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Vermietung und Verpachtung: Nachträgliche Werbungskosten

Wann sind Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steuerlich absetzbar? Das BMF bestätigt jetzt hierzu die BFH-Rechtsprechung. Dies bedeutet unter anderem: Auch nach der Veräußerung einer Immobilie können die Schuldzinsen abzugsfähig sein, wenn die jeweiligen Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können.

Der BFH hatte in mehreren Urteilen seit 2012 seine Ansicht präzisiert, unter welchen Voraussetzungen Schuldzinsen bzw. Vorfälligkeitsentschädigungen nach Veräußerung einer vermieteten Immobilie als nachträgliche Werbungskosten zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden können. Dabei hatte er zum Teil seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben bzw. seine neuere Rechtsauffassung weiter konkretisiert. Das BMF hat sich dieser neueren Rechtsprechung nun in einem aktuellen Schreiben weitgehend angeschlossen.

Schuldzinsen nach der Veräußerung eines Mietobjekts

Hierbei unterscheidet das BMF zwischen Veräußerungen vor dem 01.01.1999 und solchen nach diesem Stichtag. Bei Veräußerung nach dem 01.01.1999 gilt der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung. Daher können Schuldzinsen für Verbindlichkeiten, die der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer vermieteten Immobilie dienten, nach deren Veräußerung auch weiterhin als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können.

Das gilt unabhängig davon, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt und gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG als Spekulationsgeschäft steuerbar ist. Dieser Grundsatz kommt allerdings nicht zur Anwendung, wenn der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses oder Rückzahlungshindernisse entgegenstehen. Erforderlich ist immer, dass die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, im Zeitpunkt der Veräußerung der Immobilie noch bestand.

Wenn das veräußerte Mietobjekt durch mehrere Darlehensverbindlichkeiten finanziert worden ist, können die nachträglich gezahlten Schuldzinsen steuerlich anerkannt werden, wenn der Veräußerungserlös zur Tilgung der Verbindlichkeiten marktüblich und wirtschaftlich anhand der Zinskonditionen eingesetzt wird. Gleiches gilt für den nachträglichen Schuldzinsenabzug bei Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer üblichen Finanzierung bewegt.

Bei Grundstücksübertragungen vor dem 01.01.1999 scheidet für Schuldzinsen, die auf die Zeit nach der Veräußerung oder dem Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht entfallen, ein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus. Nach Ansicht des BMF stehen diese Schuldzinsen nicht mehr mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern sind vielmehr als Gegenleistung für die Überlassung von Kapital im privaten – nicht steuerbaren – Vermögensbereich angefallen.

Vorfälligkeitsentschädigungen für die Ablösung einer Fremdfinanzierung von veräußerten Mietobjekten

Eine Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung einer Fremdfinanzierung der Anschaffungs-/Herstellkosten stellt für das BMF wegen des Veranlassungszusammenhangs mit der Veräußerung keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 27.07.2015 rechtswirksam abgeschlossen wurde. Es handelt sich allenfalls um Veräußerungskosten bei der Ermittlung eines Spekulationsgeschäfts. Die bisherige anderslautende Rechtsprechung des BFH betrachtet das BMF damit als überholt.

Schuldzinsen für fremdfinanzierte Mietobjekte nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

Für Schuldzinsen auf fremdfinanzierte Anschaffungs-/Herstellungskosten, die für den Zeitraum nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht und vor der Veräußerung des Mietobjekts gezahlt werden, scheidet ein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ebenfalls aus. Denn für solche Schuldzinsen fehlt der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus § 21 Abs.1 Nr. 1 EStG; es handelt sich um einen Vorgang im privaten und damit nicht steuerbaren Vermögensbereich. Für das BMF ist auch der Anwendungsbereich des § 23 EStG nicht eröffnet, weil keine Veräußerung vorliegt.

Schuldzinsen für fremdfinanzierte laufende sofort abziehbare Werbungskosten nach Veräußerung des Mietobjekts

Insoweit unterscheidet das BMF Veräußerungsgeschäfte vor dem 01.01.2014 und solche nach diesem Stichtag. Für den nachträglichen Werbungskostenabzug von Schuldzinsen bei fremdfinanzierten sofort abziehbaren Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) nach diesem Stichtag ist es erforderlich, dass der Erlös aus der Veräußerung des Mietobjekts nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen.

Wird der Veräußerungserlös aber nicht zur Tilgung dieses Darlehens eingesetzt, sind die Schuldzinsen nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn das Darlehen statt zur Schuldentilgung für einen anderen steuerlich relevanten Zweck eingesetzt wird. Wurde das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts hingegen vor dem Stichtag rechtswirksam abgeschlossen, bleibt es bei den bisherigen Grundsätzen und damit bei der grundsätzlichen steuerlichen Abziehbarkeit.

Das BMF-Schreiben gilt grundsätzlich in allen offenen Fällen, sofern die einzelnen Regelungen nicht abweichende Stichtage vorsehen.

Praxishinweis

Es ist zu begrüßen, dass das BMF sich der Rechtsprechung des BFH angeschlossen hat und folgerichtig diese Grundsätze künftig anwenden will. Für Steuerpflichtige und deren Berater herrscht damit Rechtsklarheit, weil dem BMF-Schreiben eindeutig zu entnehmen ist, welche Grundsätze ab welchem Stichtag gelten sollen. Zudem gibt es schon einige Schreiben des BMF zu dieser Thematik, die bis zu zwei Jahre alt sind und durch das aktuelle Schreiben ersetzt werden. Ein Eingriff in geschützte Rechtspositionen ist damit wohl recht begrenzt zu erwarten. Im Ergebnis herrscht deshalb auch Rechtssicherheit. Künftig kann damit im Vorfeld schon beurteilt werden, ob Schuldzinsen nach dem Verkauf einer vermieteten Immobilie als Werbungskosten abgezogen werden können.

BMF-Scheiben v. 27.07.2015 - IV C 1 - S - 2211/11/10001

BFH, Urt. v. 20.06.2012 - IX R 67/10, BStBl 2013 II 275
BFH, Urt. v. 21.01.2014 - IX R 37/12
BFH, Urt. v. 11.02.2014 - IX R 42/13
BFH, Urt. v. 08.04.2014 - IX R 45/13

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz