Steuerberatung -

Werden Nachzahlungszinsen bei zu langer Bearbeitungszeit erlassen?

Die Festsetzung von Nachzahlungszinsen ist unabhängig von einem Verschulden der Finanzbehörde oder des Steuerpflichtigen. Die Zinsen sind weder Sanktions- noch Druckmittel oder Strafe, sondern vielmehr eine laufzeitunabhängige Gegenleistung für eine mögliche Kapitalnutzung. Ob der mögliche Zinsvorteil tatsächlich gezogen wird, ist unmaßgeblich.

Ein Erlass aus Billigkeitsgründen darf nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung eines den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen. Die Verzinsung ist daher grundsätzlich unabhängig von einem Verschulden der Finanzbehörde oder des Steuerpflichtigen. Auch ein schuldhaftes Verhalten von Bediensteten der Finanzbehörde oder Organisationsmängel durch unzureichende personelle Ausstattung der Veranlagungsstellen, die zu einer übermäßig langen Bearbeitungszeit und damit zu Nachforderungszinsen führen, stellen folglich keinen sachlichen Billigkeitsgrund für einen Erlass der Nachzahlungszinsen dar.

Hinweis: Der BFH hat bislang auch eine Bearbeitungszeit von bis zu 37 Monaten nicht als sachlichen Billigkeitsgrund angesehen - ohne dies jedoch als Obergrenze festzulegen. Ist eine hohe Nachzahlung zu erwarten und soll die Festsetzung von Nachzahlungszinsen verhindert werden, bleibt der Weg, eine freiwillige Vorauszahlung an das Finanzamt zu leisten. In diesem Fall sollte aber der zu tilgende Steueranspruch genau bezeichnet werden, damit bei der Finanzkasse auch eine korrekte Verbuchung erfolgt. Denn in diesem Fall ist das Finanzamt wegen der Regelungen im AEAO zu einem entsprechenden Erlass - und einer daraus resultierenden Ermessensreduzierung auf null - verpflichtet (vgl. § 233a, Nr. 70.1.2 AEAO), weil der Steuerpflichtige nach einer freiwilligen Leistung aus der verspäteten Steuerfestsetzung keinen Vorteil mehr erlangen kann.

Quelle: FG München, Urt. - 13 K 3715/08 - vom 12.05.09