Wird das Bewertungsverfahren für die Grundsteuerfestsetzung grundlegend geändert? Über eine Bundesratsinitiative wurde jetzt ein Gesetzentwurf zur Änderung des Bewertungsgesetzes und zur Reform der Grundsteuer eingebracht. Die Pläne sehen eine Abkehr von der geltenden Immobilienbewertung nach Einheitswerten vor. Hintergrund ist eine mögliche Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Regelungen.
Die Finanzministerkonferenz (FMK) hat vor dem Hintergrund der bevorstehenden Rechtsprechung des BVerfG und des schon mehr als 45 Jahre, im ostdeutschen Raum sogar länger zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts für das Bewertungsverfahren eine Reform der Grundsteuer in Form eines Gesetzesentwurfs zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes als Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Als Haupteinnahmequelle der Kommunen soll die Grundsteuer verfassungskonform ausgestaltet und die Bewertung zeitgemäßer und weitestgehend automatisiert werden. Bereits bis September 2016 soll der Gesetzesentwurf über den Bundesrat in die parlamentarische Beratung eingebracht werden.
Eckdaten des Gesetzesentwurfs
Grundsätzlich strebt der Gesetzesentwurf eine Abkehr von der bislang bekannten Bewertung nach Einheitswerten an und möchte zukünftig Grundvermögen nach dem Kostenwert bewerten. Dieser Kostenwert soll dabei als objektiv quantifizierbare und realistische Größe den typisierten Investitionsaufwand für eine Immobilie abbilden.
Der Gesetzesentwurf sieht dabei schwerpunktmäßig Folgendes vor:
- Änderung des Feststellungsverfahrens
- Einführung von Erklärungspflichten für Immobilieneigentümer
- Bewertungsverfahren anhand des Kostenwerts
Erste Neubewertung zum 01.01.2022
Nach dem aktuellen Entwurf soll das neue Bewertungsgesetz erstmalig am 01.01.2022 zur Anwendung gelangen. Grundsätzlich ist vorgesehen, alle sechs Jahre die Grundsteuerwerte im Rahmen des Hauptfeststellungsverfahrens neu festzusetzen. Im Vergleich zur gegenwärtigen Lage wären somit die Grundsteuerwerte näher an der Realität, anstatt wie derzeit auf sehr alten Werten zu basieren. Etwaig vorzunehmende Fortschreibungen, Nachfeststellungen oder Änderungen der Grundsteuerwerte sollen dann auf den Werten des Hauptfeststellungszeitpunkts fortentwickelt werden.
Erklärungspflicht zur Feststellung des Grundbesitzwerts
Im Rahmen der ersten Neubewertung auf den 01.01.2022 sieht der Gesetzesentwurf eine Erklärungspflicht für alle Immobilienbesitzer vor, ohne dass eine gesonderte Aufforderung seitens des Finanzamts erfolgt. Darüber hinaus sollen Steuerpflichtige zukünftig auch verpflichtet werden, gegenüber dem Finanzamt eine „Änderung der tatsächlichen Verhältnisse“ mitzuteilen. Das heißt, dass der Steuerpflichtige dem Finanzamt zu Beginn des folgenden Kalenderjahres wertbeeinflussende Faktoren wie An-, Um- oder Ausbauten, die zu einer Modernisierung oder Nutzungsänderung führen, mitteilen muss. Diese Erklärungspflichten sind von demjenigen zu erfüllen, dem das Grundstück zuzurechnen ist.
Geplantes Bewertungsverfahren für Grundvermögen
Als Bewertungsmaßstab soll nach § 230 BewG-E der sogenannte Kostenwert dienen. Dabei wird zunächst eine Unterscheidung nach Grundstücksgruppen vorgenommen. Es soll also nicht mehr nach den bekannten Grundstücksarten wie Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Geschäftsgrundstück, gemischt genutzten oder sonstig bebauten Grundstücken differenziert werden. Zukünftig soll lediglich zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken unterschieden werden, wobei Letztere als Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke nochmals spezifischer differenziert werden sollen.
Unbebaute Grundstücke werden dabei regelmäßig nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten bewertet, wobei die Bodenrichtwerte von den Gutachterausschüssen auf den Hauptfeststellungzeitpunkt zu ermitteln sind.
Bei bebauten Grundstücken setzt sich der Kostenwert aus dem Bodenwert und dem Gebäudewert zusammen. Dabei ist zur Ermittlung des Gebäudewerts von den Pauschalherstellungskosten des Gebäudes auszugehen. Die Pauschalherstellungskosten sind die gewöhnlichen Herstellungskosten je Flächeneinheit. Außerdem soll der Wertminderung der Gebäude durch eine Alterswertminderung Rechnung getragen werden.
Der Gebäudewert berechnet sich dann wie folgt:
(Brutto Grundfläche x Pauschalherstellungskosten) – Alterswertminderung = Gebäudewert
Praxishinweis
Es ist zu begrüßen, dass die Länder eine Reform der in die Jahre gekommenen Grundsteuer anstreben – angesichts der Rechtsprechung und den am BVerfG anhängigen Verfahren (z.B. unter Az. 1 BvL 11/14) ist dies auch überfällig. Falls die Reform der Grundsteuer so umgesetzt werden sollte, wird die damit einhergehende Neubewertung des Grundvermögens jedoch voraussichtlich zu einem erhöhten Arbeitsaufwand für Immobilieneigentümer führen, insbesondere im Rahmen der Hauptfeststellung. Dieser Mehraufwand könnte sich jedoch für die Immobilieneigentümer und die steuerlichen Berater lohnen, wenn daraus im Ergebnis ein einfacheres und transparenteres Bewertungsverfahren resultiert. Die Änderungen durch den Gesetzesentwurf sollen bundesweit betrachtet nicht zu einer Erhöhung des Steueraufkommens führen – für die einzelnen Immobilienbesitzer sind jedoch einzelfallbezogen sowohl Erhöhungen als auch Senkungen zu erwarten.
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes, Gesetzesinitiative der Länder Hessen und Niedersachen vom 22.07.2016 zur Reform der Grundsteuer
BFH, Beschl. v. 22.10.2014 - II R 16/13
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper