Eine Personengesellschaft besteht als Liquidationsgesellschaft steuerrechtlich so lange fort, bis alle Rechtsbeziehungen beendet sind. Weil dazu auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Finanzamt gehört, hat die Verwaltung jetzt einen Erlass zu der Frage veröffentlicht, ob und wann im Rahmen der Liquidation Bescheide an die Gesellschaft gerichtet werden können. Dabei wird zwischen GbR und KG unterschieden; es gibt bei ihnen Besonderheiten hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen.
1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Liquidation (GbR i.L.)
Den ehemaligen Gesellschaftern steht als Liquidatoren die Geschäftsführungsbefugnis zwar nur gemeinschaftlich zu; für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an die GbR i.L. gilt jedoch der allgemeine Grundsatz, dass jeder Gesellschafter einzeln zur Entgegennahme von Erklärungen berechtigt ist. Das Finanzamt ist auch nach der AO berechtigt, einen Verwaltungsakt für die GbR nur einem der Gesellschafter, der zugleich auch Liquidator ist, bekanntzugeben. Aus dem Bescheid muss hervorgehen, dass die Bekanntgabe an den Adressaten als Vertreter für die GbR i.L. erfolgt.
Ist die Liquidation gesellschaftsrechtlich bereits abgeschlossen, ist es meist unpraktisch, Verwaltungsakte noch gegenüber der Gesellschaft zu erlassen. In diesen Fällen werden Steueransprüche gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter durch Haftungsbescheid geltend gemacht.
2. Personenhandelsgesellschaft in Liquidation (OHG/KG i.L.)
Auch eine Personenhandelsgesellschaft besteht als Liquidationsgesellschaft steuerrechtlich so lange fort, bis alle gemeinsamen Rechtsbeziehungen beendet sind. Steuerbescheide an die Gesellschaft werden an den bestellten Liquidator unter Angabe seines Vertretungsverhältnisses bekanntgegeben. Ist die Liquidation einer Personenhandelsgesellschaft gesellschaftsrechtlich bereits abgeschlossen, werden auch bei der Personenhandelsgesellschaft Steueransprüche durch Haftungsbescheid geltend gemacht.
Da die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister nur deklaratorisch wirkt, ist zu diesem Zeitpunkt noch keine steuerrechtliche Vollbeendigung eingetreten. Stellt sich später heraus, dass noch ein Anspruch geltend zu machen ist, besteht das Liquidationsstadium weiter. Die unzutreffende Löschung im Register kann auch wieder rückgängig gemacht werden, und auch ohne zurückgenommene Löschung kann die Gesellschaft unter ihrer bisherigen Firma auftreten, klagen und verklagt werden.
Ist die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG bereits im Handelsregister gelöscht und sind gegenüber der GmbH & Co. KG noch Verwaltungsakte zu erlassen, ist die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die Komplementär-GmbH entbehrlich. Die ehemaligen Kommanditisten vertreten (jeder einzeln) als gesetzliche Liquidatoren die KG. Die Bekanntgabe von Steuerbescheiden für die Gesellschaft an einen der Liquidatoren reicht damit aus. Die Bekanntgabe erfolgt wie bei der GbR.
3. Gesonderte und einheitliche Feststellung für die Gesellschafter
Gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide können weiterhin einem gemeinsam bestellten Empfangsbevollmächtigten bekanntgegeben werden, wenn
- die gesellschaftsrechtliche Liquidation noch nicht abgeschlossen ist und
- die Beteiligten oder der Empfangsbevollmächtigte nicht widersprochen haben.
In der Liquidationsphase einer Personengesellschaft ist der Liquidator Empfangsbevollmächtigter. Ist kein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter vorhanden, kann ein einheitlicher und gesonderter Feststellungsbescheid an den Liquidator bekanntgegeben werden. Bei der Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmächtigten ist nach der AO in dem Feststellungsbescheid stets darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten erfolgt.
Nach Abschluss der gesellschaftsrechtlichen Liquidation kann aber von der Möglichkeit der Bekanntgabe an den (ehemaligen) Liquidator kein Gebrauch mehr gemacht werden, da dessen Amt erloschen ist. Allerdings besteht dann noch die Möglichkeit, Feststellungsbescheide weiterhin einem gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bekanntzugeben. Im Einzelfall kann es aber praktikabler sein, einen Feststellungsbescheid jedem Gesellschafter bekanntzugeben. Dies bietet sich etwa bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten und den Empfangsbevollmächtigten an oder wenn bereits längere Zeit verstrichen ist, seit die gesellschaftliche Liquidation begonnen hat.
Praxishinweis
- Eine OHG i.L. wird zu einer GbR i.L., wenn kein Aktivvermögen mehr vorhanden ist und sich auch aus einem noch zu erlassenden Steuerbescheid keine Erstattung (Vermögensanspruch) ergibt. Dabei ist eine fehlerhafte Bezeichnung im Steuerbescheid unschädlich.
- Wird ein Feststellungsbescheid gegenüber der Komplementär-GmbH mangels Bestellung eines Nachtragsliquidators nicht bekanntgegeben, führt dies nicht zur Nichtigkeit des den übrigen Gesellschaftern bekanntgegebenen Feststellungsbescheids. Die wirksame Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an die Komplementär-GmbH kann nämlich auch noch im finanzgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden.
FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlass v. 16.05.2013 - S-0284
BFH, Urt. v. 22.10.1986 - II R 118/84, BStBl 1987 II 183
BFH, Urt. v. 06.05.1977 - III R 19/75, BStBl 1977 II 783
BFH, Urt. v. 06.03.1985 - I R 119/82, BStBl 1985 II 541
BFH, Urt. v. 22.01.1985 - VIII R 37/84, BStBl 1985 II 501
BFH, Urt. v. 11.02.1987 - II R 103/84, BStBl 1987 II 325
Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 18.06.13