Steuerberatung -

Zur Wirksamkeit freiwilliger und zugleich stets widerruflicher Sonderzahlungen

Die Rechtsgrundlage für Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld findet sich häufig nicht im Arbeitsvertrag. Dann besteht ein Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers aus betrieblicher Übung. Ein solcher Anspruch entsteht dann, wenn der Arbeitgeber die Sonderzahlung über einen längeren Zeitraum in regelmäßiger Wiederholung erbringt. Der Arbeitnehmer darf aus der regelmäßigen Wiederholung zu Recht ableiten, dass der Arbeitgeber sich auch in Zukunft auf diese Art verhalten wird, und auf den dauerhaften Bezug der Leistung vertrauen.

Durch die betriebliche Übung werden freiwillige Leistungen zu verpflichtenden, denen sich der Arbeitgeber nicht mehr einseitig entziehen kann. So entsteht z.B. beim Weihnachtsgeld eine betriebliche Übung, wenn es der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander ohne Freiwilligkeitsvorbehalt zahlt. Der Arbeitnehmer kann dann darauf vertrauen, dass es auch im vierten Jahr gezahlt wird.

Wenn diese Rechtsfolge von einem Arbeitgeber nicht gewünscht wird, muss er die Sonderzahlung mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt versehen. Dieser Vorbehalt ist eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, wonach auf eine bestimmte Leistung kein Anspruch besteht. Manchmal wird ein Freiwilligkeitsvorbehalt durch einen Widerrufsvorbehalt "abgesichert". Nach dem Motto "doppelt hält besser" glauben Arbeitgeber, dass bei einer Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehalts dann wenigstens der Widerrufsvorbehalt Bestand hat. Dabei wird allerdings nicht beachtet, dass ein Widerrufsvorbehalt einen bestehenden Anspruch voraussetzt, den es jedoch wegen des Freiwilligkeitsvorbehalts nicht geben kann. Problematisch waren diese Klauseln insbesondere wegen der Geltung der Vorschriften über die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertragsrecht. Vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln müssen den §§ 305 ff. BGB entsprechen und deshalb klar und angemessen sein.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem im Arbeitsvertrag folgende Klausel enthalten war:

"Gratifikation: Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar."

Für die Jahre 2005 bis 2007 zahlte der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Im Jahr 2008 gewährte er diese Leistung nicht. Eine Arbeitnehmerin klagte daraufhin auf Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2008. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das LAG hingegen wies die Klage ab, da der Arbeitnehmer als "verständiger und redlicher Vertragspartner" keinen Widerspruch zwischen Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt erkennen darf, sondern den Widerrufsvorbehalt als "Stützung des Freiwilligkeitsvorbehalts" werten muss. Weist nämlich ein Arbeitgeber in einem vorformulierten Arbeitsvertrag, der keine Zusage über die Leistung einer Sonderzahlung enthält, darauf hin, die Gewährung einer solchen Sonderzahlung begründe keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers, benachteiligt ein klar und verständlich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer auch dann nicht unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB, wenn der Arbeitgeber diesen Vorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert. Der Widerrufsvorbehalt dient in diesem Fall nur der Stützung des Freiwilligkeitsvorbehalts mit der Folge, dass eine betriebliche Übung nicht entstehen kann. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

LAG Düsseldorf, Urt. v. 29.07.2009 - 2 Sa 470/09

Quelle: Redaktion Steuern - vom 05.01.10