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Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen

Das BMF gibt mit Schreiben vom 08.05.2014 weitere Anwendungshilfen für die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen (sog. Reverse-Charge-Verfahren). Die Finanzverwaltung setzt damit weiter die vom BFH aufgestellten Grundsätze zu § 13b UStG um. Bereits mit Schreiben vom 05.02.2014 hatte das BMF Stellung genommen; weitere offene Fragen werden jetzt mit dem aktuellen Schreiben geklärt. 

Mit den steuerrechtlichen Änderungen von 2001 bis 2013 wurde das Revers-Charge-Verfahren auf Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen ausgeweitet. Beim Reverse-Charge-Verfahren wird der Leistungsempfänger zum Schuldner der Umsatzsteuer. Damit haftet der unternehmerische Empfänger einer Bauleistung nicht nur für die Umsatzsteuer, sondern er wird eigenständiger primärer Steuerschuldner. Voraussetzung ist allerdings, dass der unternehmerische Leistungsempfänger auch seinerseits Bauleistungen erbringt.

Beispiel: Ein Subunternehmer liefert und verbaut für einen Bauträger in einem neu errichteten Geschäftshaus sanitäre Einrichtungen. Diese Leistung berechnet der Bauträger seinem Auftraggeber bzw. Bauherrn. Gemäß § 13b UStG ist der Bauträger Schuldner der Umsatzsteuer, die sich aus der Leistung des Subunternehmers ergibt.

Nach der früheren Verwaltungspraxis wurde der Leistungsempfänger aber nur dann zum Schuldner der Umsatzsteuer, wenn derartige Umsätze von ihm nachhaltig getätigt wurden. Dies war der Fall, wenn mindestens 10 % des steuerbaren Gesamtumsatzes als Bauleistungen ausgeführt wurden.

Vereinfachung durch die BFH-Rechtsprechung

Der BFH legte im Jahr 2013 fest, dass es für die Entstehung der Steuerschuld lediglich  darauf  ankomme, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer Bauleistung verwendet. Dabei sei gleichgültig, ob diese Bauleistung gemessen am eigenen Gesamtumsatz nachhaltig ist oder nicht (entgegen dem bis dato geltenden Abschnitt 13b.3 Abs. 2 UStAE).

Nachdem das BMF schon mit Schreiben vom 05.02.2014 den Abschnitt 13b.3 UStAE an die geänderte BFH-Rechtsprechung angepasst hatte, wird nun mit dem aktuellen Schreiben der UStAE weiter angepasst; die aktuellen Änderungen im Einzelnen:

  • Bei vor dem 15.02.2014 ausgeführten Leistungen, für die einvernehmlich die alte Rechtslage angewendet wurde, kann (ebenfalls einvernehmlich) an der alten Rechtslage festgehalten werden; Rechnungen müssen insoweit nicht korrigiert werden.
  • Der Nachweis des leistenden Unternehmers über die vom Leistungsempfänger erbrachten Bauleistungen kann auch durch vertragliche Regelungen zwischen Leistungsempfänger und Leistendem erbracht werden.
  • Leistungen innerhalb eines Organkreises werden dem gesamten Organkreis zugerechnet.
  • Einem Leistungsempfänger sind auch Leistungen zuzurechnen, wenn diese für den nichtunternehmerischen Bereich erbracht werden.
  • Bei vor dem 15.02.2014 geleisteten Vorauszahlungen, die nach dem 14.02.2014 ausgeführte Bauleistungen betreffen, müssen Rechnungen im Voranmeldungszeitraum der Ausführung der Leistung berichtigt werden. Eine Berichtigung ist nur entbehrlich, wenn der Leistende in seiner Schlussrechnung die Umsatzsteuer auf das Gesamtentgelt beim Leistungsempfänger anfordert. Die geleisteten Anzahlungen müssen dann in der Schlussrechnung nur mit ihrem Nettobetrag - ohne Umsatzsteuer -angerechnet werden. Der Leistungsempfänger hat dann seine Umsatzsteuervoranmeldung im Voranmeldungszeitraum der Leistung zu berichtigen.
  • Sollte die Anzahlung bereits vor dem 15.02.2014 aufgrund einer ausgestellten Rechnung über Anzahlungen geleistet worden sein, gilt das Vorgenannte entsprechend.
  • Zur Frage des Vertrauensschutzes für Unternehmer, die nach den Grundsätzen des o.g. BFH-Urteils nicht (mehr) die Umsatzsteuer schulden, ergeht ein gesondertes BMF-Schreiben.

Praxishinweis

Für die Frage des Vertrauensschutzes gilt bisher Abschnitt 13b.1 Abs. 22 UStAE, wonach in den Fällen, in denen eine Leistung erbracht wird, die nicht unter § 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UStG fällt, aber fälschlicherweise als eine solche bezeichnet wird, der Leistungsempfänger nicht zum Steuerschuldner wird.  In diesem Zusammenhang lässt die Finanzverwaltung bislang auch eine vertragliche Regelung zu, obwohl eine steuergesetzliche Regelung einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung regelmäßig nicht zugänglich ist. Man darf daher gespannt sein, wie das BMF die Frage des Vertrauensschutzes in Zukunft lösen wird.

Bei der Umsetzung der neuen Grundsätze ist es empfehlenswert, bereits in Verträgen und Bestellungen entsprechende  „Bestätigungen“ vom Leistungsempfänger einzuholen. Das aktuelle BMF-Schreiben lässt ein solch vorgezogenes Verfahren ausdrücklich zu. Sollte später die erbrachte Leistung vom Leistungsempfänger doch nicht für gleichartige Umsätze verwendet werden, muss der Leistende nur dann eine eigene Rechnung mit Umsatzsteuerausweis erstellen, wenn er von der Unrichtigkeit der Bestätigung erfährt (Abschnitt 13b.3 Abs. 2 Satz 3 n.F. UStAE).



BMF, Schreiben v. 08.05.2014 - IV D 3 - S-7279/11/10002-03
BFH, Urt. v. 22.08.2013 - V R 37/10, BStBl 2014 II 128
BMF, Schreiben v. 05.02.2014 - IV D 3 -  S-7279/11/10002 BStBl 2014 I 233

 

Lesen Sie hier weiteres zum Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen:
Reverse Charge in der Bauwirtschaft - Die Abkehr von der Umkehr und zurück

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann