Steuerberatung -

Beginn der Festsetzungsfrist im Fall einer Antragsveranlagung

Auch für die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu berücksichtigen. Eine Anwendung des § 170 Abs. 1 AO würde zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung derjenigen führen, die nur auf Antrag zu veranlagen sind, gegenüber denjenigen, für die eine Veranlagungspflicht besteht.

Mit diesem Tenor widerspricht das Sächsische FG in einem ausführlich begründeten Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die Anlaufhemmung nur für Personen mit Veranlagungspflicht gelten soll. Arbeitnehmer dürfen nicht schlechter behandelt werden als diejenigen, für die eine Veranlagungspflicht besteht. Art. 3 GG verlangt, dass alle Personen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Unterscheidung von Einkunftsarten kann für sich allein keine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Dabei sind die sich ergebenden Vor- und Nachteile aus der unterschiedlichen Erhebung von Lohn- und Einkommensteuer in vertretbarer Weise zu gewichten. Pflicht- sowie antragsveranlagte Steuerpflichtige befinden sich bei der Frist zur Veranlagung in einer vergleichbaren Lage. Steuerpflichtige mit Überschusseinkünften sowie Vermieter oder Rentner, die Einkommensteuervorauszahlungen leisten müssen, befinden sich insoweit in keiner anderen Lage als der Arbeitnehmer, der dem Steuerabzug unterliegt. Die unterschiedliche Behandlung ist auch nicht durch das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Finanzverwaltung gerechtfertigt.

Die Finanzverwaltung argumentiert hingegen, dass der Anlauf der Festsetzungsfrist immer dann gehemmt ist, wenn eine Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung oder -anmeldung besteht. Bei der Antragsveranlagung bleibt es für den Beginn bei der Grundregel des § 170 Abs. 1 AO. Dies wurde jetzt auch in den AEAO zu § 170 aufgenommen (BMF-Schreiben v. 28.07.2010 - IV A 3 - S 0062/08/10007-08). Hiernach greift die Anlaufhemmung nicht, wenn der Steuerpflichtige berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben.

Wegen einer beim BFH unter VI R 53/10 anhängigen Revision (Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urt. v. 04.05.2010 - 4 K 478/10) können Fälle in Hinblick auf die Anlaufhemmung über einen Rechtsbehelf ruhend gestellt werden. Ausführlich zum Sachverhalt hat sich die OFD Münster mit aktualisierter Kurzinformation ESt 1/2007 vom 16.08.2010 geäußert.

FG Sachsen, Urt. v. 23.03.2010 - 6 K 2168/08, NZB eingelegt (Az. beim BFH: VI B 61/10)

Quelle: Redaktion Steuern - vom 26.10.10