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Steuerberatung -

Neue Lohnsteuer-Richtlinien für 2011: Viele Änderungen fürs Lohnbüro

Der Bundesrat hat am 05.11.2011 die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2011 beschlossen: Ihrer Einführung steht nichts mehr im Wege. Die Richtlinien gelten grundsätzlich für Lohnzahlungszeiträume ab 2011 und für frühere Zeiträume, soweit sie geänderte Vorschriften des EStG betreffen, die vor 2011 anzuwenden sind. Um eine einheitliche Rechtsanwendung durch die Finanzbehörden zu gewährleisten, enthalten sie Erläuterungen der Rechtslage, Weisungen zur Auslegung des EStG sowie zur Vermeidung unbilliger Härten und zur Verwaltungsvereinfachung. Nachfolgend finden Sie die 15 wichtigsten Änderungen für die Praxis, die für Betriebe und Belegschaft von Bedeutung sind.

  1. Reisekostenvergütungen: Der Begriff der Reisekostenvergütung in § 3 Nr. 13 und Nr. 16 EStG ist einheitlich auszulegen. Hiervon ausgehend wird in R 3.13 und 3.16 LStR geregelt, dass die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 13 und Nr. 16 EStG sowohl Geld als auch Sachbezüge umfasst. Diese Klarstellung gilt auch für Kalenderjahre vor 2011.
  2. Auswärtstätigkeit: Werden Mahlzeiten zur üblichen Beköstigung von Arbeitnehmern während einer Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung hin von einem Dritten abgegeben, räumt die Finanzverwaltung ein Wahlrecht ein: Es kann zwischen dem Ansatz der amtlichen Sachbezugswerte oder den tatsächlichen Werten gewählt werden. Bei Ansatz des maßgebenden amtlichen Sachbezugswerts lehnt sie aber die Steuerbefreiung des geldwerten Vorteils ab (R 3.13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz, R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 Satz 4 LStR). Dies gilt auch für Kalenderjahre vor 2011.
  3. Firmenwagen: Setzt der Arbeitgeber den privaten Nutzungswert mit den Aufwendungen, die für das Kfz entstehen, durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch an, dürfen bei der Ermittlung der Gesamtkosten nur die vom Arbeitgeber getragenen Kosten angesetzt werden (R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 8 LStR). Soweit der Arbeitnehmer laufende Aufwendungen übernimmt, bleiben diese bei der Fahrtenbuch-Methode außer Ansatz.
  4. Fahrtenbuch: Zu den Gesamtkosten eines überlassenen Wagens gehören nur Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kfz dienen und typischerweise im Zusammenhang mit seiner Nutzung anfallen. Nicht hierzu gehören z.B. Beiträge für einen auf den Namen des Arbeitnehmers ausgestellten Schutzbrief, Straßen- oder Tunnelbenutzungsgebühren.
  5. Unfallkosten: Sie bleiben ab 2011 außer Ansatz und erfahren eine gesonderte Betrachtung. Damit müssen Unfallkosten auf einer Privatfahrt, die vom Arbeitgeber getragen werden, in voller Höhe als zusätzlicher geldwerter Vorteil aus der Firmenwagenüberlassung erfasst werden. Für Reparaturkosten bis zu 1.000 € inklusive Umsatzsteuer gibt es eine neue Vereinfachungsregelung (R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 12 LStR). Hiernach dürfen diese Beträge weiterhin in die Gesamtkosten des Kfz einbezogen werden, so dass sie den Kilometersatz des Fahrzeugs für die Berechnung des geldwerten Vorteils unabhängig davon erhöhen, ob sich der Unfall auf einer Dienst- oder Privatfahrt ereignet.
  6. Schadensersatz: Verzichtet der Arbeitgeber auf Schadensersatz bei Unfallkosten (z.B. im Falle von Privatfahrten, Trunkenheitsfahrten), liegt insoweit ein gesonderter geldwerter Vorteil vor. Besteht keine Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers (z.B. aufgrund von höherer Gewalt, beruflich veranlasster Auswärtstätigkeit oder Fahrt zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte), liegt kein geldwerter Vorteil vor.
  7. Werbungskosten: Wird ein Firmenwagen auch von einer anderen Person als dem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt, können beide die Entfernungspauschale geltend machen (R 9.10 Abs. 2 LStR).
  8. Mahlzeiten: Der reisende Mitarbeiter kann – infolge der Auswirkungen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für kurzfristige Beherbergungsleistungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ab 2010 – eine Übernachtung mit Frühstück, Mittag- und Abendessen auch selbst buchen, während der Arbeitgeber die Lohnversteuerung durch Sachbezugswerte vornehmen kann. Durch die Neuregelung kann auch der Sachbezugswert von 2,80 € (2011: 2,83 €) je Mittag- oder Abendessen berücksichtigt werden, sofern die Aufwendungen vom Arbeitgeber dienst- oder arbeitsrechtlich ersetzt werden und die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist. Nicht mehr notwendig ist eine Vorabbuchung. Der Arbeitnehmer darf die Rechnung bezahlen und sich dann erstatten lassen. Unerheblich ist dabei, wie die einzelnen Kosten der Mahlzeiten in der Hotelrechnung bescheinigt und ob sie separat ausgewiesenen sind.
  9. Fortbildung: Berufliche Fort- und Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers führen nicht zu Arbeitslohn, sofern die Maßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Dies gilt auch bei Bildungsmaßnahmen fremder Unternehmer, die auf Rechnung des Arbeitgebers erbracht werden. Nach R 19.7 Abs. 1 Satz 4 LStR kommt es nicht mehr auf den Rechnungsempfänger an. Ist der Arbeitnehmer Rechnungsempfänger, steht dies dem ganz überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber vor Vertragsschluss schriftlich zugesagt hat, die Aufwendungen allgemein oder für die besondere Bildungsmaßnahme zu übernehmen bzw. zu ersetzen.
  10. Kundeneinsatz: Regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Mitarbeiters. Betriebliche Einrichtungen von Kunden des Arbeitgebers sind nach den LStR 2011 unabhängig von der Dauer der dortigen Tätigkeit dann keine regelmäßigen Arbeitsstätten, wenn die Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses zu ihrem Arbeitgeber mit wechselnden Tätigkeitsstätten rechnen müssen.
  11. Kindergarten: Für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 33 EStG ist Voraussetzung, dass der Zuschuss für die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Unschädlich ist jedoch aufgrund der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach R 3.33 Abs. 5 LStR eine Zahlung durch Anrechnung auf freiwillige Sonderzahlungen, wie etwa das Weihnachtsgeld (BFH, Urt. v. 01.10.2009 - VI R 41/07).
  12. Doppelte Haushaltsführung: Die Anweisungen in R 9.11 LStR werden an die BFH-Rechtsprechung zu den Wegverlegungsfällen angepasst (BFH, Urt. v. 05.03.2009 - VI R 23/07, BStBl II, 1016 und VI R 58/06, BStBl II, 1012). So kann ein Arbeitnehmer seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegen und am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründen. Dabei beginnt allerdings keine neue Dreimonatsfrist für die Verpflegungspauschale und die Umzugskosten für das neue Zweitdomizil sind privat veranlasst.
  13. Vermögensbeteiligung: Die Anweisungen zu § 19a EStG wurden komplett gestrichen, da seit 2009 für die Überlassung von Vermögensbeteiligungen § 3 Nr. 39 EStG gilt. Für Übergangsregelungen gilt R 19a LStR in der Fassung für 2008 fort.
  14. Lohnsteuerkarte: Negative Einkünfte aus Kapitalvermögen werden als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte nur noch in den Ausnahmefällen berücksichtigt, in denen sie mit anderen Einkunftsarten verrechenbar bleiben.
  15. ELStAM: Im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale werden die Richtlinienabschnitte zum Ausstellungsverfahren der Lohnsteuerkarte gestrichen. Die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte (Elster-Lohn II) wird jedoch erst für Lohnzahlungszeiträume ab 2012 möglich sein. Deshalb gilt die Lohnsteuerkarte 2010 mit den eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmalen auch für den Lohnsteuerabzug ab Januar 2011. Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte 2010 nach Ablauf des Jahres nicht vernichten darf. Er muss sie während des fortbestehenden Dienstverhältnisses beim Lohnkonto aufbewahren bzw. bei Beendigung der Beschäftigung an den Arbeitnehmer herausgeben.

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 09.11.10