Franz Pfluegl © fotolia.de

Franz Pfluegl © fotolia.de

Steuerberatung -

Zahlreiche anhängige Verfahren für Hausbesitzer

Wird vor dem Bundesfinanzhof, dem Europäischen Gerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht gestritten, kann der Sachverhalt durch ein ruhendes Verfahren auch für Bürger, die nicht unmittelbar von dem Streitfall betroffen sind, offenbleiben. Für viele Hausbesitzer oder Vermieter von Eigentumswohnungen lohnt es sich daher, durch einen Einspruch mit Verweis auf ein anhängiges Verfahren auf Prozesse Dritter aufzuspringen. Werden Gericht und Aktenzeichen angegeben, ist eine eigene Begründung des Rechtsbehelfs gar nicht erforderlich.

Ein Einspruch ist zwar nicht mehr ganz sooft nötig, denn durch eine Änderung des § 165 AO durch das Bürokratieabbaugesetz erfolgt der Vorläufigkeitsvermerk jetzt auch in einfachgesetzlichen Fragen. Diesen Umstand hat die Verwaltung bereits vielfach genutzt (BMF-Schreiben v. 15.02.2010 - IV A 3 - S 0338/07/10010), aber ein Verfahren zu Immobilien ist leider noch nicht dabei. Die nachfolgende Liste bietet einen Überblick über wichtige anhängige Verfahren rund um den Grundbesitz; sofern sie nicht abweichend gekennzeichnet sind, handelt es sich um Revisionen beim BFH.

  • Weil die Beschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, die den Betriebsausgabenabzug beim häuslichen Arbeitszimmer nur erlaubt, wenn es den Tätigkeitsmittelpunkt bildet, möglicherweise verfassungswidrig ist, ergehen Einkommensteuerbescheide vorläufig. Das Finanzgericht Münster hat diese Frage dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt (Beschl. v. 08.05.2009 - 1 K 2872/08 E; EFG, 1224 und 2 BvL 13/09) und der BFH äußert ernstliche Zweifel daran, ob das ab 2007 geltende Verbot verfassungsgemäß ist (Beschl. v. 25.08.2009 - VI B 69/09; BStBl II, 826). Die Finanzämter gewähren auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung (BMF-Schreiben v. 06.10.2009 - IV A 3 - S 0623/09/10001; BStBl I, 1148).
  • Bei einer dauerhaften Vermietung ist grundsätzlich von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen. Die Frage, ob eine Totalüberschussprognose erforderlich ist, wenn ein Missverhältnis zwischen Anschaffungs- und Sanierungskosten und der Miete besteht, ist unter dem Aktenzeichen X R 30/07 anhängig.
  • In der Revision unter IX R 30/08 geht es um die Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen und die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße und nachvollziehbare Totalüberschussprognose zu stellen sind.
  • Sind Aufwendungen für einen Erwerb von unbebauten Grundstücken, der wegen Insolvenz des Verkäufers fehlgeschlagen ist, als Werbungskosten abziehbar? Hierüber entscheidet der BFH unter IX R 37/09.
  • Selbst wenn Räume längere Zeit leerstehen, liegt grundsätzlich immer noch eine Einkünfteerzielungsabsicht vor. Die Frage, ob der Vermieter bei längerem Leerstand besondere Maßnahmen ergreifen muss, um seine Absicht zu belegen, ist unter VIII R 51/09 anhängig.
  • Der Vorteil der Anlage in geschlossene Fonds mit Grundstücken jenseits der Grenze liegt darin, dass die Erträge in Deutschland steuerfrei bleiben. Die Verwaltung bezieht dies aber nicht auf Zinsen aus der Anlage von Mietüberschüssen - diese sollen die Beteiligten in der heimischen Steuererklärung angeben. In der Revision unter I R 81/09 befasst sich der BFH mit der Frage, was Auswirkungen auf die Nettorendite hat.
  • Der BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit bei der Besteuerung von Grundstücksverkäufen wegen der Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre (Beschl. v. 16.12.2003 - IX R 46/02; BStBl 2004 II, 284). Immobilienbesitzer, bei denen die Zweijahresfrist Ende 1998 abgelaufen war, legten unter 2 BvL 2/04 Verfassungsbeschwerde ein. Diese geht der Frage nach, ob eine solche Rückwirkung zulässig ist. Beim BVerfG sind drei weitere Verfahren unter 2 BvL 14/02, 2 BvL 13/05 und 2 BvL 21/09 zu diesem Themenbereich anhängig.
  • Eigenheimzulage wird in offenen Fällen auch für Wohnungen in EU- und EWR-Staaten gewährt. Strittig ist, ob es die Förderung auch für Zweit- oder Ferienwohnungen geben muss und ob die Festsetzungsfrist überhaupt zur Anwendung kommt. Dieser Frage geht der BFH unter dem Aktenzeichen IX R 20/09 nach.
  • Beim BVerfG sind unter 1 BvR 3198/09, 1 BvR 3197/09 und 1 BvR 3196/09 drei Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009 anhängig. Das betrifft auch den Erwerb von Immobilien durch Erbschaft oder Schenkung nach 2008. Da Steuerbescheide nicht vorläufig ergehen, müssen sie über ein ruhendes Verfahren selbst offen gehalten werden.

 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 13.04.10