Steuerberatung -

Zahlreiche anhängige Verfahren für Anleger

 

Wird vor Bundesfinanzhof (BFH), Europäischem Gerichtshof oder Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gestritten, kann der Sachverhalt durch ein ruhendes Verfahren auch für die am Streitfall unbeteiligten Bürger offen bleiben. Für viele Anleger lohnt sich daher das Aufspringen auf Prozesse Dritter durch einen Einspruch mit Verweis auf das anhängige Verfahren. Bei Angabe von Gericht und Aktenzeichen isteine eigene Begründung des Rechtsbehelfs gar nicht erforderlich.

 

Zwar ist ein Einspruch ist vielen Fällen gar nicht mehr nötig. Denn durch eine Änderung des § 165 AO im Zuge des Bürokratieabbaugesetzes erfolgt der Vorläufigkeitsvermerk auf Steuerbescheiden jetzt auch in einfachgesetzlichen Fragen. Dies hat die Verwaltung bereits vielfach genutzt (BMF-Schreiben v. 01.04.2009 - IV A 3 - S 0338/07/10010) - doch leider noch bei keinem Gerichtsverfahren zur Geldanlage.

Die nachfolgende Liste bietet einen Überblick über wichtige anhängige Prozesse für Sparer. Sofern nichts Abweichendes vermerkt ist, handelt es sich um Revisionen beim BFH.

  • Die Finanzgerichte Münster (Urt. v. 14.03.2007 - 10 K 3380/04 E) und Baden-Württemberg (Urt. v. 01.08.2007 - 1 K 51/06) berücksichtigen Spekulationsverluste nach § 23 EStG auch bei schnellem Rückkauf, da es sich um eine Spezialnorm handelt. Die Finanzverwaltung hat in beiden Fällen Revision unter IX R 55/07 und IX R 60/07 eingelegt.
  • Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Betätigung nur in besonderen Fällen, nämlich wenn sich Anleger wie Händler verhalten und für Dritte tätig werden. Gegen diese Einordnung des BFH wurde unter 2 BvR 2242/08 Verfassungsbeschwerde bei BVerfG eingelegt.
  • Das beim BFH unter IX R 45/08 anhängige Verfahren dreht sich um die Frage, ob das vom BVerfG festgestellte Vollzugs- und Erhebungsdefizit bei der Besteuerung von Spekulationsgewinnen in 1997 und 1998 eine Tatsache im Sinne des § 173 AO darstellt. In diesem Fall müsste das Finanzamt den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1998 jetzt noch zugunsten des Anlegers berichtigen, wenn es etwa aufgrund von laufender Betriebsprüfung oder anhängigem Einspruch bzw. Klage noch nicht zur Festsetzungsverjährung gekommen ist.
  • Laut BFH unterliegen Kapitaleinnahmen oder realisierte Spekulationsgewinne aus einem Schneeballsystem schon bei fiktiver Gutschrift auf dem Verrechnungskonto eines betrügerischen Anbieters der Besteuerung. Hiergegen wurde unter dem Aktenzeichen 2 BvR 2525/08 Beschwerde beim BVerfG eingelegt.
  • Werden beim Erwerb von Bundesschatzbriefen Typ B Stückzinsen gezahlt, so können diese nur im Ankaufsjahr – und nicht im Jahr des Verkaufs - als negative Kapitaleinnahmen steuerlich geltend gemacht werden. Gegen diese Einordnung wurde unter VIII R 32/08 Revision eingelegt.
  • Unter dem Aktenzeichen VIII R 35/07 ist die Frage anhängig, ob eine Abfindung einen Zinsanteil nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG enthält, wenn diese in Raten zur Abgeltung einer erbrechtlichen Position gezahlt wird.
  • Steuererstattungszinsen stellen Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, Nachzahlungszinsen sind dagegen nicht absetzbar. Ob diese Ungleichbehandlung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, kann der BFH unter VIII R 33/07 klären.
  • Wann erlangt ein Sparer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über Zinsen, die auf einem Sperrkonto mit einer Verfügungsbeschränkung gebucht werden? Diese Frage wird unter dem Aktenzeichen VIII R 10/08 geklärt.
  • In einer von der Verwaltung eingelegten Revision unter VIII R 40/08 ist zu entscheiden, ob thesaurierte Gewinne aus einer fondsgebundenen Kapitallebensversicherung dem Versicherungsnehmer bereits zugeflossen sind, wenn er aufgrund der vertraglichen Gestaltung anderweitig wirtschaftlich darüber verfügen kann, obwohl er mit Vertragsabschluss sein Einverständnis zur Beschränkung der Verfügungsmacht erteilt hat.

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - Beitrag vom 08.07.09