Wann ist der Rückerwerb von Immobilien steuerfrei? Innerhalb einer Zweijahresfrist kann sowohl für den Rückerwerb als auch für die vorherige Veräußerung von Grundstücken eine Festsetzung der Grunderwerbsteuer auf Antrag vermieden oder aufgehoben werden. Der BFH hat entschieden, dass dies grundsätzlich über den Wortlaut hinaus auch für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG gilt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wann ein Rückerwerb der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Zwei in derselben Branche tätige GmbHs schlossen verschiedene notariell beurkundete Vereinbarungen. Eine dieser Vereinbarungen regelte, dass eine GmbH („B-GmbH“) der anderen GmbH („A-GmbH“), deren Alleingesellschafterin die Klägerin ist, einen bestimmten Geschäftsbereich zu einem Gesamtpreis überlässt.
Zu diesem Geschäftsbereich gehörte auch ein Grundstück. Der Vertragsvollzug war im Wege der aufschiebenden Bedingung an den Abschluss ergänzender Vereinbarungen geknüpft, zu denen ein notariell beglaubigter Vertrag über die Übertragung des Grundstücks sowie der Anteilsübertragungsvertrag gehörten.
Die B-GmbH kaufte von der Klägerin u.a. einen Geschäftsanteil von 24,9 % an der A-GmbH, wobei beidseitige Optionsrechte für den Rückkauf dieses Geschäftsanteils durch die Klägerin vereinbart wurden. Die Klägerin konnte die ihr zustehende „Call Option“ jederzeit durch notariell beglaubigte Erklärung abgeben.
In derselben Urkunde erklärten die Parteien den Abschluss des Kaufvertrags über den Geschäftsanteil mit wirtschaftlicher Wirkung zum Optionsstichtag. Die B-GmbH erklärte die Abtretung unter der aufschiebenden Bedingung des Optionsclosingvertrags.
Zudem schlossen die Parteien den vorgesehenen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung. Anschließend übte die Klägerin die Call Option aus und nahm die Abtretung an.
Während einer Betriebsprüfung entstand Streit darüber, ob diese Transaktionen der Grunderwerbsteuer unterliegen. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) gingen davon aus, der BFH sah dies teilweise anders.
Grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang
Mit der Ausübung des Optionsrechts wurde der grunderwerbsteuerbare Tatbestand verwirklicht.
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt – soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt – ein Rechtsgeschäft der Steuer, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG).
Entsprechende Verpflichtungen lagen im Streitfall vor. Sie standen jedoch unter der Bedingung, dass ein Optionsrecht ausgeübt wird.
Steuerfreiheit des Rückerwerbs
Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG).
Wie sich mittelbar aus § 16 Abs. 5 GrEStG ergibt, ist die Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG anwendbar.
Die Vorschrift ist einschlägig, wenn auf einen steuerbaren Erwerb durch Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein Rückerwerb folgt, der zwar für sich nicht steuerbar ist, der aber bewirkt, dass das für die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung maßgebende Quantum von 95 % unterschritten wird.
Der Streitfall betrifft aber den umgekehrten Fall (fehlende Steuerbarkeit des ersten Erwerbs, Steuerbarkeit des Rückerwerbs). Voraussetzung für dessen Steuerfreistellung wäre jedenfalls, dass bei dem vorausgegangenen Erwerbsvorgang, auf den sich die wirkliche oder vermeintliche Rückgängigmachung bezieht, das betreffende Grundstück dem Veräußerer grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen war, mithin wenigstens eine logische Sekunde vor dem Erwerbsvorgang in den grunderwerbsteuerlichen Zurechnungsbereich des Veräußerers gelangt ist. Fehlt es daran, liegt kein Rückerwerb, sondern ein Ersterwerb vor.
So verhält es sich im Streitfall: Das Grundstück war der A-GmbH – und damit für Zwecke des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Klägerin – zum Zeitpunkt der Anteilsveräußerung noch nicht zuzurechnen.
Dies folgert der BFH vor allem daraus, dass der Vollzug des gesamten Vertrags u.a. an die Bedingung geknüpft war, dass der im Entwurf beigefügte gesonderte Grundstückskaufvertrag, der nicht nur die Auflassung, sondern auch die Übereignungsverpflichtung enthielt, abgeschlossen wird. Beabsichtigen aber die Parteien, noch einen notariellen Vertrag abzuschließen, ist daraus im Zweifel zu schließen, dass die Rechtswirkungen dieses Vertrags vorher noch nicht eintreten sollen.
Allerdings war unklar, ob möglicherweise Festsetzungsverjährung eingetreten sein könnte, daher hob der BFH die Entscheidung auf und verwies sie zurück an das FG.
Praxishinweis
Der BFH hat die Rechtslage zur Steuerfreiheit des Rechtserwerbs in der Grunderwerbsteuer weiter konkretisiert. Über den Wortlaut hinaus ist § 16 GrEStG auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG anzuwenden.
Dies gilt unabhängig davon, ob der Ersterwerb der Grunderwerbsteuer unterlag, wenn zum Zeitpunkt des Ersterwerbs das Grundstück dem damaligen Veräußerer grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen war. Der BFH hat damit für Rechtssicherheit gesorgt. Steuerberater sollten für ihre Mandanten bei Rückerwerben prüfen, wie sich die neue Rechtslage für ihre Mandanten auswirkt.
BFH, Urt. v. 20.02.2019 - II R 27/16
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht