Steuerberatung -

Umfassend und aktuell: alle Steueränderungen 2009

In ihrer vierjährigen Legislaturperiode hat die Große Koalition eine Reihe von Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht. Lediglich das Vorhaben zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes wurde nicht mehr umgesetzt und soll von der kommenden Bundesregierung als neuer Entwurf eingebracht werden. Einige der Gesetzesänderungen haben wiederum Auswirkungen auf das Jahr 2010, weil sie dann entweder in Kraft treten oder auslaufen. Bevor Union und FDP ihre ersten gemeinsam vertretenen Änderungspläne vorstellen,hier nun eineumfassende Übersicht über alle Maßnahmen, die bereits im Bundesgesetzblatt verkündet worden sind.

 

Bilanzreform

Die Regeln des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz - BilMoG -, BGBl I 2009, 1102) sind zwingend für nach dem 31.12.2009 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden. Für 2009 besteht ein Wahlrecht zur vollständigen Anwendung der neuen Regeln. Hiernach dürfen selbstgeschaffene immaterielle Anlagegüter aktiviert werden, wenn sie identifiziert und bewertet werden können. Steuerlich bleiben die Aufwendungen aber nach wie vor abzugsfähig. Der im EStG niedergelegte Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit und die damit zusammenhängenden HGB-Vorschriften werden aufgehoben. Zudem muss die Ausübung von steuerlichen Wahlrechten im handelsrechtlichen Jahresabschluss nicht mehr nachvollzogen werden, steuerlich abweichende Wahlrechte sind in laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

Rückstellungen für künftige Verpflichtungen nach § 253 Abs. 2 HGB werden realistischer bewertet, indem künftige Lohn-, Preis- und Personalentwicklungen stärker zu berücksichtigen und die Rückstellungen dann auch abzuzinsen sind. Die Ermittlungsmethodik hierfür sowie die Veröffentlichungsmodalitäten werden vom BMJ im Zusammenwirken mit der Deutschen Bundesbank festgelegt. Bei Pensionsrückstellungen entfällt die zuvor in der Praxis übliche Übernahme der steuerlichen Werte in die Handelsbilanz.

Große Kapitalgesellschaften müssen nur noch einen IFRS-Jahresabschluss aufstellen und offenlegen, der im Anhang eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung enthält, die nach dem HGB-Bilanzrecht aufgestellt worden ist. Hinzu kommen Erweiterungen der Angaben im Anhang nach § 285 HGB für Bewertungseinheiten, für latente Steuern nach § 274 HGB und zu den sonstigen Pflichtangaben im Konzernanhang nach § 314 HGB bezüglich der Abschreibung eines Firmenwerts und latenter Steuern.


Krankenkasse

Durch das Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz, BGBl I 2009, 1595) lassen sich ab 2010 alle Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben absetzen, soweit diese ein Leistungsniveau absichern, das im Wesentlichen der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegepflichtversicherung entspricht (Krankenversicherungsbeitragsanteil-Ermittlungsverordnung, BGBl I 2009, 2730). Absetzbar sind die Beiträge gesetzlich und privat Kranken- und Pflegepflichtversicherter, die ihrer Ehe- bzw. eingetragenen Lebenspartner sowie ihrer mitversicherten Kinder. Für Geringverdiener wird das bisherige Abzugsvolumen für sonstige Vorsorgeaufwendungen jeweils um 400 € auf 1.900 € (Arbeitnehmer) bzw. 2.800 € (Selbständige) erhöht.

Bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren werden die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge berücksichtigt, bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern in pauschalierter Form. Für sonstige Vorsorgeaufwendungen wird das bisherige Abzugsvolumen jeweils um 400 € auf 1.900 €/2.800 € erhöht. Die arbeitslohnabhängige Vorsorgepauschale wird 2010 fortgeführt und auf 12 % erhöht. Die tatsächlich geleisteten Beiträge privatversicherter Arbeitnehmer zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung werden in der ELSTAM-Datenbank gesammelt und können dort vom Arbeitgeber abgerufen und berücksichtigt werden.

Die vom Unterhaltsverpflichteten tatsächlich geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung des Berechtigten werden im Rahmen des Realsplittings nach §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 33a Abs. 1 EStG über die bisherigen Höchstbeträge hinaus zusätzlich berücksichtigt.


Steuerhinterziehung

Es gibt ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2010 eine neue Aufbewahrungspflicht von sechs Jahren, sofern die Summe der positiven Überschusseinkünfte mehr als 500.000 € im Kalenderjahr beträgt (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz, BGBl I 2009, 2302; Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung, BGBl I 2009, 3046). Die Regelung erfasst auch den Datenzugriff. Ab dieser Einkunftsgrenze ist eine Außenprüfung ohne besondere Begründung generell zulässig. Im Rahmen einer solchen Außenprüfung kann die Verletzung der Aufbewahrungspflichten gem. § 147a AO die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes nach § 146 Abs. 2b AO zur Folge haben.

Die Inanspruchnahme von steuerlichen Vergünstigungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten, Abgeltungsteuer, Teileinkünfteverfahren) kann eingeschränkt, ganz versagt oder von der Erfüllung erhöhter Nachweispflichten abhängig gemacht werden, wenn Zahlungen an Personen/Personenvereinigungen mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Staat ohne Auskunftsaustausch nach den Standards der OECD geleistet werden. Zudem ist die Finanzbehörde auf Aufforderung hin zu bevollmächtigen, im Namen des Steuerpflichtigen mögliche Auskunftsansprüche gegenüber Kreditinstituten außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen. Besondere Nachweispflichten bestehen nicht, wenn die gezahlten Entgelte über eine Bagatellregelung die Summe von 10.000 € je Person und Wirtschaftsjahr nicht überschreiten.

Die jeweilige Steueroase wird auf Beschluss der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats benannt und durch ein BMF-Schreiben bekanntgegeben.


Umsatzsteuer

Über das Jahressteuergesetz 2009 (BGBl I 2008, 2794) werden ab dem 01.01.2010 die drei Regelungen Vorsteuer-Vergütungsverfahren, Ort der Dienstleistung sowie Zusammenfassende Meldung (ZM) an die EU-Richtlinie 2008/9/EG angepasst. Beim Vorsteuer-Vergütungsverfahren wird das bisherige Papierverfahren auf ein elektronisches Verfahren umgestellt. Hierdurch werden die Vergütungsanträge nicht mehr in den anderen Mitgliedstaat gesandt, sondern der Antrag ist im Ansässigkeitsstaat zu stellen. Dies geschieht über ein elektronisches Portal beim BZSt. Die Mindestbeträge für einen Antrag werden von 25 € auf 50 € für den Jahresantrag und von 200 € auf 400 € für den Quartalsantrag erhöht. Der Vergütungsantrag ist bis spätestens 30.09. (bisher: 30.06.) des Folgejahres zu stellen. Die Vorlage von Originalrechnungen bzw. Einfuhrdokumenten entfällt. Ab einem Betrag von 1.000 € ist aber eine elektronische Rechnungskopie nötig. Im Verhältnis zu Drittländern ändert sich hingegen nichts. Hier wird der Antrag wie bisher im jeweiligen Land gestellt.

  • Dienstleistungen an Unternehmer werden ab 2010 grundsätzlich am Ort des Leistungsempfängers bewirkt. Die bisherigen Regelungen, die bei Verwendung einer USt-IdNr. zu einer Ortsverlagerung führten, entfallen. Für Dienstleistungen an Nichtunternehmer verbleibt es beim Ort des leistenden Unternehmers. Für Vermittlungen, Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, Beförderungen, kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen und Dienstleistungen an im Drittlandsgebiet ansässige Nichtunternehmer gelten neue Sonderregelungen. Hier legt § 3a Abs. 6 und 7 UStG den Leistungsort für Umsätze an Letztverbraucher im Verbrauchsland fest.
  • Die Regelungen zum Ort der Lieferung von Gegenständen an Bord eines Schiffs, in einem Flugzeug oder in der Eisenbahn während der Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets nach § 3e UStG werden ab 2010 um die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle in diesen Beförderungsmitteln erweitert. Hier erfolgt die Umsatzbesteuerung am Abgangsort des Beförderungsmittels. Bislang bestimmte sich der Leistungsort nach dem Ort, an dem sich der Sitz oder die Betriebsstätte des leistenden Unternehmers befindet.
  • Die Regelungen zur ZM werden angepasst (§§ 18a und 18b UStG). Ab 2010 ist auch dann eine ZM erforderlich, wenn steuerpflichtige sonstige Leistungen an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Leistungsempfänger erbracht werden, für die diese Leistungsempfänger in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind, die Steuer schulden.


Weitere Änderungen in 2010 in Kurzform

Die Freigrenze bei der Zinsschranke sinkt für ab dem 01.01.2010 beginnende Wirtschaftsjahre wieder von 3 Mio. € auf 1 Mio. €.

Die Entschärfung der Verlustabzugsregel über eine neue Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG entfällt ab dem VZ 2010.

Der Grundfreibetrag steigt um weitere 170 € auf 8.004 €. Die Kurve bei der Einkommensteuer wird durch eine Korrektur der Steuertabelle um 330 € abgeflacht. Der Spitzensteuersatz von 42 % gilt erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 52.882 € und die Reichensteuer von 45 % erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.730 €. Die Steuererklärungspflichten werden an den erhöhten Grundfreibetrag angepasst.

Durch den elektronischen Entgeltnachweis ELENA sind Arbeitgeber ab 2010 verpflichtet, die Entgeltbescheinigungen ihrer Beschäftigten auf elektronischem Weg an die Sozialversicherungsträger weiterzuleiten.

Am 01.01.2010 tritt die Reform des Erbrechts in Kraft.

Die Höchstgrenze für Einkünfte und Bezüge wird bei volljährigen Kindern und bei Unterhaltsleistungen an den Grundfreibetrag angepasst und steigt auf 8.004 €.

Der Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgebeiträge (Riester-Rente) ist nur noch möglich, wenn dem Anbieter gegenüber schriftlich eingewilligt wurde, dass dieser die Höhe der Altersvorsorgebeiträge unter Angabe der Identifikationsnummer i.S.d. § 139b AO an die zentrale Stelle übermitteln darf. Dafür entfällt die Abgabe der Anlage AV zur Einkommensteuererklärung.

Für Altersvorsorgeaufwendungen bei Basisrentenverträgen (Rürup-Rente) wird ein Zertifizierungsverfahren eingeführt und anhand eines Vertragsmusters geprüft und vom BZSt bindend festgelegt, ob Vorsorgeprodukte die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG erfüllen und anzuerkennen sind. Der bislang erforderliche Einzelnachweis des Sparers gegenüber seinem Finanzamt entfällt dann. Die Daten dürfen mit Zustimmung des Berechtigten elektronisch übermittelt werden. Beiträge zur Rürup-Rente sind zu 70 % statt zu 68 % absetzbar.

Die amtlichen Sachbezugswerte werden bundeseinheitlich angepasst: für freie Verpflegung monatlich 215 € (2009: 210 €), für freie Unterkunft monatlich unverändert 204 €, Gesamtsachbezugswert 419 € (414 €), Frühstück je Monat/Mahlzeit 47 €/1,57 € (46 €/1,53 €), Mittag-/Abendessen je Monat/Mahlzeit 84 €/2,80 € (82 €/2,73 €).

Arbeitgeber können beantragen, dass eine Lohnsteuer-Außenprüfung und eine Prüfung durch die Träger der Rentenversicherung (§ 28p SGB IV) zur gleichen Zeit koordiniert durchgeführt werden.

Anstelle der Steuerklassenkombination III/V können beide Ehegatten auf Antrag die Steuerklasse IV erhalten, die um einen Faktor ergänzt wird. Dieser ermittelt sich aus dem Verhältnis der gemeinsamen Einkommensteuer zur Lohnsteuer bei Steuerklasse IV.

Die Freihäfen in Emden und Kiel werden aufgehoben und die Grenze des Freihafens Cuxhaven wird neu definiert.

Anpassung der Vorschriften in der AO sowie im EStG an die geänderten Vorschriften zum Kontopfändungsschutz ab dem 01.07.2010.

Die Besteuerung von neuen Kfz bei innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge an Privatpersonen wird sichergestellt, indem ab dem 01.07.2010 eine generelle Verpflichtung zur Abgabe einer Meldung an das BZSt eingeführt wird.

Der Freiwilligendienst aller Generationen gilt als anspruchsbegründender Tatbestand für die Berücksichtigung volljähriger Kinder.

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung sinkt 2010 von 4,4 % auf 3,9 %.

Die Erstattung von einbehaltener Kapitalertragsteuer im Einzel- und Sammelantragsverfahren wird für sammelverwahrte Wertpapiere bei Zufluss von Kapitalerträgen nach dem 31.12.2009 gestrichen.

Inländische Niederlassungen eines ausländischen Versicherungsunternehmens werden zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet.

Die Sätze für die Investitionszulage sinken ab 2010 jährlich.

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - Beitrag vom 08.10.09