Wie kann ein niedrigerer gemeiner Wert für Grundbesitz nachgewiesen werden? Der BFH hat entschieden, dass ein geringerer Wert eines Betriebsgrundstücks weder aus dem Bilanzwert noch aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil abgeleitet werden kann. Wertunterschiede zum Ergebnis eines Ertragswertverfahrens müssen daher unter Umständen durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie bei der Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Grunderwerbsteuer der niedrigere gemeine Wert nachgewiesen werden kann.
Im zugrundeliegenden Fall hatte eine GbR, bestehend aus zwei Gesellschaftern, in ihrem Vermögen ein vermietetes Grundstück inne. Daneben waren die Gesellschafter jeweils hälftig am Stammkapital einer GmbH beteiligt. Später übertrug ein Gesellschafter seinen Anteil an der GbR auf den anderen und auf die GmbH. Als Kaufpreis war der Wert des Kapitalkontos des veräußernden Gesellschafters vereinbart.
Gleichzeitig verpflichtete sich dieser, seine Anteile an der GmbH dem anderen Gesellschafter zu verkaufen. Wegen der Vereinigung der GbR-Anteile setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest und ermittelte den Grundstückswert nach dem Ertragswertverfahren. Der erwerbende Gesellschafter beantragte daraufhin erfolglos, den bilanzierten Buchwert als nachgewiesenen niedrigeren Wert des Grundstücks anzusetzen.
Bewertung von Grundbesitz
Grundsätzlich sind Betriebsgrundstücke nach dem Ertragswertverfahren (§§ 184–188 BewG) zu bewerten. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert des Grundstücks am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach dem BewG ermittelte Wert, ist der niedrigere Wert anzusetzen.
Nach § 198 Satz 2 BewG gelten für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts grundsätzlich die aufgrund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften. In dieser Norm wird jedoch nicht geregelt, wie der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zum maßgeblichen Bewertungsstichtag zu führen ist.
Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts
In der Praxis anerkannt ist, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden kann.
Alternativ kann ein niedrigerer gemeiner Wert auch durch einen Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück nachgewiesen werden, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielt worden ist.
Diesen anerkannten Mitteln zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts steht aber grundsätzlich weder der Rückgriff auf Bilanzansätze noch eine Ableitung aus dem Kaufpreis für den Anteil an einer Gesellschaft gleich, zu deren Vermögen das Grundstück gehört. Ein Sachverständigengutachten und ein zeitnah erzielter Kaufpreis führen dazu, dass keine weiteren Ermittlungen und insbesondere Beweisaufnahmen zur Feststellung des gemeinen Werts eines Grundstücks erforderlich sind.
Andere Beweismittel müssen diesen Vorgaben allerdings ebenfalls gerecht werden. Der Bilanzwert allein ist weder Indiz noch Nachweis für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts. Bilanzwerte gerade von Grundstücken liegen regelmäßig deutlich unter dem Verkehrswert.
Der erforderliche Nachweis des gemeinen Werts eines Grundstücks ist ebenfalls nicht gegeben, wenn beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen der gemeine Wert eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks aus dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile abgeleitet wird.
Dies gilt insbesondere, wenn das Vermögen dieser Gesellschaft nicht nur aus dem zu bewertenden Grundstück besteht, sondern wie im Streitfall weitere Gegenstände (ggf. auch mit stillen Reserven) umfasst. Rechtlich und tatsächlich sind der Erwerb eines Grundstücks und der Erwerb von Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft nicht gleichzusetzen. Daher ist der Verkauf des GbR-Anteils in Verbindung mit der Bilanz der GbR nicht geeignet, einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachzuweisen.
Praxishinweis
Bisher war anerkannt, dass ein niedrigerer Wert entweder durch ein Sachverständigengutachten eines öffentlich bestellten Gutachters oder durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Verkaufspreis nachgewiesen werden kann. Der BFH hat nun klargestellt, dass der Steuerbilanzwert des Grundstücks wohl in keinem Fall zum Nachweis ausreicht.
Unternehmer und deren Berater sollten sich also künftig zeitnah um die Erstellung eines solchen Gutachtens kümmern, wenn zu erwarten ist, dass der nach dem Ertragswertverfahren ermittelte Wert zu hoch ist. In Anbetracht der Kosten eines solchen Gutachtens sollte dies aber nur bei einem zu erwartenden deutlichen Wertunterschied erfolgen.
BFH, Urt. v. 25.04.2018 - II R 47/15
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht