Das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) zielt zwar vorrangig auf Anzeigepflichten bei Finanzgeschäften und mehr Transparenz von Bankkonten im Zusammenhang mit Briefkastenfirmen - mit dem Gesetzespaket greifen aber auch Neuerungen für den rückwirkenden Kindergeldbezug und den Steuerklassenwechsel. Auch der Lohnsteuerjahresausgleich für kurzfristig Beschäftigte wurde gesetzlich geregelt.
In Reaktion auf die im April 2016 veröffentlichten sogenannten Panama-Papers hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) bereits am 01.11.2016 einen Referentenentwurf zur Vermeidung von Steuerumgehung mittels Briefkastenfirmen eingebracht. Es soll also die Steuerumgehung mittels der Gründung und Nutzung von meist im Ausland angesiedelten Gesellschaften vermieden werden, und zwar zum einen durch Erschwerung, zum anderen aber auch präventiv abschreckend durch ein erhöhtes Entdeckungsrisiko.
Vor diesem Hintergrund sollen „beherrschende“ Geschäftsbeziehungen von unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, transparent gemacht werden.
Darüber hinaus sollen auch zahlreiche weitere Änderungen eingeführt werden. So ist u.a. ebenso ein einseitiges Antragsrecht für einen Steuerklassenwechsel bei Ehegatten oder Lebenspartnern vorgesehen wie eine Begrenzung des Antragsrechts auf Kindergeld auf sechs Monate rückwirkend.
Zur Vermeidung der Steuerumgehung sind u.a. folgende Änderungen geplant:
- Die Anzeigepflicht über den Erwerb von qualifizierten Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften nach § 138 Abs. 2 Nr. 3 AO gilt für unmittelbare und mittelbare Beteiligungen.
- Steuerpflichtige müssen Drittstaatenbeziehungen anzeigen, ebenso wie Finanzinstitute von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaatgesellschaften anzeigen müssen.
- Das steuerliche Bankgeheimnis nach § 30a AO wird aufgehoben.
- Das automatisierte Kontenabrufverfahren für Besteuerungszwecke wird erweitert.
- Die fortgesetzte Steuerhinterziehung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen wird in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehungen aufgenommen. Damit einhergehend wird die Zahlungsverjährungsfrist in Steuerhinterziehungsfällen von fünf auf zehn Jahre verlängert.
Weitere geplante Gesetzesänderungen werden im Folgenden kurz dargestellt.
Kindergeld
Mit Einführung des § 66 Abs. 3 EStG wird das Kindergeld nur noch rückwirkend für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Bislang gilt die Verjährungsfrist nach § 45 Abs. 1 SGB I, wonach Kindergeld bis zu vier Jahre rückwirkend beantragt werden kann.
Steuerklassenwechsel
Durch die Änderungen der §§ 38b und 39 EStG kann ein Antrag auf einen Steuerklassenwechsel durch lediglich einen Ehegatten gestellt werden. Darüber hinaus kann demnach ein Steuerklassenwechsel auch dann erfolgen, wenn nur ein Ehegatte Arbeitslohn bezieht.
Lohnsteuerjahresausgleich für kurzfristig Beschäftigte
Für kurzfristig Beschäftigte mit Steuerklasse VI war ein permanenter Lohnsteuerjahresausgleich für die Jahre 2014 bis 2017 aufgrund einer Übergangsregelung möglich. Mit Einführung des § 39b Abs. 2 EStG können Arbeitgeber ab dem Jahr 2018 entsprechend der bisherigen Praxis einen permanenten Lohnsteuerjahresausgleich weiterhin durchführen.
Ausgleichszahlungen an Erbprätendent
Mit seinem Urteil vom 15.06.2016 - II R 24/15 hat der Bundesfinanzhof eine Abziehbarkeit des Abfindungsbetrags als Nachlassverbindlichkeit trotz fehlender Steuerbarkeit der Abfindung an den Erbprätendenten zugelassen, so dass eine Besteuerungslücke entstand. Diese Lücke wird durch die Änderung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG geschlossen. Danach unterliegen sämtliche Abfindungen der Besteuerung, die deshalb gewährt werden, weil zunächst behauptete Rechtsstellungen, Rechte oder Ansprüche, die zu einem Erwerb nach Absatz 1 führen würden, nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemacht werden.
Praxishinweis
Das neue Gesetz gegen Umgehungspraktiken mittels Briefkastenfirmen ist ein längst überfälliger Schritt zu mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit. Allerdings führt die Begrenzung des Antragsrechts für Kindergeld auf sechs Monate auch zu erheblichen Nachteilen bei Steuerpflichtigen. Steuerpflichtige sollten direkt nach der Geburt ihres Kinds einen Antrag auf Kindergeld stellen, auch wenn sie sich nicht sicher sind, in welchem Land sie einen Kindergeldanspruch haben. Dies sollten vor allem Grenzpendler beachten, die regelmäßig in zwei Staaten anspruchsberechtigt sein können.
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksachen 18/11132, 18/11184 – Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 26.04.2017, BT-Drs. 18/12127
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper