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Kommanditgesellschaften: Besteuerungsgrundsätze bei Bürgschaftsmodellen

Die OFD Nordrhein-Westfalen hat mit einer aktuellen Verfügung die Grundsätze bei der Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kommanditgesellschaften zusammengestellt. Dabei werden die Folgen von den in der Praxis für Kommanditisten verbreiteten Bürgschaftsmodellen auf die Verlustbesteuerung gem. § 15a EStG erläutert. Als Grundlage dienen die 11 wichtigsten BFH-Entscheidungen zum Thema.

Veräußert ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto seine Beteiligung an der Kommanditgesellschaft, so hat er in der Höhe des Kapitalkontos einen Veräußerungsgewinn zu versteuern.

Derartige Gewinne sind auch dann zu versteuern, wenn die Kommanditbeteiligung infolge Betriebsaufgabe wegfällt. Grund für diese Gewinnaufdeckung ist die Ersparnis des Kommanditisten, weil er das negative Kapitalkonto bei der KG nicht mehr ausgleichen muss. Um diesen Veräußerungsverlust zu mindern, können dem negativen Kapitalkonto Sonderbetriebsausgaben des betreffenden Kommanditisten gegengerechnet werden, wodurch ein späterer Veräußerungsgewinn gemindert werden kann. In der Praxis werden hierfür Bürgschaftsmodelle der Kommanditisten kreiert.

Um derartige Bürgschaftsfälle in geordnete juristische und steuerliche Bahnen zu leiten hat nun die OFD Nordrhein-Westfalen mit Verfügung vom 07.07.2014  die 11 wichtigsten BFH-Urteile zu diesem Thema zusammengefasst und die folgenden Abgrenzungskriterien zusammengestellt:

Allgemeine Grundsätze

Wenn ein Kommanditist zur Absicherung von Verbindlichkeiten seiner KG eine Bürgschaftsverpflichtung eingeht, ist diese Bürgschaftsübernahme allein noch keine Sonderbetriebsausgabe. Zahlungen des Bürgen an den Gläubiger der Gesellschaft sind ebenfalls keine Sonderbetriebseinnahmen des Kommanditisten, sondern lediglich Kapitaleinlage. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Kommanditist durch den Gesellschaftsvertrag zu dieser Bürgschaft verpflichtet war. Ohne Bedeutung hierbei ist jedoch, ob der Bürge vom Gläubiger der Gesellschaft bereits in Anspruch genommen wurde. Sonderbetriebsausgaben entstehen aber erst mit dem Ausfall bzw. Wertloswerden dieses Regressrechts des Bürgen, z.B. bei Beendigung der Gesellschaft bzw. vorzeitiger Betriebsaufgabe.

Weiterhin hat die OFD nun unter Berufung auf den Großen BFH-Senat festgelegt, dass dem Kommanditisten Verluste nur dann zugerechnet werden können, wenn feststeht,  dass ein bei der KG entstandener Verlust künftig nicht mehr durch zu erwartende Gewinnanteile ausgeglichen werden kann, selbst dann nicht, wenn der Kommanditist sich für die Erfüllung von Verbindlichkeiten verbürgt hatte. Steht in einem Fall die Unmöglichkeit des künftigen Ausgleichs durch Gewinn fest, dann ist der Kommanditist „frei“ und das negative Kapitalkonto bringt – mangels fortbestehender Ausgleichspflicht – dem Kommanditisten einen laufenden nicht begünstigten Gewinn.

Vorzeitige Nachversteuerung

Sollte jedoch eine vorzeitige Nachversteuerungspflicht nach § 15a Abs. 3 EStG – entweder durch Einlagen- oder durch Haftungsminderung – vorliegen, dann ist dieser Veräußerungsgewinn im Falle der Beteiligungsveräußerung oder Auflösung der Gesellschaft im gleichen Veranlagungszeitraum nach §§ 16, 34 EStG begünstigt, auch wenn der Kommanditist sein negatives Kapitalkonto nicht ausgleichen muss.  Diese Vergünstigung gilt auch dann für das Jahr der Veräußerung oder Betriebsauflösung, wenn eine Nachversteuerung bisher zu Unrecht unterblieben ist.

Ein Bürge, der sich ohne Vertragspflicht aus der Satzung einem Gläubiger gegenüber verbürgt, erhält durch Bezahlung der Forderung einen als Sonderbetriebsvermögen zu bilanzierenden Regressanspruch, der sich aber erst bei Beendigung der Gesellschaft gewinnmindernd auswirkt. Drohende Bürgschaftsinanspruchnahmen wirken sich aber nicht auf die Berechnung einer  vorzeitigen Nachversteuerung gemäß § 15a Abs. 3 EStG aus.

Wegfall des negativen Kapitalkontos

Der Wegfall des negativen Kapitalkontos – etwa bei Beteiligungsverkauf oder Betriebsaufgabe – führt immer zu einem Veräußerungsgewinn, und zwar unabhängig davon, ob der Kommanditist auch weiterhin aufgrund einer eingegangenen Bürgschaftserklärung nach außen haftet. Erst durch die Bezahlung der fremden Schuld bzw. durch Bedrohung mit einem derartigen Bürgschaftseintritt, ohne dass die KG einen adäquaten Ersatz leisten könnte, wird der Regressanspruch im Sonderbetriebsvermögen wertlos und kann hier abgeschrieben werden. Diese Wertberichtigung der Regressforderung im Sonderbetriebsvermögen führt zu Sonderbetriebsausgaben und mindert den durch Beteiligungsverkauf bzw. Betriebsaufgabe eines negativen Kapitalkontos entstandenen Veräußerungsgewinn.

Verstärkte Kontrolle

Die Finanzbehörden werden außerdem mit dieser  Verfügung zur verstärkten Aufmerksamkeit angewiesen,  wenn Kommanditisten Bürgschaftsverpflichtungen für Gläubiger ihrer KG eingegangen sind; es soll überwacht werden, ob tatsächlich eine Inanspruchnahme des Bürgen erfolgt und ob ggfs. Rückgriffansprüche realisiert werden können.

Praxishinweis

Gerade bei Betrieben mit beschränkter Haftung - z.B. GmbH & Co. KG - werden die Gläubiger der Kommanditgesellschaft oft an den Kommanditisten herantreten und ihn zur Abgabe einer Bürgschaftserklärung auffordern. Dann stellt sich die Frage, wie und wann sich die Risikobereitschaft des Kommanditisten steuerlich auswirkt. Wie sich hier gezeigt hat, sind die Auswirkungen im VZ des Verkaufs am Effektivsten, was aber auch bei der Form der Beendigung der Beteiligung und/oder Gesellschaft nach beiden Richtungen hin bedacht werden sollte.

OFD Nordrhein-Westfalen v. 07.07.2014 - S 2241/0015 - St 113

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann