Steuerberatung -

Wenn Kinder den Steuerbescheid im Altpapier entsorgen

 

Familienangehörige, die nicht mit der Vornahme fristwahrender Handlungen, sondern nur mit der Entgegennahme eingehender Post oder mit der Briefkastenleerung beauftragt sind, sind keine Vertreter im Sinne des § 110 AO, sondern nur Hilfspersonen. Daher muss sich der Steuerpflichtige deren Verschulden nicht zurechnen lassen.

 

Im zugrundeliegenden Fall leerten die Kinder gewöhnlich den Briefkasten und hatten den Steuerbescheid versehentlich zum Altpapier geworfen. Dort wurde er erst später und nach Ablauf der Einspruchsfrist gefunden. Hier liegt ein Grund für die Wiedereinsetzung nach § 110 AO vor, weil der Betroffene ohne Verschulden daran gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Voraussetzung ist lediglich, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird und die Tatsachen zur Begründung vorgetragen und glaubhaft gemacht werden.

Ein Fristversäumnis ist als entschuldigt anzusehen, wenn es durch die den Umständen des Falls angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte. Grundsätzlich gehört zur zumutbaren Sorgfalt, eingehende Post genau daraufhin durchzusehen, ob es sich um einen förmlichen Bescheid einer Behörde handelt. Dabei kann jedoch dahingestellt bleiben, ob den Kindern tatsächlich ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Denn dieses steht nicht dem Verschulden der Eltern gleich. Zwar ist das Verschulden des Bevollmächtigten als ein Verschulden des Beteiligten selbst anzusehen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Gedacht ist in diesem Zusammenhang jedoch an das Verschulden des Prozessbevollmächtigten.

Anders sieht es aus, wenn der Beteiligte eine Hilfspersonen heranzieht. Es ist allgemein anerkannt, dass er nicht für diese haften, sondern sie nur in zumutbarer Weise beaufsichtigen muss. Dabei sind Familienangehörige, die nicht mit der Vornahme fristwahrender Handlungen, sondern nur mit der Entgegennahme eingehender Post beauftragt sind, nur Hilfspersonen, deren Verschulden sich der Steuerpflichtige nicht zurechnen lassen muss (BFH, Beschl. v. 23.10.2001 - VIII B 51/01, NV). Ein Verschulden könnte lediglich dann angenommen werden, wenn er eine für die konkrete Aufgabe ungeeignete Hilfsperson hinzugezogen hat. Die Kinder waren zwischen 17 und 13 Jahre alt und von ihren Eltern darüber informiert worden, dass die Post auf den Tisch gelegt werden müsse und auf keinen Fall im Altpapier landen dürfe. Insoweit ist die versehentliche Ablage im Altpapier kein Verschulden, das § 110 AO ausschließt.

 

Quelle: FG Hamburg - Urteil vom 08.01.09