Auktionen auf der Internet-Verkaufsplattform eBay sind mittlerweile für viele nicht nur Alltag, sondern stehen vor allem für Umsätze in Milliardenhöhe. Käufer sowie private und gewerbliche Verkäufer sollten sich allerdings über die Rechtsfolgen einer Online-Auktion bewusst sein. Der BGH hat hierzu jüngst mit zwei wichtigen Grundsatz-Entscheidungen für mehr Klarheit und Rechtssicherheit gesorgt.
Rund 70 Millionen Auktionen wurden im November 2010 auf der Auktionsplattform eBay gezählt. Damit die Rechtsgeschäfte auf der Internetplattform nicht im rechtsfreien Raum verlaufen, hat der BGH nun die Voraussetzungen für einen Auktionsabbruch zugunsten der Käufer verschärft (Az. VIII ZR 90/14).
Beendet der Auktionator ohne rechtfertigenden Grund seine Auktion frühzeitig, ist er dem Höchstbietendem zur Herausgabe und Übereignung der Sache oder hilfsweise zum Schadensersatz verpflichtet. Auch vermeintlich missverständlich formulierte AGB-Klauseln befreien nicht von dieser Pflicht.
Denn nach den eBay-AGB a.F. kommt ein Kaufvertrag bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch Annahme des Verkaufsangebots des Höchstbietenden zustande. Die Möglichkeit eines vorzeitigen Abbruchs besteht nur, wenn einer der in den AGB von eBay genannten rechtfertigenden Gründe vorliegt.
Das Verkaufsangebot ist aus Sicht des Bieters nach §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass es unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht. Der BGH versteht diese AGB-Regelungen im engeren Sinn als Verweis auf die Anfechtungsbestimmungen von Willenserklärungen des BGB, der bei eBay durch weitere Tatbestände - wie etwa den unverschuldeten Verlust des Artikels – ergänzt wird.
Missverständliche Zwölf-Stunden-Klausel
In den Hinweisen zum Aktionsabbruch war allerdings folgende missverständliche 12-Stundenfrist enthalten:
"Wenn das Angebot noch 12 Stunden oder länger läuft, können Sie es ohne Einschränkungen vorzeitig beenden. Wenn zum Zeitpunkt der Beendung des Angebots Gebote für den Artikel vorliegen, werden Sie gefragt, ob Sie die Gebote streichen oder den Artikel an den Höchstbietenden verkaufen möchten."
Vor dem Hintergrund von § 10 Nr. 1 Satz 5 und § 9 Nr. 11 der eBay-AGB a.F. in Verbindung mit den "Weiteren Informationen" sowie den Hinweisen im "Rechtsportal" von eBay ergebe sich aber, dass auch im Fall einer noch zwölf Stunden oder länger dauernden Auktion ein berechtigender Grund zur vorzeitigen Beendigung des Angebots erforderlich sei. Wenn eine Bindung des Verkäufers an sein Angebot nur in den letzten zwölf Stunden der Auktion bestünde, wäre der Käufer der Willkür des Anbieters ausgesetzt.
Der BGH legt die Klausel so aus, dass er lediglich die technische Möglichkeit (das "Können") einer vorzeitigen Angebotsrücknahme, nicht aber deren rechtliche Zulässigkeit (das "Dürfen") regele.
Vorliegen eines zulässigen Grundes
Der Link "Weitere Informationen" in § 9 Nr. 11 der AGB nennt zunächst die "Gründe für die vorzeitige Beendigung eines Angebots".
"Wenn Sie ein Angebot vorzeitig beenden oder kurz vor dessen Ende Änderungen vornehmen, werden Käufer möglicherweise enttäuscht. In den folgenden Fällen dürfen Sie Ihr Angebot jedoch vorzeitig beenden:
- Der Artikel ist ohne Ihr Verschulden verloren gegangen, beschädigt worden oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar.
- Sie haben beim Eingeben des Angebots, des Startpreises oder des Mindestpreises einen Fehler gemacht."
Darüber hinaus gilt:
"Ob Sie ein Angebot vorzeitig beenden können, hängt davon ab, wie lange das Angebot noch läuft und ob dafür Gebote vorliegen."
Allerdings erfordert die Zwölf-Stunden-Klausel ebenfalls einen rechtfertigenden Grund zur vorzeitigen Angebotsbeendigung. Ein anderes Verständnis dieser Regelungen würde für den BGH eine überraschende Klausel darstellen und damit gegen § 305c BGB verstoßen.
Divergenz zwischen Maximalgebot und Warenwert
Der BGH nahm auch in einem anders gelagerten Fall (Az.: VIII ZR 42/14) aufgrund des Unterschieds zwischen Höchstangebot und Warenwert keine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags (§ 138 Abs. 1 BGB) an.
Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, denn sie hat die AGB von eBay – wenn auch in einer inzwischen überholten Form – auf die Regelungen des BGB über den Vertragsschluss und die AGB jedenfalls in Teilen überprüft. Dadurch werden die Bestimmungen der eBay-Aktionen an die allgemeinen rechtlichen Grundsätze angepasst. Dies führt dazu, dass solche Internetaktionen nicht im rechtsfreien Raum erfolgen. Künftig herrscht damit Rechtssicherheit, denn diese Grundsätze sind auch für die aktuellen AGB von eBay anzuwenden.
BGH, Urt. v. 10.12.2014 - VIII ZR 90/14
BGH, Urt. v. 12.11.2014 - VIII ZR 42/14
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz