Felix Jork © fotolia.de

Steuerberatung, Beraterpraxis, Steuerfachangestellte, Top News -

Investmentfonds: Voraussetzungen der Anerkennung

Wann werden Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) anerkannt? Gemäß § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG muss der objektive Geschäftszweck auf die Anlage und Verwaltung der Mittel der Anleger beschränkt sein und eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ausgeschlossen sein. Das BMF hat zu dieser Regelung nun aktuelle Auslegungshinweise veröffentlicht.

Das Investmentsteuergesetz (InvStG) befasst sich mit der Besteuerung deutscher Investmentfonds und der Anlage in deutschen und ausländischen Investmentfonds nach dem Transparenzprinzip: So unterliegen etwa ausgeschüttete Erträge im privaten Bereich der Abgeltungsteuer.

Die Neufassung des InvStG war eine Reaktion auf die letzte große Kapitalmarktkrise; sie soll den Investmentstandort Deutschland stärken und stellt nun weitergehende Anforderungen an einen Investmentfonds.

Regelungen des InvStG im Einzelnen

§ 1 InvStG definiert den Anwendungsbereich des Gesetzes und bietet die notwendigen Begriffsbestimmungen.

Das InvStG legt in § 1 Abs. 1b Nr. 3 als Merkmal eines Investmentfonds u.a. fest, dass der objektive Geschäftszweck auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anteils- oder Aktieninhaber beschränkt ist und nur bei Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung erfolgen darf.

Ein Verstoß gegen eine der folgenden Regelungen führt zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Anlagevehikel um eine Personen- oder Kapital-Investitionsgesellschaft i.S.d. §§ 18, 19 InvStG handelt. Zur Beurteilung sind stets auch die Besonderheiten der Investmentanlage mit einzubeziehen. Verwaltung und Rechtsprechung haben immer wieder versucht, insoweit Grundsätze aufzuzeigen, was zuletzt durch das BMF-Schreiben v. 04.06.2014 erfolgte. Nun gibt das  BMF weitere Abgrenzungskriterien an die Hand.

Expertise und Umfang des Investmentfonds

Die berufliche Expertise des Verwalters ist zwar immanenter Bestandteil der Vermögensverwaltung im Rahmen der Investmentanlage, aber ebenso wie der wert- und zahlenmäßige Umfang der Geschäfte eines Investmentfonds ist sie kein Indiz für eine aktive unternehmerische Tätigkeit.

OGAW beschreibt erlaubte Tätigkeiten eines Investmentfonds

Die Finanzverwaltung wird alle Tätigkeiten, die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) i.S.d. Richtlinie 2009/65/EG erlaubt sind, nicht als aktive unternehmerische Tätigkeit betrachten.

Wertpapiergeschäfte

Die Umschichtung von Wertpapieren - selbst in erheblichem Umfang - gehörte in der Regel zur privaten Vermögensverwaltung. Zur aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung wird ein An- und Verkauf von Wertpapieren erst dann, wenn diese Umschichtung im Rahmen des Hochfrequenzhandels (§ 1 Abs. 1a Nr. 4 Buchst. d KWG) zum Geschäftsfeld dieses Fonds wird.

Auch wenn die wesentliche Anlagestrategie des Fonds auf die kurzfristige Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen ausgerichtet ist, muss von einer unternehmerischen Tätigkeit ausgegangen werden. Für eine Wesentlichkeit solcher Umschichtungen kann vor allem eine erhöhte Anzahl der Transaktionen sprechen.

Beteiligungen an Portfolio-Gesellschaften

Bereits die mittelbare oder unmittelbare Beteiligung von Investmentfonds am Management von Portfolio-Gesellschaften wird zur schädlichen aktiven unternehmerischen Tätigkeit des Investmentfonds. Ein Indiz für eine aktive Bewirtschaftung liegt hier in der rechtlichen oder faktischen Weisungsbefugnis gegenüber dem Zielunternehmen, auch wenn dieses eigenständig operativ tätig wird. Eine Aufsichtsratsbeteiligung oder die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten wird jedoch nicht als Steuerungsmacht gewertet.

Immobilienbeteiligungen im Einzelnen

Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen bzw. das Halten von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften haben grundsätzlich vermögensverwaltenden Charakter, und zwar auch dann, wenn der Grundbesitz sehr umfangreich und der geschäftliche Umgang mit vielen Mietern erhebliche Verwaltungsarbeit erforderlich macht. Geringfügige Einnahmen aus bestimmten Nebentätigkeiten (jährlich unter 5 % der laufenden Einnahmen), wie z.B. aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen, sind unschädlich.

Immobilienveräußerung als mögliche Überschreitung der Vermögensverwaltung
Auf jeden Fall ist der Bereich der Vermögensverwaltung überschritten, wenn sich die Geschäftstätigkeit als Grundstückshandel darstellt.

Im Hinblick auf Veräußerung von Einzelimmobilien, an denen Baumaßnahmen durchgeführt werden, deren Aufwand als Herstellungskosten zu qualifizieren sind, ist es jedoch unschädlich wenn

  • die Immobilie nach Abschluss der Baumaßmaße noch mindestens drei Jahre behalten wird oder
  • die Immobilie vor Beginn derartiger Baumaßnahmen mindestens drei Jahre gehalten wurde oder
  • die Kosten für die Baumaßnahme innerhalb der letzten drei Jahre weniger als 15 % des Verkehrswerts betrugen.

Selbst wenn bei jeder Einzelimmobilie keine schädlichen Tätigkeiten im vorstehenden Sinne durchgeführt wurden, ist noch das Immobilienportfolio als Ganzes zu betrachten. Hier ist erst dann von keiner unternehmerischen Bewirtschaftung zu sprechen, wenn die gesamten Erlöse aus dem Verkauf von Immobilien der letzten fünf Jahre 50 % des Werts des durchschnittlichen Immobilienbestands desselben Zeitraums nicht übersteigen oder wenn die durchschnittliche Haltedauer der in den letzten fünf Jahren veräußerten Immobilien mindestens fünf Jahre beträgt.

Jedoch finden die vorstehenden Immobilientätigkeitsgrundsätze auf Immobiliengesellschaften keine Anwendung, sondern gelten nur für Direktinvestitionen anderer Gesellschaften, denn die Immobiliengesellschaften sind als solche selbst steuerpflichtig und unterliegen den aufsichtsrechtlichen Regeln der §§ 234 - 238 KAGB.

Übergangsregelung

Dieses BMF-Schreiben ist erstmals auf das Geschäftsjahr eines Investmentfonds anzuwenden, das nach der Veröffentlichung dieses Schreibens beginnt. Für die Maßgeblichkeit von Behaltenszeiträumen sind selbstverständlich auch die Zeiträume einzubeziehen, die vor der Veröffentlichung liegen. Bei der Veräußerung von Immobilien sind nur die schuldrechtlichen Vereinbarungen nach der Veröffentlichung einzubeziehen.

Praxishinweis

Wenn bei Konzeption oder Durchführung eines (neuen) Anlagevehikels die vorgenannten Grundsätze verletzt werden, liegt keine Qualifizierung als Investmentfonds vor, und der „Organismus“ wird eventuell als Personen- oder Kapital-Investitionsgesellschaft i.S.d. §§ 18, 19 InvStG behandelt. Es bleibt aber angesichts der Komplexität zweifelhaft, ob die Asset-Management-Branche oder sogar die Finanzverwaltung den Prüfungsaufwand auf sich nehmen wird oder ob alles - ungeprüft - wie bisher bleibt.

Einfacher wäre es, wenn das BMF statt dieser ausgefeilten Abgrenzungsrichtlinie mittels Verwaltungsanweisung als Fiktion klarstellen würde, dass bei OGAW bis auf Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass diese die Anlagekriterien des § 1 Abs. 1b Satz 2 InvStG erfüllen. Mit einer derartigen Konstruktion würden in Zweifelsfällen die transparenteren und überschaubaren Investmentfonds-Regelungen zur Anwendung kommen.

BMF-Schreiben v. 03.03.2015 - IV C 1 - S-1980-1/13/10007 :003

BMF-Schreiben v. 04.06.2014 - IV C 1 - S-1980-1/13/10007 :002

Quelle: RA und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann