Steuerberatung -

Auseinandersetzung einer Freiberufler-Sozietät

Im Rahmen der Auseinandersetzung einer Freiberufler-Sozietät streiten die Beteiligten um die Aufteilung von Mandatsbeziehungen und insbesondere um die Frage, ob eine Werbung um bisherige Mandanten der Gesellschaft durch jeden Gesellschafter zulässig ist.

  1. Die Teilung der Sachwerte und die rechtlich nicht begrenzte gleichberechtigte Möglichkeit, um die bisherigen Mandanten der Gesellschaft zu werben, ist auch dann die sachlich naheliegende und angemessene Art der Auseinandersetzung einer Freiberufler-Sozietät, wenn eine solche Gesellschaft nach ihrer Auflösung auseinandergesetzt wird.
  2. Gehen die Gesellschafter in dieser Weise vor, kann eine zusätzliche Abfindung für den Geschäftswert grundsätzlich nicht beansprucht werden, sondern bedarf einer entsprechenden Vereinbarung. Dies gilt auch dann, wenn ein Wettbewerb um die bisher von den anderen Gesellschaftern betreuten Mandanten/Patienten wegen ihrer starken Bindung an die Person des jeweiligen Beraters/Arztes nicht erfolgversprechend erscheint.

Die Parteien streiten um die Aufteilung von Mandatsbeziehungen im Rahmen der Auseinandersetzung einer Freiberufler-Sozietät und insbesondere um die Frage, ob eine Werbung um bisherige Mandanten der Gesellschaft durch jeden Gesellschafter zulässig ist.

Der BGH führt aus, dass die für eine Auseinandersetzung anwendbaren Grundsätze in der Rechtsprechung geklärt seien. Die Teilung der Sachwerte und die rechtlich unbegrenzte Möglichkeit, um die bisherigen Mandanten zu werben, sei die naheliegendste und angemessenste Art der Auseinandersetzung einer Freiberufler-Sozietät. Sofern in dieser Weise vorgegangen werde, sei der Geschäftswert entsprechend abgegolten und eine weitere Abfindung könne nicht beansprucht werden, es sei denn, eine entsprechende Vereinbarung sei zwischen den Gesellschaftern getroffen worden. Diese Grundsätze, so der BGH, würden nicht nur im Rahmen des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer Freiberufler-Sozietät, sondern auch dann gelten, wenn eine Gesellschaft aufgelöst und später auseinandergesetzt werde.

Im vorliegenden Fall konnte eine entsprechende Vereinbarung über die Verteilung der Mandate zwischen den Gesellschaftern der Freiberufler-Sozietät nicht erkannt werden. Daher, so der BGH, sei es allen Gesellschaftern unbegrenzt möglich gewesen, in den Wettbewerb um alle Mandanten der Sozietät zu treten. Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH sei in diesem Fall eine zusätzliche Entschädigung für den Goodwill der Gesellschaft grundsätzlich nicht zu beanspruchen.

Zudem sei die Möglichkeit der Gesellschafter, nach der Auflösung der Gesellschaft um sämtliche Mandanten der Sozietät zu werben, nicht aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten beschränkt. Insbesondere stelle das Werben um Mandanten, die von anderen Mitgesellschaftern betreut wurden, keine Verletzung einer Treuepflicht dar. Sofern die Gesellschafter ein solches Werben hätten vermeiden wollen, hätten sie eine entsprechende Vereinbarung treffen müssen. Ohne eine solche Vereinbarung verbleibe es dabei, dass sich die Gesellschafter uneingeschränkt um jeden Mandanten der Sozietät bemühen dürften, um sich auf diese Art den geschaffenen Wert der Mandantenbeziehungen wirtschaftlich nutzbar zu machen.

Im vorliegenden Fall bestehe auch kein Grund für eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Insbesondere sei eine solche Ausnahme nicht begründet, weil aufgrund einer starken Bindung bestimmter Mandanten an die Person des jeweiligen Beraters ein Wettbewerb um eben diese Mandanten nicht vielversprechend erscheine. Ein Mandant könne nicht gezwungen werden, seine Geschäftsbeziehungen mit der Gesellschaft oder bestimmten Gesellschaftern fortzuführen, sondern könne frei entscheiden, welchen Berater er wähle. Daher bestehe keinesfalls ein zusätzlicher Ausgleichsanspruch eines Gesellschafters für den Fall, dass es diesem nicht gelinge, die Mandanten der aufgelösten Sozietät in einem seiner Beteiligung an der Gesellschaft entsprechenden Umfang für sich zu akquirieren, sondern sich die Mandanten überwiegend für einen anderen Gesellschafter entschieden.

Der BGH ist sehr klar in seiner Entscheidung. Sowohl beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Freiberufler-Sozietät als auch bei der Auflösung einer solchen Sozietät steht es in Abwesenheit einer anderweitigen Vereinbarung jedem Mitgesellschafter frei, um sämtliche Mandanten der Sozietät zu werben. Eine etwaige weiter gehende Abfindung kommt in diesem Fall nicht in Betracht. Sofern also der Wettbewerb um Mandanten der Sozietät eingeschränkt oder begrenzt oder eine Abfindung geleistet werden soll, muss dies vertraglich vereinbart sein.

BGH, Beschl. v. 31.05.2010 - II ZR 29/09

Quelle: Redaktion Steuern - vom 15.09.10