matttilda © fotolia.de

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Steuerberatung -

Eingabefehler im ELSTER-Formular ist kein grobes Verschulden

Ein Fehler bei der Abgabe einer elektronischen Steuererklärung über ELSTER ist selbst dann nicht als grobe Fahrlässigkeit zu werten, wenn dieser einem freiberuflich tätigen Diplom-Finanzwirt und Notar unterläuft. Es kommt vielmehr eine Änderung wegen Bekanntwerdens neuer Tatsachen zugunsten des Steuerpflichtigen in Betracht, wie sich aus einem vergangene Woche veröffentlichten Urteil des FG Rheinland-Pfalz ergibt. Bei der Bearbeitung größerer Dokumente am PC können nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch bei großer Sorgfalt Fehler passieren. Das gilt besonders dann, wenn an der betroffenen Stelle die ELSTER-Programmführung ein kontinuierliches Arbeiten erschwert. Die Fehleranfälligkeit steigt durch eine Vielzahl von Bildmasken und Fenstern, die stets nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtdokuments zeigen.

Generell können bestandskräftige Steuerbescheide nur dann zugunsten eines Steuerpflichtigen geändert werden, wenn dieser das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln nicht grob verschuldet hat. Ein grobes Verschulden ist z.B. gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger eine in einem Formular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht oder nur lückenhaft beantwortet.

Anders sieht es dagegen bei Fehlern aus, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer wieder gerechnet werden muss: Vergessen, Irrtum oder bloße Nachlässigkeit - wozu auch die vergessene Eingabe einer Vorsorgeaufwendung gehört - begründet keine grobe Fahrlässigkeit. Fallen diese Fehler erst bei der Erstellung der Steuererklärung für das Folgejahr auf, kann der bestandskräftige Bescheid wegen Bekanntwerdens neuer Tatsachen also berichtigt werden.

Dies hat sich im zugrundeliegenden Fall gelohnt, denn der Freiberufler hatte vergessen, Beiträge von rund 18.500 € an das berufsständische Versorgungswerk einzutragen. Zwar räumen die Richter ein, dass ein Fehler des Freiberuflers das nachträgliche Bekanntwerden der Vorsorgeaufwendungen verursacht hat. Doch hieran traf ihn lediglich ein einfaches und kein grobes Verschulden. Er hatte nur vergessen, die geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk aus seinen handschriftlichen Notizen in das ELSTER-Formular zu übertragen. Da in der Druckvorschau lediglich die eingegebenen Erklärungstexte, nicht aber Leerzeilen angezeigt werden, konnte das Fehlen der Vorsorgeaufwendungen auch hierüber nicht mehr auffallen.
 
Praxishinweis

Ob fehlerhafte Angaben in den Steuerformularen zu einem groben Verschulden führen oder nicht, bestimmt sich im Einzelfall danach, aus welchen Gründen die Steuererklärung unvollständig eingereicht worden ist. Zu dieser Frage hat die Rechtsprechung verschiedene Konstellationen herausgearbeitet. In folgenden Fällen wird grob schuldhaft im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gehandelt:

  • Ein Steuerpflichtiger beantwortet eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Frage nicht. Er handelt auch dann grob fahrlässig, wenn er hinsichtlich der Frage der Abziehbarkeit der zu beurteilenden Aufwendungen einem Rechtsirrtum unterliegt (BFH, Beschl. v. 10.12.2009 - X B 199/09, BFH/NV 2010, 598).
  • Ein Steuerberater unterlässt es, seinen Mandanten nach Krankheitskosten zu fragen (BFH, Urt. v. 03.12.2009 - VI R 58/07, BStBl 2010 II, 531).
  • Der Steuerberater macht in mehreren aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen unvollständige Angaben zum Ausbildungsfreibetrag eines Kindes, obwohl Angaben zu einer Ausbildung des Kindes gemacht wurden und eine Studienbescheinigung und ein Berufsausbildungsvertrag des Kindes beilagen (BFH, Urt. v. 04.02.1993 - III R 78/91, BFH/NV 1993, 641).
  • Es wird überhaupt keine Erklärung abgegeben, weshalb Schätzungsbescheide erlassen werden (BFH, Urt. v. 16.09.2004 - IV R 62/02, BStBl II 2005, 75).
  • Ein Rechtsanwalt geht rechtsirrtümlich davon aus, dass die Beiträge an das Versorgungswerk bei der Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen sind (FG Köln, Urt. v. 19.12.2007 - 5 K 1194/07).
  • Ein Steuerberater lässt eine in der Anlage KAP ausdrücklich gestellte Frage unbeantwortet und prüft sie weder anhand der ihm vorliegenden Unterlagen noch durch Rückfrage beim Mandanten (FG München, Urt. v. 06.12.2006 - 10 K 390/06, Rev. (BFH: VIII R 18/08).
  • Die Eltern verletzen ihre Mitwirkungspflicht dadurch, dass sie eine von der Familienkasse angeforderte Ausbildungsbescheinigung nicht vorlegen (BFH, Urt. v. 15.07.2010 - III R 32/08).

FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13.12.2010 - 5 K 2099/09

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 01.02.11