Reisebüros sowie andere Vermittler von Leistungen gewähren Endkunden oftmals Preisnachlässe. Die umsatzsteuerlichen Folgen für die jeweiligen Beteiligten waren bislang unklar. Das BMF hat nun mit einem Schreiben auf mehrere Gerichtsentscheidungen reagiert und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) geändert. Geklärt sind damit jetzt insbesondere auch die Auswirkungen für den Vorsteuerabzug.
Bisher war es rechtlich nicht eindeutig, ob diese verbilligte Abgabe umsatzsteuerlich auf den Reiseveranstalter durchschlägt und ein vorsteuerabzugsberechtigter Abnehmer daher auch seine Vorsteuer berichtigen muss.
Für die Fälle, in denen bei Leistungsvermittlung Preisnachlässe gewährt wurden, ist nun erstmals dogmatische Klarheit geschaffen worden. Diese lang erwartete deutliche Regelung ging vom EuGH (Urteil v.16.01.2014 - C 300/12) aus. Dann wurde sie vom BFH (Urteile v. 27.02.2014 - V R 18/11 und v. 03.07.2014 - V R 3/12) übernommen und nunmehr mit BMF-Schreiben v 27.02.2015 (IV D 2 – S - 7200/07/100003) unter Aufhebung der bisherigen Verwaltungsmeinung auch für die Finanzbehörden verbindlich bestätigt.
Grundsätzliches
Die Problematik kommt hauptsächlich im Bereich des Verkaufs von Reiseleistungen durch Reisebüros als Vermittler zum Tragen, wenn das Reisebüro dem Reisenden aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Reiseleistung des Reiseveranstalters gewährt.
Bisher bestand die Rechtsmeinung, dass - auch bei einem Kettengeschäft - durch Rabatt-/Preisnachlassgewährung des ersten in der Kette eine Entgeltminderung an den Nachfolger vorliege und deshalb auch der Endabnehmer und sogar der Vermittler zu einer Vorsteuerberichtigung verpflichtet seien.
Diese Rechtsauffassung wurde durch das Urteil des EuGH v. 24.10.1996 (C-317/94, BStBl 2004 II. S. 324) geprägt. Damals ging der EuGH davon aus, dass bei den im Rahmen eines Verkaufsfördersystems vom Hersteller ausgegebenen Preisnachlassgutscheinen die Besteuerungsgrundlage der Herstellerpreis abzüglich des auf dem Gutschein angegebenen und erstatteten Betrags ist.
Seit dem Urteil des EuGH v. 16.01.2014 (C-300/12) finden die vorgenannten Grundsätze dann keine Anwendung mehr, wenn ein nicht an der Leistungskette beteiligter Unternehmer lediglich als Vermittler dem Endverbraucher einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt.
Als weitere Auswirkung verringert sich beim Endabnehmer der mögliche Vorsteuerabzug natürlich auch nicht. Diese Betrachtungsweise ist einleuchtend, denn Preisnachlässe berühren ihrem Grunde nach lediglich die Rechtsbeziehungen mit demjenigen, der den Preisnachlass erhält, und nicht auch die Hauptleistung, die lediglich Gegenstand der Vermittlung ist.
Ausnahme
Wird in dem o.g. Fall der „Preisnachlass“ jedoch nicht für die vermittelte Leistung, sondern auf Grundlage einer bestehenden Leistungsbeziehung zum Kunden gewährt, gilt eine besondere Regelung: Werden etwa Preisnachlässe von einem Dritten gewährt, der zugleich Zentralregulierer (Zentralregulierung bedeutet: Bearbeitung von Verbindlichkeiten, z.B. durch deren Vorfinanzierung) ist, können sie Nachlässe für einen sog. Anschlusskunden oder eine Minderung des Entgelts für eine Leistung des Zentralregulierers an den Anschlusskunden sein.
Beispielsweise könnte ein solcher Zentralregulierer ein Unternehmen sein, das die Bearbeitung von Verbindlichkeiten aus Kaufverträgen von Dritten übernommen hat. Gewährt ein solches Verbindlichkeiten-Management-Unternehmen einen Preisnachlass beim Bezug der Waren von bestimmten Lieferanten, handelt es sich um „Preisnachlässe“ i.S. der o.g. Rechtsprechung.
Die diesen besonderen Bereich behandelnden bisherigen BMF-Schreiben v. 08.12.2006 - IV A 5 - S - 7200 - 86/06, BStBl 2007 I S. 117 und v. 12.12.2008 - IC B 8 S - 7200/07/1003, BStBl 2009 I S. 205 werden aufgrund der neu entwickelten Rechtsprechung aufgehoben.
Anwendung und Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Diese neuen Rechtsprechungsgrundsätze werden in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (zuletzt geändert durch das BMF-Schreiben v. 19.02.2015 - IV D 3 - S - 7183/14/1002 (2015/0130558)) neu eingefügt, und zwar in
- Abschnitt 10.3 Abs. 1, Abs. 4 und Abs. 5,
- Abschnitt 17.2 Abs. 10.
Die Sätze13 bis 20 des Abschnitts 17.2. werden gestrichen.
Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Vermittler bzw. Verkaufsagenturen für Preisnachlässe, die bis zur Veröffentlichung der o.g. BFH-Urteile aus 2014 im Bundessteuerblatt Teil II gewährt wurden, von einer Entgeltminderung ausgegangen sind.
Praxishinweis
Die Branchen, in denen Vermittlungsmodelle üblich sind, werden von dieser Verwaltungsanweisung besonders betroffen sein. Das sind außer Reisebüros hauptsächlich Unternehmen mit vergleichbaren Vertriebsstrukturen wie in der Telekommunikationsbrauche oder im Automobilhandel. Diese Vermittler können derartige Verkaufsfördermaßnahmen nicht mehr „über die Umsatzsteuer“ finanzieren, und deshalb schmälert sich deren Gewinn anteilig sogar dann umso mehr, je mehr Preisnachlässe gegeben werden.
BMF-Schreiben v. 27.02.2015 - IV D 2 - S - 7200/07/100003
EuGH, Urt. v. 16.01.2014 - C-300/12
BFH, Urt. v. 27.02.2014 - V R 18/11
BFH, Urt. v. 03.07.2014 - V R 3/12
BMF-Schreiben v. 08.12.2006 - IV A 5 - S - 7200 - 86/06, BStBl 2007 I 117
BMF-Schreiben v. 12.12.2008 - IV B 8 - S - 7200/07/1003, BStBl 2009 I 205
BMF-Schreiben v. 19.02.2015 - IV D 3 - S - 7183/14/10002 (2015/0130558)
Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann