Wann liegt bei einer Betriebsaufgabe eine steuerpflichtige Entnahme und wann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor? Der BFH hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG nur vorliegen, wenn Betriebsvermögen an eine andere Gesellschaft übereignet oder Gegenstände eingebracht werden - eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung reicht demnach nicht.
Sachverhalt
Im Streitfall gab ein Unternehmer seine Ingenieurtätigkeit auf und überließ einer KG, deren Komplementär er war und die die Ingenieurtätigkeit fortführte, das gesamte Betriebsvermögen unentgeltlich zur Nutzung. Dieses übertrug er in das Sonderbetriebsvermögen bei der KG. Er ging von einer nicht steuerbaren Betriebsveräußerung aus, wohingegen das beklagte Finanzamt sowie das Finanzgericht darin eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe bzw. Entnahme aus dem bisherigen Einzelunternehmen sahen.
Wann liegt eine Entnahme vor?
Der BFH bestätigte grundsätzlich die Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht. Die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, wird als Lieferung gegen Entgelt behandelt, sofern der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1b Satz 2 UStG).
Die unentgeltliche Überlassung des gesamten Betriebsvermögens des Einzelunternehmens an die KG bei gleichzeitiger Beendigung der Tätigkeit als Einzelunternehmer stellte eine Entnahme i.d.S. dar, weil die Unternehmereigenschaft des Einzelunternehmers nach Ansicht des BFH damit endete.
Wann liegt eine Geschäftsveräußerung vor?
Eine Geschäftsveräußerung ist gegeben, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Dies kann auch der Fall sein, wenn
- einzelne Gegenstände, die für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit notwendig sind, von der Übereignung oder Einbringung ausgenommen sind und stattdessen dem Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen werden und
- sich zudem aus der Nutzungsüberlassung kein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ergeben kann.
Mangels Einbringung von Gegenständen des Einzelunternehmens in die KG fehlt schon aus Sicht des BFH die tatbestandliche Erfüllung einer Geschäftsveräußerung.
Rechtsfolge der Entnahme
Die entnommenen Gegenstände sind mit dem Einkaufspreis anzusetzen. Der Einkaufspreis ergibt sich jedoch nicht aus den ertragsteuerlichen Buchwerten (ggf. zuzüglich Sonderabschreibung und gewährten Zuschüssen) im Zeitpunkt der Entnahme, sondern aus dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG), d.h. die Wertentwicklung der entnommenen Gegenstände ist zwischen ihrer Anschaffung und der Aufgabe zu berücksichtigen.
Maßgebend ist damit der tatsächliche Restwert der im Einzelfall entnommenen Gegenstände. Dabei kann ggf. auch der ertragsteuerliche Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme anzusetzen sein, wenn die Umstände des Einzelfalls bei der Restwertbestimmung einzelfallbezogen keine zwischenzeitlich eingetretene objektiv feststellbare Wertminderung ergeben.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH ist unter zwei Gesichtspunkten für die Praxis von Bedeutung: Zum einen hat der BFH klargestellt, dass eine Geschäftsveräußerung die Übertragung von Wirtschaftsgütern voraussetzt, d.h. eine bloße Nutzungsüberlassung nicht ausreicht. Zum anderen sieht der BFH offensichtlich in der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung der Wirtschaftsgüter keine unternehmerische Tätigkeit, denn sonst hätte die Beendigung der Ingenieurtätigkeit als Einzelunternehmer keine Aufgabe wegen der Einstellung der Tätigkeit sein können.
Dies ist insoweit interessant, da ein Entgelt in der Stärkung der Gesellschafterstellung gesehen werden könnte. Bei künftigen Einbringungen wird vor dem Hintergrund dieser Entscheidung darauf zu achten sein, dass auch tatsächlich Wirtschaftsgüter auf die Gesellschaft übertragen werden, um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung zu erreichen. Ansonsten ist eine solche Neugestaltung nicht steuerneutral möglich
BFH, Urt. v. 21.05.2014 - V R 20/13
Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Axel Scholz