Das BMF hat sich in einem aktuellen Schreiben gegen das BFH-Urteil vom 12.10.2005 gestellt und an seiner grundsätzlichen Auffassung festgehalten, dass Schuldzinsen nach dem Verkauf eines Vermietungsobjekts als „nachträgliche Werbungskosten" nur abziehbar sind, soweit der Veräußerungserlös zur Tilgung des Darlehens nicht ausreicht bzw. ausreichen könnte.
Wenn Vermieter ihre Immobilien veräußern, können sie unter Umständen auch im Anschluss an den Verkauf „nachträgliche Werbungskosten" beim Fiskus geltend machen. Dies ist z.B. im Hinblick auf Schuldzinsen denkbar, die der Vermieter für ein Darlehen zur Finanzierung von Erhaltungskosten aufgenommen hat.
Unter welchen Voraussetzungen solche nachträglichen Werbungskosten bei veräußerten Mietobjekten anerkannt werden, ist vor dem Hintergrund einer uneinheitlichen BFH-Rechtsprechung und der hiervon teilweise abweichenden Verwaltungspraxis umstritten.
In einem aktuellen Schreiben hat das BMF nun die Haltung der Finanzverwaltung zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bekräftigt. Demnach sind Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nach Verkauf eines Mietobjekts nur dann abzugsfähig, wenn das Darlehen nicht vollständig durch den Verkaufserlös getilgt werden kann.
Die bisherige BFH-Rechtsprechung war insoweit uneinheitlich:
Der BFH hatte in seiner Entscheidung vom 12.10.2005 entschieden, dass Zinsen für ein Darlehen, mit dem sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) finanziert worden sind, als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Nach seiner Ansicht kommt es demnach nicht darauf an, ob ein etwaiger Veräußerungserlös zur Schuldentilgung ausgereicht hätte. Der BFH hatte in dieser Entscheidung bereits entgegen dem BMF-Schreiben vom 18.07.2001 entschieden.
Das BMF hält jetzt jedoch mit seinem jüngsten Schreiben an seiner ablehnenden Auffassung fest und stützt sich dabei auf die Entscheidungen des BFH vom 28.03.2007 und 20.06.2012:
Im ersten Urteil hatte der BFH entschieden, dass bei einer Betriebsaufgabe Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten nur insoweit nachträgliche Betriebsausgaben sind, als die zugrundeliegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können.
In der zweiten Entscheidung hatte der BFH zu Fragen der Abziehbarkeit von Drittaufwand geurteilt. Demzufolge ist diese Entscheidung mit der Thematik des BFH-Urteils vom 12.10.2005 allenfalls indirekt zu vergleichen.
Unter Berufung auf diese BFH-Urteile sieht das BMF aber in seinem aktuellen Schreiben Schuldzinsen nach Aufgabe bzw. Verkauf des Mietobjekts lediglich dann als abziehbar an, wenn der Veräußerungserlös der Einkunftsquellen (also der Immobilien) nicht ausreicht, um das Darlehen zu tilgen.
Das BMF begründet seine Ablehnung von abzugsfähigen nachträglichen Werbungskosten in diesen Fällen damit, dass - wenn der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung dieses Darlehens verwendet wird - eine daneben bestehende bzw. neu entstehende private Motivation für die Beibehaltung des Darlehens den ursprünglich gesetzten wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang überlagern und damit durchbrechen kann.
Bestehen im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung dieser Verbindlichkeiten - entsprechend der Beurteilung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann - entscheidend, dass die Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden.
Für Veräußerungen nach dem 31.12.2013 hat das BMF die Regelungen in seinem Schreiben vom 03.05.2006 geringfügig modifiziert für den Fall, dass der ehemalige Vermieter mehrere Darlehen zur Finanzierung aufgenommen hat und der Veräußerungserlös nicht vollständig für die Tilgung dieser Darlehen eingesetzt wird bzw. ausreicht.
Praxishinweis
Das BMF hat mit dem aktuellen Schreiben erneut einen Nichtanwendungserlass zu einem Urteil des BFH erlassen. Allerdings ist die Begründung des BMF - im Zusammenhang mit dem Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei Gewinn- und Überschusseinkunftsarten - durchaus nachvollziehbar.
Der BFH ist jetzt aufgerufen, seine Rechtsprechung für Gewinn- und Überschusseinkunftsarten zu vereinheitlichen oder klarzustellen, warum Unterschiede gelten sollen. Die Beratungspraxis kann also für die Vergangenheit - für Veranlagungszeiträume bis 2013 - noch das Urteil des BFH vom 12.10.2005 für die unbegrenzte Abziehbarkeit von nachträglichen Schuldzinsen bei den Überschusseinkünften heranziehen.
BMF, Schreiben v. 15.01.2014 - IV C 1 - S-2211/11/10001 :001
BFH, Urt. v. 12.10.2005 - IX R 28/04, BStBl 2006 II 407
BMF, Schreiben v. 18.07.2001- IV C 3 - S-2211- 31/01, BStBl 2001 I 513
BMF, Schreiben v. 03.05.2006 - IV C 3 - S-2211 - 11/06, BStBl 2006 I 363
BFH, Urt. v. 28.03.2007 - X R 15/04, BStBl 2007 II 642
BFH, Urt. v. 20.06.2012 - IX R 29/11, BStBl 2013 II 275
Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz - vom 21.01.14