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Reisekostenrecht: Neues vom BFH zu Verpflegungsmehraufwendungen

Der BFH hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass bei sog. „Einsatzwechseltätigkeiten“ die Dreimonatsfrist für Verpflegungsmehraufwendungen (§ 4 Abs. 5 a.F. bzw. § 9 Abs. 4a EStG n.F.) nicht angewendet wird. Arbeitnehmer, die an regelmäßig wechselnden Orten tätig sind, können daher - auch wenn sie wiederholt dieselbe Unterkunft nutzen - Mehraufwendungen zeitlich unbeschränkt geltend machen.

Streitig war die Höhe des Abzugs von Kosten der doppelten Haushaltsführung. Ein Steuerpflichtiger ist als Außendienstmitarbeiter an verschiedenen Orten beschäftigt. Der Firmensitz seines Arbeitgebers und sein Wohnort befinden sich in unterschiedlichen Orten. Den Firmensitz sucht der Steuerpflichtige nur gelegentlich auf, während er an ständig wechselnden Arbeitsstätten in seinem Vertriebsbezirk arbeitet, die er wochentags von einem bestimmten Ort aus „sternförmig“ anfährt. In diesem Ort bewohnt er immer das gleiche Pensionszimmer.

Daher ist er der Ansicht, dass seine Verpflegungsmehraufwendungen zeitlich unbegrenzt und nicht nur für drei Monate anerkannt werden müssen. Das zuständige Finanzamt lehnte dies ab, weil bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen lediglich für die ersten drei Monate möglich sei (sog. Dreimonatsfrist; § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG a.F. bzw. § 9 Abs. 4a Satz 6 EStG n.F.).

Entscheidung des BFH

Die Höhe der Verpflegungsmehraufwendungen ist bei einer Auswärtstätigkeit i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG a.F., also bei ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, von der Abwesenheitsdauer des Arbeitnehmers von seiner Wohnung am Ort seines Lebensmittelpunkts abhängig. An dieser Regel ändert sich nichts, wenn der Arbeitnehmer immer in derselben auswärtigen Unterkunft übernachtet.

Begründung des BFH

Die (gestaffelten) Pauschbeträge sowie die Dreimonatsfrist kommen für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung zur Anwendung. Jedoch führt der häufige Aufenthalt in derselben Unterkunft an einem Beschäftigungsort, der nicht den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte erfüllt, nicht zur doppelten Haushaltsführung i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG.

Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Auswärtstätigkeit vor, bei der der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen möglich ist. Denn der Außendienstmitarbeiter ist nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte und auch nicht an einem Tätigkeitsmittelpunkt, sondern an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig. Folglich kommt für den BFH der sog. Dreimonatszeitraum nicht zur Anwendung.

Nach Ansicht des BFH sind die jeweiligen Abwesenheitszeiten des Außendienstmitarbeiters von dem Pensionszimmer nicht maßgebend. Entscheidend ist hingegen die Abwesenheit von seiner Wohnung, wie sich eindeutig aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 Halbs. 2 EStG a.F. ergibt. Diese Wohnung befindet sich am Wohnort des Außendienstmitarbeiters, weil die Unterkunft in der Pension keine Wohnung i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG a.F. darstellt.

Wirkung des Urteils

Das Urteil ist zwar noch zum Reisekostenrecht ergangen, das bis einschließlich 31.12.2013 galt; aber die vom BFH aufgestellten Grundsätze gelten gleichwohl auch für Reisekosten ab dem 01.01.2014. Denn die Rechtslage hat sich insoweit nicht geändert: Die Regelungen sind inhaltlich identisch geblieben, lediglich die Paragrafen haben sich geändert: Bis zum 31.12.2013 regelte diese Frage § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG, worauf § 9 EStG verwies. Ab dem 01.01.2014 ergibt sich dies unmittelbar aus § 9 Abs. 4a EStG, auf den nun § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG verweist.

Praxishinweis

Im Ergebnis können sich Außendienstmitarbeiter bei einem Einsatz an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten freuen. Denn der BFH hat mit dieser Entscheidung erneut festgestellt, dass für den pauschalen Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen nicht die konkrete Verpflegungssituation und auch nicht die Entstehung von tatsächlichem Verpflegungsmehraufwand ausschlaggebend sind. Entscheidend ist allein die Abwesenheitsdauer von der Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts.

Suchen sich also Außendienstmitarbeiter aus beruflichen Gründen bei ständig wechselnden Einsatzorten eine ständige Unterkunft an einem anderen Ort als dem Ort ihres Lebensmittelpunkts, ist ein Abzug der pauschalen Sätze für Verpflegungsmehraufwendungen auch für einen Zeitraum von über drei Monaten möglich, und zwar unabhängig davon, ob überhaupt Kosten angefallen sind. Dies setzt allerdings voraus, dass

  • die gewählte ständige Unterkunft nicht den Begriff der Wohnung i.S.d. § 4 Abs. 5 EStG a.F. bzw. § 9 Abs. 4a EStG n.F. erfüllt und
  • der Ort der gewählten Unterkunft nicht mit dem der regelmäßigen Arbeitsstätte/mit dem regelmäßigen Tätigkeitsort bzw. künftig dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte identisch ist.

An diesem Punkt wirkt sich auch die Neuregelung des Reisekostenrechts nicht aus. Denn eine erste Tätigkeitsstätte liegt bei einer Einsatzwechseltätigkeit ebenso wenig vor wie bisher eine regelmäßige Arbeitsstätte. Allerdings könnte der Arbeitgeber dem Außendienstmitarbeiter vertraglich eine solche Tätigkeitsstätte zuweisen, z.B. an seinem Firmensitz. Sinnvoll wäre dies jedoch weder für den Arbeitnehmer noch für den Arbeitgeber.

Mangels erster Tätigkeitsstätte wirken sich für den Außendienstmitarbeiter im Vergleich zur alten Rechtslage die Neuregelungen bei den Verpflegungsmehraufwendungen aus: Für Reisekosten können dann entweder 12 € bei einer Auswärtstätigkeit von mehr als acht Stunden bzw. 24 € bei Abwesenheit am ganzen Tag steuerfrei ersetzt werden, wobei für den An- und Abreisetag immer jeweils 12 € maximal steuerfrei gezahlt werden.

Ferner können diese Pauschalen bei einer Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte maximal für drei Monate steuerfrei ersetzt werden. Dies gilt aber, wie die Entscheidung des BFH zeigt, gerade nicht, wenn eine Einsatzwechseltätigkeit und damit keine Tätigkeitsstätte vorliegt. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher unter Hinweis auf diese Entscheidung den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen auch über drei Monate hinaus beantragen.

Der BFH hat insoweit eindeutig im Sinne der Steuerpflichtigen entschieden. Abzuwarten bleibt allerdings, wie die Finanzverwaltung darauf reagieren wird, da diese Entscheidung wohl erhebliche Steuermindereinnahmen nach sich ziehen könnte. In jedem Fall ist die Klarheit der Entscheidung zu begrüßen.

BFH, Urt. v. 08.10.2014 - VI R 95/13
BFH, Urt. v. 11.05.2005 - VI R 7/02, BStBl 2005 II 782

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz