Eine Entschädigung bzw. Abfindung kann auch dann ermäßigt besteuert werden, wenn sie in zwei Veranlagungszeiträumen gezahlt wird. Allerdings muss dafür zunächst ein geringfügiger Teilbetrag ausgezahlt werden - während der Begünstigte die ganz überwiegende Entschädigungssumme in einem Betrag erhalten muss. Der BFH hat jetzt nochmals die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung benannt.
Der streitige Sachverhalt
Einer Steuerpflichtigen wurde aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Für den Verlust ihres Arbeitsplatzes bot ihr der Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von rd. 41.500 € an, die er beim Ausscheiden auszahlen sollte und um weitere rd. 6.000 € (also 14,5 %) erhöhte, wenn die gekündigte Arbeitnehmerin für längstens 12 Monate in eine Transfergesellschaft wechselte. Der Teilbetrag von 6.000 € wurde im VZ vor ihrem Ausscheiden ausgezahlt. Die Steuerpflichtige begehrte für beide Zahlungen die steuerliche Begünstigung nach § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG, die das Finanzamt versagte.
Bisherige Rechtsprechung zur Begünstigung von Entschädigungen in Teilzahlungen
Der BFH folgte dem Finanzamt. Voraussetzung für eine ermäßigte Besteuerung einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG ist gem. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG, dass die Zusammenballung von Einkünften die steuerliche Belastung in einem VZ erhöht.
Eine Zusammenballung liegt regelmäßig jedoch nicht vor, wenn die Entschädigung nicht in einem, sondern in zwei oder mehreren VZ gezahlt wird. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist dies in dem Fall anders, dass der Steuerpflichtige eine geringfügige Teilleistung erhält und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung in einem Betrag in einem anderen VZ ausgezahlt wird.
Eine Teilleistung von ca. 10 % der Gesamtleistung wurde bisher vom BFH als nicht mehr geringfügig angesehen, während er eine Teilleistung von rd. 1,5 % der Gesamtleistung als geringfügig einstufte. Das BMF nimmt hingegen eine unschädliche Teilleistung an, wenn diese bis zu 5 % der Hauptleistung ausmacht.
Bestimmung der Geringfügigkeit der Teilzahlung als Voraussetzung der steuerlichen Begünstigung
Der BFH bestätigt seine bisherige Ansicht: Eine Teilleistung von über 10 % der Hauptleistung ist nach allgemeinem Verständnis nicht mehr geringfügig. Dies gilt auch dann, wenn die Teilleistung dazu dient, das Einverständnis in besondere Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Er begründet dies mit dem Zweck des § 34 Abs. 1 EStG. Danach ist eine Begünstigung zu gewähren, wenn bei Zufluss in zwei VZ der Steuerpflichtige zunächst nur eine geringfügige Teilleistung erhält und in einem anderen VZ die ganz überwiegende Hauptentschädigung in einem Betrag geleistet wird.
Ob eine derartige unschädliche geringfügige Teilleistung gegeben ist, bestimmt sich danach, ob eine Ausnahmesituation in der individuellen Steuerbelastung des betroffenen Steuerpflichtigen vorliegt. Eine starre Prozentgrenze, ab der die Geringfügigkeit überschritten wird, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.
Auch kann eine solche Grenze die gesetzlich geforderte Prüfung nicht ersetzen, ob im Einzelfall außerordentliche Einkünfte anzunehmen sind. Fehlen im Einzelfall solche besonderen tatsächlichen Umstände, die die Teilleistung bedingen oder prägen, ist ausschließlich über die Höhe der Teilleistung in einem VZ auf außerordentliche Einkünfte zu schließen.
Folgerung für künftige Gestaltungen
Auch wenn der BFH vordergründig nur seine bisherige Rechtsprechung bestätigt hat, ist der Praxis durch diese Entscheidung doch etwas geholfen: Für künftige Abfindungen steht fest, dass bei Teilzahlungen in zwei Raten von rd. 10 % und rd. 90 % keine Begünstigung zu gewähren ist. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt also deutlich unter 10 %.
Da der BFH auf das allgemeine Verständnis abstellt und zudem ausdrücklich eine feste Größe für die Geringfügigkeit ablehnt, bleibt jedoch weiterhin für den Steuerpflichtigen und seinen steuerlichen Berater unklar, ob im Einzelfall bei Teilzahlungen in unterschiedlicher Höhe mit einer deutlich geringeren Zahlung eine steuerliche Begünstigung gewährt wird. Daher bleibt abzuwarten, wie die Grundsätze dieser Entscheidung künftig von der Finanzverwaltung umgesetzt werden.
BFH, Urt. v. 08.04.2014 - IX R 28/13
BFH, Beschl. v. 20.06.2011 - IX B 59/11, BFH/NV 2011, 1682
BFH, Urt. v. 25.08.2009 - IX R 11/09, BStBl 2011 II 27
BMF, Schreiben v. 01.11.2013, BStBl 2013 I S 1326
Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Axel Scholz