bonsai © photocase

bonsai © photocase

Steuerberatung -

Familie und Steuern - Anhängige Verfahren für Familien

Wird vor dem Bundesfinanzhof (BFH), dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) oder dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gestritten, kann der Sachverhalt auch für Bürger, die nicht unmittelbar von dem Streitfall betroffen sind, durch ein ruhendes Verfahren offenbleiben. Für viele lohnt es sich daher, durch einen Einspruch mit Verweis auf das anhängige Verfahren auf Prozesse Dritter aufzuspringen. Geben sie dabei Gericht und Aktenzeichen an, ist keine eigene Begründung des Rechtsbehelfs erforderlich.

Der Einspruch nicht mehr ganz sooft nötig wie früher: Durch eine Änderung des § 165 AO durch das Bürokratieabbaugesetz erfolgt der Vorläufigkeitsvermerk jetzt auch in einfachgesetzlichen Fragen. Diesen Umstand hat die Verwaltung bereits vielfach genutzt (BMF-Schreiben v. 12.08.2010 - IV A 3 - S 0338/07/10010-03) und auch Verfahren für Familien und insbesondere zu Kindern sind dabei.

Die folgende Liste gibt einen Überblick über wichtige anhängige Verfahren für Familien, zu denen Bescheide nicht vorläufig ergehen. Sofern nicht gesondert vermerkt, handelt es sich um Revisionen beim BFH.

  • Dem BVerfG liegt unter 2 BvR 2064/08 eine Verfassungsbeschwerde zu der Frage vor, ob Kinderbetreuungskosten für Alleinstehende oder ganztägig berufstätige Eltern vor 2006 Werbungskosten darstellen. Der BFH sieht den erwerbsbedingten Betreuungsbedarf mit den ehemaligen Freibeträgen für Kinder ausreichend abgedeckt (Urt. v. 29.05.2008 - III R 108/07).
  • Unter X R 15/09 ist die Revision zu der Frage anhängig, ob der beschränkte Abzug von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung verfassungswidrig ist. Dies hatte das BVerfG zuvor bei den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bejaht, was bekanntlich zu den Änderungen über das Bürgerentlastungsgesetzt geführt hatte.
  • Bei den Einkünften und Bezügen von volljährigen Kindern dürfen gesetzliche und freiwillige Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Ob diese Minderung darüber hinaus auch noch für andere Aufwandspositionen gelten muss, hat der BFH in zahlreichen Revisionen zu entscheiden:
    • III R 28/09: Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung als ausbildungsbedingter Mehrbedarf
    • III R 38/08 und III R 70/08: Semestergebühren und Studentenwerksbeiträge
    • III R 73/08 und III R 23/09: Vermögenswirksame Leistung trotz Sperrfrist der Anlage als Einkommen
    • III R 21/10: Krankheitskosten und Miete am Ausbildungsort
    • III R 22/10: Ansatz von aus einer Erbschaft zugeflossenen Mitteln
    • III R 46/09: Beiträge zur Familienversicherung
  • Auch der steuerfreie Sockelbetrag des Elterngelds unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Das BVerfG prüft unter 2 BvR 2604/09, ob dies zulässig ist.
  • Nachdem das BVerfG entschieden hatte, dass eingetragene Lebenspartner bei der Erbschaftsteuer gegenüber Ehepaaren nicht benachteiligt werden dürfen, steht diese Frage hinsichtlich des Splittingtarifs bei der Einkommensteuer noch aus. Hierzu sind beim BVerfG unter 2 BvR 909/06 und unter 2 BvR 288/07 zwei Verfassungsbeschwerden anhängig.
  • Beim BVerfG ist unter 1 BvR 1432/10 eine Verfassungsbeschwerde zu der Frage anhängig, ob die bis zum Tode aufgelaufenen Zinsen als Erwerb und anschließend als Kapitaleinnahme erfasst werden dürfen. Der BFH (Urt. v. 17.02.2010 - II R 23/09) sieht darin keine Übermaßbesteuerung, so dass die latente Einkommensteuerlast keine Nachlassverbindlichkeit darstellt.
  • Zu dem Thema Absenkung der Altersgrenze ab 2007 von 27 auf 25 Jahre für die Förderung des Nachwuchses für Kindergeld und steuerliche Berücksichtigung bei den Eltern sind mehrere Revisionen (III R 24/10, III R 83/09, III R 68/09, III R 35/09, III R 17/09, III R 27/09) anhängig. Es geht um die Streifrage, ob dies als unechte Rückwirkung für alle am Tag des Gesetzesbeschlusses bereits Studierende verfassungsgemäß ist.

 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 15.09.10