Wenn sich Gewerbebetriebe bzw. deren Betriebsstätten in mehreren Gemeinden befinden, wird der Gewerbesteuermessbetrag aufgeteilt. Der BFH hat die Regeln dieser Gewerbesteuerzerlegung zwischen einer einzelgemeindlichen Betriebsstätte und einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte nach dem Regelmaßstab der Arbeitslöhne näher bestimmt. Zudem ging der BFH auf die Wirkung einer Einigung mit Gemeinden ein.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 15.05.2024 (IV R 21/21) die Grundsätze zur Gewerbesteuerzerlegung weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die klagende GmbH & Co. KG (K) betreibt eine Rohrleitung (Pipeline) zum Transport von Gütern, die u.a. im Inland verlegt ist. Geschäftsleitung und Verwaltung der K befanden sich zunächst in der Stadt F. Später wurden sie in die Stadt A verlegt.
Dort beschäftigte K im Streitjahr Personal. In verschiedenen Städten befinden sich oberirdische Absperrarmaturen zur Einspeisung und Abgabe der Güter. Die Überwachung und Steuerung der Pipeline sowie der Absperrarmaturen erfolgt durch die Betriebszentrale in Z (Ausland).
Hinsichtlich der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der K bestand eine Vereinbarung zwischen der K und den verschiedenen Gemeinden - allerdings nicht mit der Stadt A.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob und ggf. in welcher Höhe nach der Verlegung des Sitzes der K von F nach A der letztgenannten Stadt ein Zerlegungsanteil zusteht. Das Finanzgericht wies die Klage der K ab, der BFH folgte dem.
Entscheidung im Besprechungsfall
Zunächst stellt der BFH fest, dass der Geschäftsleitungs-/Verwaltungssitz und das Rohrleitungsnetz keine (mehrgemeindliche) einheitliche Betriebsstätte, sondern zwei Betriebsstätten bilden.
Es handelt sich sowohl bei dem Geschäftsleitungs-/Verwaltungssitz um eine Betriebsstätte als auch bei dem inländischen Teil des Rohrleitungsnetzes.
Insbesondere erfüllt die Pipeline die erforderlichen Voraussetzungen für eine eigene Betriebsstätte dadurch, dass sie über eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche verfügt, ihr Betrieb von einer gewissen Dauer ist, sie der Tätigkeit des Unternehmens dient und die steuerpflichtige Gesellschaft über sie eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.
Die beiden Betriebsstätten der K haben jedenfalls keinen besonders engen betrieblichen (d.h. wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen) Zusammenhang. Vor allem spricht gegen einen solchen Zusammenhang, dass die am Geschäftsleitungs-/Verwaltungssitz der K beschäftigten Mitarbeiter mit rund 50 % ihrer Arbeitszeit für Drittunternehmen tätig waren.
Der Steuermessbetrag war nach Ansicht des BFH insgesamt der Stadt A zuzuteilen. Zerlegungsmaßstab ist das Verhältnis der Arbeitslöhne der anteilig beschäftigten Arbeitnehmer.
Danach steht der A der gesamte Steuermessbetrag zu, weil sich auf ihrem Gemeindegebiet die einzige Betriebsstätte befunden hat, in welcher Arbeitslöhne gezahlt wurden. Greift - wie im Besprechungsfall - der Regelzerlegungsmaßstab der Arbeitslöhne ein, führt dies dazu, dass (mehrgemeindliche) Betriebsstätten ohne dort beschäftigte Arbeitnehmer keinen Zerlegungsanteil erhalten.
Weil auch keine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht vorliegt, scheidet auch eine abweichende Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG aus. Zudem entfaltet die getroffene Einigung keine Bindungswirkung.
Denn Voraussetzung dafür ist, dass an dieser Einigung neben dem Steuerpflichtigen die Gemeinden mit Betriebsstätten, mithin mit Anspruch auf einen Zerlegungsanteil, mitwirken müssen.
Danach lag für das Streitjahr keine wirksame Einigung vor, die eine Bindungswirkung hätte entfalten können. Die A hat der Vereinbarung zu keinem Zeitpunkt zugestimmt und folglich hieran nicht mitgewirkt.
Bereits diese fehlende Mitwirkung führt dazu, dass die Bindungswirkung der Einigung entfällt und der vereinbarte Zerlegungsmaßstab nicht zur Anwendung kommen kann.
Praxishinweis
Der BFH hat die Grundsätze zur Gewerbesteuerzerlegung folgendermaßen konkretisiert:
Ist der Gewerbesteuermessbetrag zwischen einer einzelgemeindlichen Betriebsstätte und einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte (z.B. einem Rohrleitungsnetz) nach dem Regelmaßstab der Arbeitslöhne zu zerlegen, so steht einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte ohne dort beschäftigte Arbeitnehmer kein Zerlegungsanteil zu.
Eine Einigung i.S.d. § 33 Abs. 2 GewStG kann nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn an dieser Vereinbarung der Steuerpflichtige und alle Gemeinden mit Betriebsstätten beteiligt sind, die einen Zerlegungsanteil beanspruchen können.
BFH, Urt. v. 15.05.2024 - IV R 21/21