Steuerberatung -

Zahlreiche anhängige Verfahren für Familien

Wird vor Bundesfinanzhof (BFH), Europäischem Gerichtshof (EuGH) oder Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gestritten, kann der Sachverhalt durch ein ruhendes Verfahren auch für am Streitfall unbeteiligte Bürger offen bleiben. Für viele Familien lohnt sich daher das Aufspringen auf Prozesse Dritter durch einen Einspruch mit Verweis auf das anhängige Verfahren. Bei Angabe von Gericht und Aktenzeichen ist eine eigene Begründung des Rechtsbehelfs gar nicht erforderlich.

Zwar ist ein Einspruch ist vielen Fällen gar nicht mehr nötig. Denn durch eine Änderung des § 165 AO im Zuge des Bürokratieabbaugesetzes erfolgt der Vorläufigkeitsvermerk auf Steuerbescheiden jetzt auch in einfachgesetzlichen Fragen. Dies hat die Verwaltung bereits vielfach genutzt (BMF-Schreiben v. 01.04.2009 - IV A 3 - S 0338/07/10010); auch bei Verfahren für Familien und insbesondere zu Kindern.

Die nachfolgende Liste bietet einen Überblick über wichtige anhängige Verfahren für Familien, zu denen Bescheide dennoch nicht vorläufig ergehen. Sofern nichts Abweichendes vermerkt ist, handelt es sich um Revisionen beim BFH.

  • Dem BVerfG liegen unter 2 BvR 2064/08 und 2 BvR 1270/07 Verfassungsbeschwerden zu der Frage vor, ob Kinderbetreuungskosten für alleinstehende oder ganztägig berufstätige Eltern vor 2006 Werbungskosten darstellen. Der BFH (Urt. v. 23.04.2009 - VI R 60/06) sieht den erwerbsbedingten Betreuungsbedarf mit den ehemaligen Freibeträgen für Kinder ausreichend abgedeckt.
  • Unter dem Aktenzeichen X R 15/09 ist eine Revision anhängig, durch die geklärt werden soll, ob der beschränkte Abzug von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung verfassungswidrig ist.
  • Beim BVerfG anhängig ist unter 2 BvR 266/08 auch die Frage, ob eine Haushaltsgemeinschaft mit erwachsenen Kindern schädlich für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist. Der Vorläufigkeitsvermerk deckt diesen Fall nicht ab. Entschieden ist hingegen, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei Verheirateten zu Recht ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss v. 22.05.2009 - 2 BvR 310/07).
  • Bei den Einkünften und Bezügen volljähriger Kinder dürfen gesetzliche und freiwillige Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Ob diese Minderung darüber hinaus auch für andere Aufwandspositionen gelten muss, hat der BFH in zahlreichen Revisionen zu entscheiden:
    • III R 28/09 und III R 104/07: Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung als ausbildungsbedingter Mehrbedarf
    • III R 38/08 und III R 70/08: Semestergebühren und Studentenwerksbeiträge
    • III R 66/06, III R 65/07 und III R 29/07: Lohn-, Kapitalertrag- und Einkommensteuer
    • III R 20/06: Altenteilsleistung aufgrund eines Hofübergabevertrags
    • III R 74/07: Behinderungsbedingter Mehraufwand
    • III R 73/08 und III R 23/09: Vermögenswirksame Leistung trotz Sperrfrist der Anlage als Einkommen
  • Ob Fahrtkosten von dauernd getrenntlebenden Elternteilen für Besuche ihrer Kinder zu den außergewöhnlichen Lebenshaltungskosten gehören, ist in zwei Verfassungsbeschwerden unter den Aktenzeichen 2 BvR 1520/08 und 2 BvR 1849/04 zu entscheiden.
  • Bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht gibt es nur einen minimalen persönlichen Freibetrag. Ob dies gegen EU-Recht verstößt, prüft der EuGH unter C-510/08.
  • Eingetragene Lebenspartner gehören im Gegensatz zu Ehegatten in die ungünstigere Steuerklasse III. Ob dies einen Verstoß gegen Art. 6 GG darstellt, muss das BVerfG unter den Zeichen 1 BvR 611/07, 1 BvR 1164/07 und 1 BvR 2464/07 entscheiden. Seit Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform sind Ehegatten und Lebenspartner im Wesentlichen gleichgestellt. Nachteile bestehen jetzt nur noch bei den unterschiedlich hohen Steuersätzen.

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - Beitrag vom 04.08.09