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Kunstgegenstände: Neue Grundsätze bei der Umsatzsteuer

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) hat sich auch die steuerliche Praxis bei den Umsätzen mit Kunstgegenständen bzw. Sammlungsstücken geändert. Mit Schreiben vom 18.12.2014 stellt das BMF jetzt hierzu die Anwendungsgrundsätze der Finanzverwaltung vor und ändert den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE). Die Regelungen müssen auf Umsätze ab 2014 angewendet werden.

Es ist inzwischen beinahe zur Regel geworden, dass wichtige Steuergesetze in unspektakulären Gesetzen geändert werden. So auch diesmal: Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 wurde das UStG hinsichtlich der Anwendung der ermäßigten Steuersätze für Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken geändert. Die Änderungen sind bereits am 01.01.2014 in Kraft getreten, aber erst mit Schreiben vom 18.12.2014 weist das BMF darauf hin.

Die rechtliche Regelung

Die Umsatzbesteuerung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken mit dem ermäßigten Steuersatz bestimmt sich bei Umsätzen nach dem 31.12.2013 ausschließlich nach den in § 12 Abs. 2 UStG neu eingefügten Nummern 12 und 13. Dadurch wird das UStG insoweit an die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 103 MwStSystRL angepasst.

Für Kunstgegenstände gelten nach wie vor die Voraussetzungen aus Nummer 53 der Anlage 2 zum UStG: Es muss sich um Gemälde und Zeichnungen handeln, die vollständig mit der Hand geschaffen wurden, sowie um Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke, Originalstiche, -schnitte und Steindrucke, Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst aus Stoffen aller Art. Sammlungsstücke müssen die Voraussetzungen der Nummern 49f sowie 54 der Anlage 2 zum UStG erfüllen.

Vermietung

Die Umsatzsteuerermäßigung für die Vermietung der vorgenannten Gegenstände wurde mit Wirkung vom 01.01.2014 aufgehoben, weil die bisherige Reglung des § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG  insbesondere durch die Ausweitung auf den gewerblichen Kunsthandel gegen Art. 103 MwStSystRL verstoßen hatte.

Lieferung, innergemeinschaftlicher Erwerb und Einfuhr

Im Einzelnen sind somit künftig die Lieferung und der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen des § 12 Abs. 2 Nr. 12 und Nr. 13 UStG begünstigt, wenn auch die gesetzlichen Einschränkungen des § 12 Abs. 2 Nr. 13a und Nr. 13b UStG eingehalten wurden. Bei der Einfuhr von Kunstgegenständen gelten nicht die Beschränkungen des § 12 Abs. 2 Nr. 13a und Nr. 13b UStG, z.B. muss der liefernde Unternehmer nicht unbedingt der Urheber oder dessen Rechtsnachfolger sein.

Lieferungen durch andere Personen

Wird der Gegenstand von einem anderen Unternehmer als dem Urheber/dessen Rechtsnachfolger geliefert, kommt die Umsatzsteuerermäßigung nur dann zur Anwendung, wenn die Lieferung von einem Unternehmer bewirkt wird, der kein Wiederverkäufer ist und u.a. den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt hat.

Für die Praxis bedeutet dies, dass der Verkauf eines Kunstgegenstands nicht mehr sowohl auf dem Primärmarkt (= Verkauf von „atelierfrischer“ Kunst eines Künstlers)  als auch auf dem Sekundärmarkt (= An- und Verkauf bereits einmal verkaufter Kunstwerke) ab 2014 nicht mehr einheitlich mit dem ermäßigten Steuersatz belastet ist. Nur noch für die „erste“ Lieferung - also die vom Künstler an die Galerie - gilt künftig der ermäßigte Steuersatz.

Für jede weitere Lieferung von der Galerie an den Käufer des Kunstgegenstands usw. gilt also ab 2014 der Regelsteuersatz. Der Käufer wiederum ist meist nicht vorsteuerabzugsberechtigt, deshalb führt diese Gesetzesänderung für den „Endnutzer“ zu einer erheblichen Verteuerung. Die Definition des Wiederverkäufers bestimmt sich nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG.

Umsätze von Sammlungsstücken

Die Umsatzsteuerermäßigung für Sammlungsgegenstände ist auf die Einfuhr von Gegenständen beschränkt, die in den Nummern 49f und 54 der Anlage 2 zum UStG aufgeführt sind. Dagegen unterliegen Lieferungen im Inland und innergemeinschaftliche Erwerbe von Sammlungsstücken dem allgemeinen Umsatzsteuersatz.

Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Lieferungen von Kunstgegenständen

Der Wiederverkäufer hat dies gegenüber dem Finanzamt (Frist!) zu erklären, wenn er die Differenzbesteuerung für selbst importierte  Kunstgegenständen nach Nummer 53 wählt. Dies ist auch bei solchen Kunstgegenständen möglich, wenn die Lieferung an ihn steuerpflichtig war und nicht von einem Wiederverkäufer ausgeführt wurde.

Pauschalmarge

Die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung ist grundsätzlich der Betrag, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt (§ 25a Abs. 3 Satz 1 UStG). Ist jedoch im Fall von Umsätzen nach dem 31.12.2013 der Einkaufspreis des Kunstgegenstands nicht mehr zu ermitteln bzw. der Einkaufspreis unbedeutend, werden  30 % des Verkaufspreises als Bemessungsgrundlage (80 % Pauschalmarge) angesetzt.

Umsatzsteueranwendungserlass

Außerdem wird der UStAE infolge der Gesetzesänderungen insbesondere in den Abschnitten 12.1, 15a.2 Abs. 2 und 25a  ergänzt. Ein Teil dieser Abschnitte ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.

Praxishinweis

Der Kunsthandel wird gerade im Bereich der Vermietungen seine Preise neu kalkulieren müssen. Entweder wird er die Verkaufspreise für die Kunstgegenstände erhöhen oder aber er muss bis zu 10-prozentige Netto-Einbußen hinnehmen. Deshalb werden viele kleinere auf dem sog. Primärmarkt des Kunsthandels tätige deutsche Galerien zu ihrer eigenen Existenzsicherung wohl gezwungen sein, die nunmehr auch für diesen Handelsbereich zulässige Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 UStG anzuwenden. Bei Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 UStG ist aber auch zu beachten, dass es für den Erwerb dieser Gegenstände keinen Vorsteuerabzug gibt.

BMF-Schreiben v. 18.12.2014 - IV D 2 - S - 7246/14/100001

Quelle: Rechtsanwalt und Diplom-Finanzwirt Horst Schirrmann