach der Rechtsprechung des BFH muss die Leistungsbeschreibung Angaben tatsächlicher Art enthalten, durch die eine Identifizierung der abgerechneten Leistung möglich wird. Eine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistungen ist hierbei nicht erforderlich. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
"Handelsüblichkeit" keine zusätzliche Voraussetzung für Vorsteuerabzug
Laut BFH können die Staaten der EU weitere Verpflichtungen vorsehen, die sie für eine genaue Erhebung der Mehrwertsteuer als notwendig erachten. Dies bedeutet aber nicht, dass zusätzlich zu den in Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL benannten Pflichten weitere Pflichten für die Rechnungsstellung festgelegt werden können.
Laut BFH genügt insoweit jede Bezeichnung der Art der gelieferten Gegenstände den formellen Vorsteuerabzugsvoraussetzungen, die unter die unionsrechtliche Definition "Menge und Art der gelieferten Gegenstände" fällt.
Bei der Frage, ob eine Leistungsbeschreibung als "handelsüblich" anzusehen ist, kann sich dieses Kriterium im Zweifel nur dahingehend auswirken, dass es gegenüber den Anforderungen des Unionsrechts eine begünstigende Vereinfachung darstellt.
Sichtweise des Geschäftsverkehrs entscheidend
Die Frage, was unter "handelsüblich" zu verstehen ist, muss anhand der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs dargestellt werden. Hierbei ist auch die jeweilige Handelsstufe zu berücksichtigen. Im Fall sah das FG die im Einzelhandel verwendeten Bezeichnungen auf den Großhandel übertragbar; dieser Würdigung erteilte der BFH jedoch eine Absage.
Seiner Ansicht nach muss für die Auslegung des Begriffs der Handelsüblichkeit immer auch die jeweilige Handelsstufe, die Art und Inhalt des Geschäfts und insbesondere der Wert der einzelnen Waren (und somit der Verkehrskreise) berücksichtigt werden.
Hier bezieht sich der BFH auf eine Erkenntnis des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs (ÖVwGH, v. 23.02.2005 - 2001/14/0002, abrufbar im "Rechtsinformationssystem des Bundes" unter www.ris.bka.gv.at).
Da das FG die Frage der Handelsüblichkeit der Bezeichnungen im Rahmen der Tatsacheninstanz nicht zutreffend geprüft hatte, verwies der BFH den Fall zur erneuten Würdigung zurück an die Vorinstanz. Im Zweifel müsse demnach ein Gutachter klären, ob die im Fall gewählten Bezeichnungen als handelsüblich anzusehen sind.
Der BFH liefert außerdem noch einen interessanten Hinweis. Nach außersteuerlichen Kriterien muss die handelsübliche Bezeichnung den Erfordernissen von Kaufleuten genügen, d.h., sie soll den Abgleich zwischen konkret gelieferter und in Rechnung gestellter Ware ermöglichen, um etwaige Mängel dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen, da die gelieferte Ware nach § 377 Abs. 2 HGB ansonsten als genehmigt gilt. Die Heranziehung dieses handelsrechtlichen Kriteriums kann also ggf. bei Streitfällen weitere Argumente liefern.
Praxistipp: Auf der Ebene von Auseinandersetzungen mit Finanzämtern hinsichtlich der Frage der zutreffenden handelsüblichen Beschreibung in Rechnungen sollte, bevor tatsächlich ein kostenverursachendes Gutachten herangezogen wird, versucht werden, die verwendete Bezeichnung durch andere Nachweise plausibel zu machen, etwa durch Fachpublikationen des jeweiligen Handelsbereichs. Je höher außerdem die Handelsstufe ist, umso weniger detailliert dürften die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung gemeinhin ausfallen. Darüber hinaus sind auch Art und Inhalt des Geschäfts sowie der Wert der einzelnen Waren und die angesprochenen Verkehrskreise zu berücksichtigen.
Das Urteil Az. V R 29/19 (V R 44/16)
Die Klägerin war ein Dienstleistungserbringer für Industrieunternehmen. Sie begehrte aus Rechnungen über Trockenbauarbeiten und Gerüstbauleistungen den Vorsteuerabzug. Das Finanzamt verneinte diesen wegen fehlender Leistungsbeschreibung; konkret wurden die fehlenden Aufmaße bemängelt; der Leistungsort war vorhanden. Auch der Bauvertrag konnte nicht vorgelegt werden. Außerdem war auf den Rechnungen über die Trockenbauarbeiten kein Leistungszeitpunkt vermerkt. Klicken Sie hier und lesen Sie die Details zum Urteil Az. V R 29/19 (V R 44/16) im folgenden Beitrag.
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