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BFH klärt Verhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheid

Nach einem jüngst veröffentlichten BFH-Urteil ist die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids umfassend, wenn mit dem geänderten Feststellungsbescheid zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz AO aufgehoben wird. Der geänderte Feststellungsbescheid gilt dann als erstmalige Feststellung und damit als erstmalige Einzelfallregelung, die keine bloß wiederholende Verfügung darstellt.

In einem aktuellen Urteil hat der BFH darüber entschieden, inwieweit nach der Änderung eines Grundlagenbescheids auch der Folgebescheid geändert werden muss.

Im Entscheidungsfall war streitig, ob und in welcher Höhe Verluste aus Spekulationsgeschäften zu berücksichtigen sind. Letztlich hatte der BFH die Frage zu beantworten, ob ein geänderter Feststellungsbescheid, der den Vorbehalt der Nachprüfung des vorherigen Bescheids aufhebt, als „erstmalige Feststellung“ zu werten ist.

In einem Feststellungsbescheid hatte das Finanzamt zunächst im Zusammenhang mit Einkünften aus einer Beteiligung im Jahr 1992 einen Verlust aus Spekulationsgeschäften ausgewiesen - der Feststellungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.



In dem erlassenen Einkommensteuer-Folgebescheid unterblieb eine Verlustverrechnung wegen der zu dieser Zeit geltenden beschränkten Verlustanrechnung (§ 23 Abs. 4 Satz 3 EStG a.F.). Auch dieser Bescheid erging zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; er wurde allerdings später aufgehoben. Nachdem der BFH im Jahr 2004 entschieden hatte, dass Spekulationsverluste aus den Jahren vor 1999 grundsätzlich unbeschränkt auszugleichen sind, wurde der Grundlagenbescheid geändert, so dass höhere Verluste aus Spekulationsgeschäften ausgewiesen wurden.

In dem daraufhin ergangenen Einkommensteuer-Änderungsbescheid wurde dann aber lediglich der festgestellte Mehrbetrag der Verluste angesetzt, und nicht der gesamte Verlustbetrag. Nachdem Einspruch und Klage hiergegen erfolglos geblieben waren, entschied jetzt der BFH.

BFH-Grundsätze nach dem aktuellen Urteil

Der BFH schloss jetzt eine weitergehende Änderungsmöglichkeit - entgegen der Vorinstanz  - nicht aus.

Die Änderung eines Grundlagenbescheids, der bereits vollständig im Folgebescheid umgesetzt worden ist, führe grundsätzlich dazu, dass der Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern ist, „soweit" der geänderte Feststellungsbescheid vom Regelungsgehalt her über den bisherigen Grundlagenbescheid hinausgeht. Denn der Folgebescheid könne nur insoweit geändert werden, wie der vorangegangene Grundlagenbescheid „aufgehoben oder geändert" worden ist.

Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids ist aber nach Ansicht des BFH unbeschränkt, wenn in dem geänderten Feststellungsbescheid zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz AO aufgehoben wird: Der geänderte Feststellungsbescheid gilt dann als erstmalige Feststellung und somit als erstmalige Einzelfallregelung, die in vollem Umfang in den Folgebescheid zu übernehmen ist. Dies gilt auch für den Fall, dass der Vorbehalt der Nachprüfung des Grundlagenbescheids aufgehoben wird, ohne dass eine sachliche Änderung dieses Bescheids erfolgt. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob und in welchem Umfang Besteuerungsgrundlagen aus bereits bestandskräftigen Feststellungsbescheiden bis dahin in bestandskräftigen Folgebescheiden umgesetzt worden sind.

Nach Ansicht des BFH hatte das Finanzgericht allerdings nicht festgestellt, ob der geänderte Feststellungsbescheid auch zugleich eine Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung enthielt und damit nach § 164 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO wie eine erstmalige Feststellung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften zu behandeln war. Daher hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses muss jetzt also feststellen, ob durch die Änderung des Feststellungsbescheids auch tatsächlich ein (noch geltender) Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH ist in ihrer Deutlichkeit zu begrüßen: Die bloße Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung führt bei einem Grundlagenbescheid dazu, dass der damit geänderte Feststellungsbescheid als erstmalige Feststellung wirkt und folglich eine umfassende Bindungswirkung entfaltet. Der steuerliche Berater wird also künftig sorgfältiger als bisher prüfen müssen, welche Auswirkungen die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung eines Grundlagenbescheids auf den Folgebescheid hat. Es bleibt aber abzuwarten, wie die Finanzbehörden bei Grundlagenbescheiden - vor dem Hintergrund der Reichweite einer Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung - in Zukunft verfahren werden.

BFH, Urt. v. 21.01.2014 - IX R 38/13
BFH, Urt. v. 01.06.2004 - IX R 35/01, BStBl 2005 II 26

Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz