Der BFH hat ein Urteil zur Buchwertübertragung bei einer KG, an der zu 100% der Kommanditist beteiligt ist (Fall der „Einmann-GmbH & Co. KG“), gefällt. Demnach ist bei der unentgeltlichen Übertragung aus Sonderbetriebsvermögen in Gesamthandsvermögen nicht deshalb rückwirkend der Teilwert anzusetzen, weil das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG veräußert wird.
Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG hat die Überführung eines einzelnen Wirtschaftsgutes vom Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder bei Unentgeltlichkeit grundsätzlich zum Buchwert zu erfolgen. Dies gilt allerdings nicht, wenn das übertragene Wirtschaftsgut innerhalb von drei Jahren von der Mitunternehmerschaft veräußert wird - es sei denn, dem übertragenden Mitunternehmer sind die stillen Reserven in einer Ergänzungsbilanz zugeordnet worden. Wird innerhalb der Sperrfrist ohne Bildung einer Ergänzungsbilanz veräußert, ist rückwirkend der Teilwert des Wirtschaftsgutes anzusetzen (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG).
Im Streitfall überließ der alleinige Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der gleichzeitig auch der Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH war, der Gesellschaft zunächst ein bebautes Grundstück unentgeltlich zur Nutzung. Anschließend übertrug der Gesellschafter dieses Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (Einbuchung einer Rücklage) zum Buchwert ins Gesamthandsvermögen der KG, die es unmittelbar danach veräußerte. Streitig war, ob der Gesellschafter die im Grundbesitz gebildeten stillen Reserven versteuern musste. Eine Ergänzungsbilanz, in der ihm die stillen Reserven gesondert für steuerliche Zwecke zugewiesen wurden, war nicht gebildet worden.
Argumentation des BFH hat sich geändert
Unstreitig war die Sperrfrist von drei Jahren, die § 6 Abs. 5 S. 4 EStG vorsieht, noch nicht abgelaufen, sodass nach dem Wortlaut der Vorschrift die stillen Reserven zu versteuern waren. Allerdings hat der BFH im vergangenen Jahr entschieden, dass die Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG auch ohne Bildung einer Ergänzungsbilanz nicht gilt, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse bis zur Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsgutes nicht ändern. Nun hat der BFH entschieden, dass diese Grundsätze auch im Fall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG (Überführung eines einzelnen Wirtschaftsgutes vom Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) gelten.
Gründe für die Meinungsänderung
Als maßgebliche Gründe führt der BFH an: Für eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG gilt ebenfalls § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG. Nach dieser Bestimmung erfolgt trotz Verletzung der Sperrfrist eine Rückkehr zur Grundregelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG (Buchwertfortführung). Voraussetzung dafür ist, dass die stillen Reserven, die bis zur Übertragung eines Wirtschaftsgutes entstanden und aufgrund einer anschließenden Veräußerung dieses Wirtschaftsgutes durch die Mitunternehmerschaft aufgedeckt worden sind, dem übertragenden Gesellschafter in einer Ergänzungsbilanz zugeordnet worden sind.
Aus diesem Grund nimmt der BFH ebenfalls eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG bei einer Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG vor, falls die zum Zeitpunkt der Übertragung vorhandenen stillen Reserven trotz fehlender Ergänzungsbilanz weiterhin zweifelsfrei und ausschließlich dem übertragenden Gesellschafter zuzuordnen sind. Dies ist bei einer sog. Einmann-GmbH & Co. KG anzunehmen, wenn sich an den Beteiligungsverhältnissen nichts geändert hat.
Zuordnung ist entscheidend
Weil es entscheidend ist, dass die stillen Reserven des übertragenen Wirtschaftsgutes auch nach einer Übertragung i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG bis zur späteren Veräußerung dieses Wirtschaftsgutes dem übertragenden Gesellschafter zuzuordnen sind, kommt es für die Buchwertfortführung nicht darauf an, ob die Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich erfolgt.
Nach Ansicht des BFH ändert sich an diesem Ergebnis auch dadurch nichts, dass die Regelungen des § 6 Abs. 5 EStG nicht für die Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern von einer Schwestergesellschaft auf die andere gilt. Denn beides ist nach Auffassung des BFH Ausdruck des Subjektsteuerprinzips. Nach diesem Prinzip sind Einkünfte, von demjenigen zu versteuern, der sie erzielt hat. Folglich sind die stillen Reserven grundsätzlich auch vom Gesellschafter zu versteuern hat, dem das fragliche Wirtschaftsgut mit den stillen Reserven zuzurechnen ist.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH ist konsequent. Das Gesetz behandelt die Alternativen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG einheitlich. Also ist es logisch, auch bei der 2. Alternative ebenso wie bei der 1. Alternative des Satzes 3 dieser Vorschrift dieselbe teleologische Reduktion vorzunehmen und auf die Sperrfrist bei einer Einmann-Personengesellschaft zu verzichten. Dies spricht aber auch dafür, dass die Sperrfrist ebenso für die dritte Alternative (Übertragung eines Wirtschaftsgutes von einem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in ein anderes Sonderbetriebsvermögen dieses Mitunternehmers) nicht gilt, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse bis zur Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsgutes innerhalb der Sperrfrist nicht ändern. Diese Frage hat der BFH allerdings noch nicht geklärt.
Auch bleibt abzuwarten, wie das BMF auf diese Entscheidung reagiert: Die Entscheidung aus dem letzten Jahr ist noch nicht im BStBl veröffentlicht. Voraussichtlich wird das BMF wohl einheitlich über die Veröffentlichung der beiden Urteile entscheiden. Wie diese Entscheidung ausfallen wird, bleibt abzuwarten.
BFH, Urt. v. 26.06.2014 - IV R 31/12
BFH, Urt. v. 31.07.2013 - I R 44/12
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz