Wann lösen Umstrukturierungen bei grundbesitzenden Personengesellschaften Grunderwerbsteuer aus? Der BFH hat das für den Fall der Verlängerung der Beteiligungskette näher bestimmt. Demnach ist der Eintritt einer mittelbar beteiligten Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur jedenfalls dann kein grunderwerbsteuerbarer Vorgang, wenn sich damit nicht der Gesellschafterbestand ändert.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.08.2024 (II R 16/22) entschieden, dass eine Personengesellschaft, welche in die Beteiligungsstruktur einer grundbesitzenden Personengesellschaft aufgenommen wird, ohne dass sich der Gesellschafterbestand mittelbar ändert, nicht als neuer Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG gilt.
Ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang wird somit durch das Einfügen einer Personengesellschaft in die Gesellschaftsstruktur nicht ausgelöst.
Sachlage im Streitfall
Klägerin (K) ist eine - in mehreren Finanzamtsbezirken - grundbesitzende GmbH & Co. KG. Die X-KG war mittelbar zu 100 % an der K beteiligt. Bisherige Gesellschafter der X-KG waren fünf natürliche Personen.
Durch mehrere Umstrukturierungen im Streitjahr änderten sich die Beteiligungsverhältnisse an der X-KG. Unter anderem gründeten zwei Gesellschafter die neue W-KG und brachten ihre Anteile an der X-KG in diese Gesellschaft ein.
Das Finanzamt sah durch die Umstrukturierungen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt, da 100 % der Anteile an der Klägerin innerhalb von fünf Jahren mittelbar auf neue Gesellschafter übergegangen seien.
Eine Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 3 GrEStG wurde i.H.v. 40 % gewährt, da die Gesellschaft der W-KG in dieser Höhe bereits zuvor an der X-KG beteiligt waren. Die Klägerin legte Einspruch und später Klage ein, blieb jedoch erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Anwendung von § 1 Abs. 2a GrEStG und wies darauf hin, dass die wirtschaftliche Beteiligung über die W-KG durch die Steuerbefreiung berücksichtigt werde. Der BFH sah die Revision der Klägerin jedoch als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands grundbesitzender Personengesellschaften
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % (mit Wirkung ab dem 01.07.2021 90 %) der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies gem. § 1 Abs. 2a GrEStG als ein Rechtsgeschäft, welches die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft begründet.
Auch mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestands sind zu berücksichtigen. Die Veränderung ist in diesem Fall anteilig durch Multiplikation der prozentualen Anteilsänderungen zu berücksichtigen.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Personengesellschaften sind bei der Ermittlung der Änderung des Gesellschafterbestands als vollständig transparent anzusehen. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften sind daher auf allen Ebenen der beteiligten Personengesellschaften die Veränderungen prozentual zu berücksichtigen.
Wird in die Gesellschafterstruktur einer grundbesitzenden Personengesellschaft eine mittelbar beteiligte Personengesellschaft eingefügt, ohne dass sich dadurch die Beteiligungsverhältnisse der natürlichen Personen verändern, ist diese Änderung nach Auffassung des BFH gem. § 1 Abs. 2a GrEStG nicht zu berücksichtigen.
Die neu zwischengeschaltete Personengesellschaft stellt daher keine neue Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG a.F. dar.
Praxishinweis
Der BFH hat mit seiner Entscheidung der Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen. Diese vertrat bisher die Ansicht, dass trotz des eindeutigen Wortlauts Personengesellschaften für die Zwecke des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht als transparent anzusehen sind und das Einfügen einer Personengesellschaft in die Gesellschaftsstruktur für die Ermittlung der Bemessungsgrenze des § 1 Abs. 2a GrEStG zu berücksichtigen ist. Dies wurde nun eindeutig vom BFH widerlegt.
BFH, Urt. v. 21.08.2024 - II R 16/22