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Steuerberatung -

Und schon wieder ein Nichtanwendungserlass!

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag nicht nur massive Steuersenkungen während der Legislaturperiode beschlossen, sondern auch angekündigt, dass sich BMF-Schreiben künftig auf die Auslegung der Gesetze beschränken sollen und die Praxis der Nichtanwendungserlasse zurückgeführt werden soll. Zuvor war seit 2000 jedes 60. BFH-Urteil nicht über den Einzelfall hinweg angewendet worden, wovon nur rund 20 % der Entscheidungen vorteilhaft für die Finanzverwaltung ausgefallen waren. Dieser Ankündigung wurde bereits in den ersten Wochen mehrfach zuwidergehandelt und nunmehr erneut: Dieses Mal geht es um die Verpflegung im Rahmen einer Hotelübernachtung.

Hierzu hatte der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 15.01.2009 - V R 9/06 entschieden, dass die Beschränkung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes allein auf Übernachtungen gegen EU-Recht verstoßen könnte. Laut BFH handelt es sich bei der Verpflegung von Hotelgästen um eine Nebenleistung zur Übernachtung nach Abschn. 29 Abs. 5 UStR, d.h. sie stellt einen Teil der Gesamtleistung dar. Nach dieser Definition sind gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen eine Nebenleistung, wenn auf sie im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Teil des Pauschalbetrags entfällt und sie zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehören. Sie stellen für die Kundschaft das Mittel dar, mit dessen Hilfe sie die Hauptdienstleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen können, wie die Begriffe Halb- und Vollpension zeigen, die in Zusammenhang mit Unterbringungsleistungen allgemein gebräuchlich sind. Diese Entscheidung hatte der EuGH zu einem pauschalen Leistungspaket getroffen, das aus einer Hotelunterbringung mit Halbpension und Busbeförderung bestand (EuGH v. 22.10.1998, Rs. C-308/96 und C-94/97).

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder teilt das BMF nun im Schreiben vom 04.05.2010 - IV D 2 - S 7100/08/10011 009 mit, dass die BFH-Sichtweise zur Verpflegung als eine Nebenleistung zur Übernachtung nicht über den Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Der weitere Nichtanwendungserlass wird damit begründet, dass allein die vom BFH angeführten Beurteilungskriterien nicht ausreichend sind. Vielmehr ist entsprechend den Regelungen in Abschn. 29 Abs. 5 UStR in der Regel davon auszugehen, dass die Verpflegungsleistung - beginnend beim Frühstück, über die Halb- und Vollpension bis hin zum All-inclusive - für den Leistungsempfänger einen eigenen Zweck darstellt. Die Verpflegung dient nicht nur dazu, die Übernachtung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Übernachtungsleistungen werden häufig ohne Verpflegung und selbst ohne Frühstück angeboten. Art und Umfang der Verpflegungsleistungen sind in der Regel vom Hotelgast frei wähl- und buchbar.

Diese Abgrenzung ist erst aufgrund der Neuregelung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz relevant geworden, nach dem die kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen seit dem 01.01.2010 gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegt. Das zieht Abgrenzungsschwierigkeiten für reisende Unternehmer, Angestellte und das Lohnbüro nach sich, da diese Tarifermäßigung nicht für die sonstigen Angebote und insbesondere nicht für das Frühstück und die übrige Verpflegung gilt. Das BMF weist zudem darauf hin, dass Verpflegungsleistungen als selbständige Leistungen ab 2010 an dem Ort ausgeführt werden, an dem die Verpflegungsleistung vom Unternehmer tatsächlich erbracht wird (§ 3a Abs. 3 Nr. 3b UStG).

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 22.06.10