Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG gilt für Leistungen von Schaustellern im Grundsatz der ermäßigte Umsatzsteuersatz. Das BMF hat jetzt mit einem Verwaltungsschreiben den entsprechenden Abschnitt des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) abgeändert. Eine modifizierte Verwaltungspraxis im Zusammenhang mit Schaustellerleistungen ergibt sich insbesondere beim Verkauf von Eintrittskarten.
Rechtzeitig zum Oktoberfest 2015 wurde das Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden der Länder bekanntgegeben: Den Geltungsbereich des begünstigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG hat man durch eine Neuformulierung des Abschn. 12.8 Abs. 2 UStAE angepasst. Dadurch ergeben sich im Einzelnen folgende Änderungen:
Tätigkeitsbezogenheit
Die begünstigte Leistung ist nunmehr tätigkeitsbezogen und nicht mehr personenbezogen. Der alte Abschn. 12.8 Abs. 2 UStAE stand mit seiner personenbezogenen Definition nämlich noch im Widerspruch zu § 30 UStDV, der von Anfang an tätigkeitsbezogen war. Die Auffassung der Finanzverwaltung stellt also nicht mehr auf den Schausteller und dessen Berufsbild ab. sondern auf Tätigkeiten wie Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen und Lustbarkeiten, die begünstigt werden. Zu den schaustellenden Leistungen gehören künftig Schau- und Belustigungsgeschäfte, Fahrgeschäfte aller Art, Schießstände sowie Ausspielungen.
Als Ort der Leistung kommen Jahrmärkte, Volksfeste, Schützenfeste oder ähnliche Veranstaltungsorte in Frage.
Wer ist Leistender?
Leistender kann nur derjenige sein, der im eigenen Namen und mit Hilfe seiner Arbeitnehmer oder sonstiger Erfüllungsgehilfen (z.B. Schaustellergruppen) seine Leistungen an die Besucher der Ausstellung erbringt. Dadurch ist derjenige Subunternehmer nicht begünstigt, die seine Dienstleistungen nur einem Veranstalter gegenüber erbringt.
Eintrittskarten nur bei jährlichen Veranstaltungen
Der Verkauf einer Eintrittsberechtigung (auch dann, wenn der Verkäufer selbst kein Schausteller ist) ist nur dann begünstigt, wenn sie zu einmal jährlichen Stadt- oder Dorffesten verkauft werden und die schaustellerischen Leistungen ausschließlich mit Hilfe von sonstigen Erfüllungsgehilfen erbracht werden. Damit sind jene jährlichen Kommunalfeste gemeint, bei denen Eintrittskarten z.B. durch die jeweilige Stadt bzw. durch deren Betrieb gewerblicher Art verkauft werden und die auftretenden Schausteller lediglich von der Stadt „eingekauft“ werden.
Unterjährige Veranstaltungen
Die Finanzverwaltung behält den aus § 30 UStDV übernommenen Begriff der ähnlichen Veranstaltung als Begünstigungsobjekt bei. Neu ist lediglich der sich aus dem Kontext heraus ergebende Bezug zum Verkauf der Eintrittsberechtigungen. Diese Veranstaltungen sind nur dann begünstigt, wenn sie von den Schaustellern selbst organisiert werden und unter deren Regie als Eigenveranstaltung stattfinden; mit dieser weiteren Vergünstigung ist also eine Veranstaltung gemeint, die dem Jahresfest einer Kommune gleich von den Schaustellern selbst in die Wege geleitet wird und bei der ein einheitlicher Eintritt für das gesamte Fest verlangt wird.
Ambulante schaustellerische Leistungen
Bisher war für die Steuervergünstigung der Betrieb eines Reisegewerbes Voraussetzung. Nunmehr reicht es aus, wenn der Umsatz auf einer ortsungebundenen ausgeführten schaustellerischen Leistung beruht (= ambulant). Künftig werden auch einmalige ambulante schaustellerische Leistungen begünstigt sein.
Nichtbegünstigte Warenlieferungen
Auch weiterhin sind von der Begünstigung die reinen Warenlieferungen ausgeschlossen, sofern sie nicht bereits per se unter die steuerbegünstigten Lieferungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG fallen.
Der neugefasste Abschn. 12.8 Abs. 2 UStAE ist in allen offenen Steuerfällen anzuwenden. Hinsichtlich der in Abschn. 12.8 Abs. 2 Satz 4 UStAE bezeichneten Leistungen (Verkauf von Eintrittsberechtigungen) wird es auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nicht beanstandet, wenn der Unternehmer vor dem 01.10.2015 ausgeführte Umsätze dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterwirft.
Praxishinweis
Auch wenn es die neue Verwaltungsauffassung im Abschn. 12.8 Abs. 2 UStAE nicht auf den ersten Blick erkennen lässt, lautet die Botschaft dieses BMF-Schreibens: Steuersatzvergünstigungen werden auch dann gewährt, wenn der leistende Unternehmer nicht selbst Schausteller ist, sondern nur Schaustellerleistungen einkauft. Der leistende Unternehmer muss auch nicht in Form eines Reisegewerbes die begünstigten Umsätze ausführen, denn maßgebend ist künftig allein die Art der Tätigkeit und nicht die Person des Leistenden.
BMF-Schreiben v. 04.09.2015 - III C 2 - S - 7241/15/10001
Quelle: Horst Schirrmann, Dipl.-Finanzwirt (FH) und Rechtsanwalt