Falko Matte © fotolia.de

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Steuerberatung -

Neues vom BMF zur Abzugsfähigkeit und Besteuerung von Versicherungsbeiträgen

Das BMF hat auf knapp 100 Seiten sein Schreiben vom September 2010 zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Sonderausgaben und Renten aktualisiert und damit an verschiedene Gesetzesänderungen angepasst. Neuerungen gibt es v.a. bei den als Sonderausgaben abzugsfähigen Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungsbeiträgen.

Nachfolgend werden die wichtigsten Eckpunkte für die steuerliche Beratungspraxis zusammengestellt.

Beitragsvorauszahlungen:

Das EStG begrenzt ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2011 die innerhalb eines VZ als Sonderausgaben abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die Einhaltung der Regelung wird durch die Finanzverwaltung überprüft. Für Beitragsvorauszahlungen sind auch Einschränkungen des Abflussprinzips enthalten. Ausgenommen sind Basiskranken- und gesetzliche Pflegeversicherungsbeiträge, wenn sie der unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahres dienen. Für die Beiträge zur Pflegeversicherung und für die Beiträge zur Krankenversicherung sind jeweils getrennte Berechnungen durchzuführen.

Ermittlung der Vergleichsgrößen:

Für die zeitliche Zuordnung der Beiträge sind zwei Vergleichsgrößen zu bilden:

  1. das Zweieinhalbfache der auf den VZ entfallenden Beiträge (zulässiges Vorauszahlungsvolumen) und
  2. die Summe der für nach Ablauf des VZ beginnende Beitragsjahre geleisteten Beiträge (Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen).

Dabei ist für die Ermittlung des zulässigen Vorauszahlungsvolumens und die Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen auf die Verhältnisse des Versicherungsnehmers abzustellen.

Ermittlung des zulässigen Vorauszahlungsvolumens:

Es sind jeweils gesondert die für den VZ vertraglich geschuldeten Beiträge zur Basiskrankenversicherung bzw. zur gesetzlichen Pflegeversicherung festzuhalten. Auf die tatsächlich gezahlten Beiträge kommt es nicht an. Das Ergebnis ist jeweils mit 2,5 zu multiplizieren.

  • Wird das Versicherungsunternehmen im Laufe eines VZ gewechselt, sind die Beiträge sämtlicher Versicherungsunternehmen einzubeziehen.
  • Sind keine eigenen Beiträge geschuldet, weil z.B. ein Kind zuvor in einer Familienversicherung mitversichert war und dessen Versicherungsverhältnis erst nach Ablauf des VZ beginnt, beträgt das zulässige Vorauszahlungsvolumen des Kindes 0 €.
  • Dagegen erhöht der von den Eltern letztmalig für das Kind geleistete Beitrag deren zulässiges Vorauszahlungsvolumen, obwohl die Beitragsverpflichtung im Folge-VZ nicht mehr besteht.
  • Steuerfreie Zuschüsse und Beitragserstattungen bleiben bei der Ermittlung des Zweieinhalbfachen der für den VZ vertraglich geschuldeten Beiträge außer Betracht.
  • Auch die in einem späteren VZ zufließenden Beitragserstattungen oder die dann gewährten steuerfreien Zuschüsse ändern nicht das zulässige Vorauszahlungsvolumen.

Nicht in die Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen einzubeziehen sind allerdings jene im VZ abgeflossenen Beiträge, die gesetzlich erst im folgenden VZ anzusetzen sind (§ 11 Abs. 2 S. 2 EStG). Diese sind in keinem VZ Beitragsvorauszahlungen.

Das EStG schränkt die Anwendung des für Vorsorgeaufwendungen geltenden Abflussprinzips insoweit ein, als die betreffenden Beiträge abweichend vom Jahr der Zahlung in dem VZ anzusetzen sind, für den sie geleistet wurden. Wird bei der Vorauszahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für mehrere Zeiträume das zulässige Vorauszahlungsvolumen nicht überschritten, ist grundsätzlich kein Raum für die Anwendung der Sonderregel.

  • Findet die Sonderregel Anwendung, ist der das zulässige Vorauszahlungsvolumen nicht übersteigende Teil der Beitragsvorauszahlungen im VZ des Abflusses abziehbar.
  • Der verbleibende, das zulässige Vorauszahlungsvolumen übersteigende Teil der Summe der im Veranlagungszeitraum geleisteten Beitragsvorauszahlungen ist den Zeiträumen, für die die Beitragsvorauszahlungen geleistet wurden, gemäß ihrer zeitlichen Abfolge zuzuordnen und in dem betreffenden VZ anzusetzen.

Vom zulässigen Vorauszahlungsvolumen sind dabei die Beiträge für jene VZ gedeckt, die dem Kalenderjahr der Zahlung zeitlich am nächsten liegen.

Beispiel: Der für 2011 zu leistende Beitrag beträgt 1.000 €. Der Steuerpflichtige leistet am 10.12.2011 für die Jahre 2012 bis 2015 jeweils 1.000 € im Voraus.

Lösung: Das zulässige Vorauszahlungsvolumen für 2011 ist mit 2,5 x 1.000 € = 2.500 € zu bemessen. Die geleisteten Beitragsvorauszahlungen betragen in der Summe 4 x 1.000 € = 4.000 €. Die Vorauszahlungen sind also aufzuteilen und den kommenden VZ chronologisch zuzuordnen.

  • Der in 2011 absetzbare Teil der Vorauszahlungen in Höhe von 2.500 € ist den Jahren 2012, 2013 und zur Hälfte 2014 zuzuordnen.
  • Der verbleibende Betrag i.H.v. 1.500 € ist mit 500 € in 2014 und mit 1.000 € in 2015 anzusetzen.

Regelmäßig wiederkehrende Zahlungen:

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres abgeflossen und fällig geworden sind, werden dem Kalenderjahr zugeordnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Für im Voraus entrichtete Beiträge bedeutet „kurze Zeit", dass die Zahlung innerhalb des Zeitraums vom 22.12. bis zum 31.12. vorgenommen wird und die Beiträge entsprechend der vertraglichen Vereinbarung innerhalb des Zeitraums vom 22. Dezember bis 10. Januar fällig werden.

Dies gilt auch für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die kumuliert für mehrere Monate oder Jahre in einer Zahlung geleistet werden. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird der für das folgende Jahr geleistete Beitrag steuerlich im Folgejahr erfasst.

Beispiel: Am 28.12.2011 leistet der Steuerpflichtige die Beiträge für die Jahre 2012 und 2013 in einer Zahlung im Voraus. Der regelmäßig zum Jahresende des Vorjahres gezahlte Jahresbeitrag ist für das Jahr 2012 am 01.01.2012 fällig. Insgesamt überschreitet die Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen nicht das Zweieinhalbfache der auf den VZ entfallenden Beiträge.

Lösung: Der in 2011 geleistete Beitrag für das Beitragsjahr 2013 ist im Jahr 2011 anzusetzen. Der Beitrag für das Beitragsjahr 2012 ist abweichend vom Zahlungsjahr 2011 im Jahr 2012 zu berücksichtigen. Die in einem Zahlungsvorgang geleisteten Beitragsvorauszahlungen werden also aufgeteilt.

Abwandlung: Am 28. Dezember 2011 leistet der Steuerpflichtige die Beiträge für die Jahre 2012 bis 2015 in einer Zahlung im Voraus. Der regelmäßig zum Jahresende des Vorjahres gezahlte Beitrag ist für das Jahr 2012 am 01.01.2012 fällig. Wie im vorherigen Beispiel beträgt der für das Kalenderjahr 2011 zu leistende Beitrag 1.000 €. Die Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen (3.000 € für die Jahre 2013 bis 2015) überschreitet das zulässige Vorauszahlungsvolumen von 2.500 € um 500 €.

Lösung: Die Vorauszahlungen sind aufzuteilen und den kommenden VZ chronologisch zuzuordnen.

  • Für den zum Jahreswechsel geleisteten Beitrag für 2012 findet die Sonderregel Anwendung. Dieser Beitrag ist im VZ 2012 zu berücksichtigen.
  • Bis zur Höhe des zulässigen Vorauszahlungsvolumens i.H.v. 2.500 € sind der Beitrag für 2013, 2014 und ein Betrag i.H.v. 500 € für das Kalenderjahr 2015 in 2011 anzusetzen.
  • Der das zulässige Vorauszahlungsvolumen überschreitende Betrag von 500 € ist im VZ 2015 anzusetzen.

Abwandlung: Der Steuerpflichtige leistet regelmäßig zum Monatsende den für den Folgemonat geschuldeten Beitrag. Am 28.12.2011 leistet er die Beiträge für die Jahre 2012 bis 2017 im Voraus. Der jährlich zu leistende Beitrag beträgt in allen fraglichen Kalenderjahren 1.200 €.

Lösung: Die Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen (Februar bis Dezember 2012: 1.100 € + 2013 bis 2017: 6.000 € = 7.100 €) überschreitet das zulässige Vorauszahlungsvolumen von 3.000 € (= 2,5 x 1.200 €) um 4.100 €.

  • Der Beitrag für Januar 2012 ist abweichend vom Zahlungsjahr 2011 im Jahr 2012 zu berücksichtigen.
  • Bis zur Höhe des zulässigen Vorauszahlungsvolumens i.H.v. 3.000 € können die Beiträge für Februar 2012 bis Juli 2014 (1.100 € für 2012, 1.200 € für 2013, 700 € für 2014) in 2011 als Sonderausgaben angesetzt werden.
  • Der das zulässige Vorauszahlungsvolumen überschreitende Betrag i.H.v. 4.100 € ist aufzuteilen und gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 EStG im jeweiligen Kalenderjahr, für das er gezahlt wurde (2014 bis 2017), zum Abzug zu bringen. In 2014 sind daher 500 €, in 2015 bis 2017 jeweils 1.200 € als Sonderausgaben anzusetzen.

Praxishinweis

Die erforderlichen Beitragsdaten werden bei Vorliegen der Einwilligung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung unter Angabe der steuerlichen Identifikationsnummer und der Vertragsdaten an die zentrale Stelle übermittelt.

Es ist keine Datenübermittlung durch die übermittelnden Stellen vorzunehmen, wenn die Daten bereits mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung oder der Rentenbezugsmitteilung übermittelt werden. Wurden die auf eine Rente entfallenden Beiträge bereits mit einer elektronischen Lohnsteuerbescheinigung übermittelt, sind diese nicht in die Rentenbezugsmitteilung aufzunehmen.

Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug ist, dass der Versicherungsnehmer gegenüber der übermittelnden Stelle in die Übermittlung der erforderlichen Daten schriftlich einwilligt bzw. nicht widersprochen hat. Die Einwilligung in die Übermittlung der Beiträge umfasst auch Beitragsrückerstattungen.

BMF, Schreiben v. 19.08.2013 - IV C 3 - S 2221/12/10010:004/IV C 5 - S 2345/08/0001
BMF, Schreiben v. 13.09.2010 - IV C 3 - S 2222/09/10041/IV C 5 - S 2345/08/0001, BStBl 2010 I 681

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 03.09.13