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Steuerberatung -

Betriebsprüfung: Unternehmer muss nicht alle Daten offenlegen

Freiwillig erstellte Daten von Barverkäufen müssen bei einer Betriebsprüfung dem Prüfer nicht vorgelegt werden. Dies entschied das FG Hessen in einem aktuellen Urteil. Nach Ansicht der Richter besteht für die Aufforderung des Finanzamts, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, keine Rechtsgrundlage.

Die Finanzbehörde darf im Rahmen einer Außenprüfung Einsicht in die gespeicherten Daten nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen nutzen, wenn sie mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind. In diesem Zusammenhang kann der Betriebsprüfer auch verlangen, dass

  • Daten nach seinen Vorgaben maschinell ausgewertet werden
  • oder der Geprüfte ihm die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung stellt.

Allerdings stehen der Finanzbehörde diese Befugnisse - nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift in der AO - nur in Bezug auf Daten zu, die der Steuerpflichtige gesetzlich aufzubewahren hat. Das hatte der BFH bereits im Jahre 2009 entschieden.

Im zugrunde liegenden Sachverhalt erfasste eine Apothekerin die Bareinnahmen ihres Ladenlokals mit einer PC-Kasse und stellte die Tageseinnahmen in bar durch fortlaufende Tagesendsummen-Bons fest. Danach stellte sie den Kassenspeicher auf null. Die Summe der täglichen Bareinnahmen übertrug sie manuell ins Kassenbuch, das Grundlage der Buchführung war. Der Betriebsprüfer forderte sie auf, auch die elektronische Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen. Dem kam sie jedoch nicht nach, sondern legte nur eine CD mit Daten aus ihrem Kassensystem vor. Die Datei mit ihrer Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sie dabei zuvor entfernt.

Hierzu führten die Richter aus, dass für die Aufforderung des Finanzamts, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, keine Rechtsgrundlage besteht, weder nach dem Handelsgesetzbuch oder der Abgabenordnung noch nach berufsrechtlichen Bestimmungen. Die Apothekerin kann sich dabei auf die Rechtsprechung des BFH stützen, wonach es aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität für eine ordnungsgemäße Buchführung (auch im heutigen Computerzeitalter) nicht erforderlich ist, Einzelaufzeichnungen zu führen.

Das gilt immer dann, wenn ein Unternehmer (wie im vorliegenden Fall)

  • gegen Barzahlung nur Waren von geringem Wert verkauft,
  • seine Umsätze mit einer unbestimmten Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft macht und
  • nicht mit anderen gewerblichen Unternehmern handelt.

In solchen Fällen ist es ausreichend, auf Einzelaufzeichnungen zu verzichten und dafür die festgestellten Tagesendsummen täglich und fortlaufend in ein Kassenbuch einzutragen. Denn gerade die Führung des Kassenbuchs soll die lästigen Einzelaufzeichnungen ersetzen.

Wenn die Apothekerin zusätzlich die einzelnen Barverkäufe freiwillig und programmgesteuert in einer gesonderten Datei mitgeschrieben und gespeichert hat, ändert das an dieser Sichtweise nichts und führt schon gar nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung. Denn eine solche freiwillig erstellte Datei ist grundsätzlich nicht Bestandteil der nach der AO aufzubewahrenden Grundaufzeichnungen.

Natürlich kann diese Datei für das Finanzamt bei einer Prüfung der Pflichtaufzeichnungen hilfreich und interessant sein. Doch dieser Aspekt ist unerheblich, denn für den Betrieb einer Apotheke ist die gesonderte Aufzeichnung von Einnahmen und Warenausgang gerade nicht erforderlich. Dem Gesetzgeber steht es allerdings frei, ein gesetzliches Zugriffsrecht auch auf die außerhalb einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht vom Steuerpflichtigen geschaffenen Daten zu schaffen - z.B. nach österreichischem Vorbild.

Praxishinweis

Das FG Hessen hat aber definitiv klargestellt, dass die Frage nach dem Bestehen einer Vorlagepflicht strikt zu trennen ist von der Frage nach einer im Übrigen nicht ordnungsgemäßen Buchführung. Dadurch eröffnet sich nämlich eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts. Um hier auf möglichst genaue Werte zu kommen, muss der Prüfer genauer in die Dateien schauen. Denn nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen lassen in der Praxis den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind. Dies berechtigt Finanzbeamte zu Hinzuschätzungen. Nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen kennzeichnen z.B.

  • Differenzen zwischen den Tagessummen laut Tagesendsummen-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder
  • eine nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs, also die fehlende fortlaufende und tägliche Erfassung der Bargeldflüsse.

FG Hessen, Urt. v. 20.04.2013 - 4 K 422/12
BFH, Urt. v. 24.06.2009 - VIII R 80/06, BStBl 2010 II 452
BFH, Urt. v. 01.10.1969 - I R 73/66, BStBl 1970 II 45
BFH, Urt. v. 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl 2004 II 599
BFH, Urt. v. 07.02.2008 - X B 189/07
BFH, Urt. v. 14.12.2011 - XI R 5/10

BMF-Schreiben v. 07.11.1995 - IV A 8 - S-0316 - 52/95, BStBl 1995 I 738

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 18.06.13