Die Erbschaftsteuerreform wird zur Belastungsprobe für die große Koalition. Was bisher geschah:
- Nachdem Finanzminister Schäuble frühzeitig seine so genannten Eckpunkte zur Erbschaftsteuerreform sowie anschließend einen Referentenentwurf vorgelegt hatte, regte sich lautstarke Kritik sowohl in der Wirtschaft als auch in den Reihen der Koalition.
- Nach langem hin und her einigte sich die GroKo deshalb im Sommer 2015 auf einen Kompromiss und beschloss einen abgeänderten Regierungsentwurf. Doch auch dieser war in einigen Kreisen der Regierungsfraktionen nicht akzeptiert.
- Auch die Länder waren nach wie vor unzufrieden – und stellten in ihrer Stellungnahme zahlreiche Änderungswünsche vor. Immerhin: Der Bundesrat rüttelte noch nicht am Grundkonzept der Erbschaftsteuerreform.
Ein solches Erdbeben scheint sich nun im Hintergrund aber doch anzubahnen...
Erbschaftsteuerreform 2015/ 2016: Die Suche nach einem neuen Ansatz
Denn: Nachdem sich Wirtschaft und Steuerberaterverbände weiterhin massiv gegen die derzeitigen Reformpläne aussprachen (und dabei in den Koalitionsparteien Unterstützer haben), sind die Finanzexperten der SPD und Union nach Informationen der Süddeutschen Zeitung jetzt auf der Suche nach einem ganz neuen Ansatz.
Das größte Problem bisher: Bei dem Gesetzesentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer kann es bei großen Unternehmen zu einem sprunghaften und starken Anstieg der Belastung für die Erben kommen. Dies gilt für Unternehmen mit einem Betriebsvermögen von mehr als 26 Millionen Euro.
Die Erben der großen Betriebsvermögen sollen nach Schäubles Reformvorschlägen wählen können. Entweder akzeptieren sie, dass das Finanzamt ihre Vermögensverhältnisse in Hinblick auf eine Verschonungsmöglichkeit prüft. Oder sie entscheiden sich für das so genannte Abschmelzungsmodell.
Von 26 Millionen Euro an vermindert sich damit der Anteil des verschonten Vermögens pro zusätzlichen 1,5 Millionen Euro um einen Prozentpunkt – dies allerdings nur bis zu einem Vermögen von 120 Millionen Euro. Darüber hinaus sollen immer 20 Prozent des Vermögens verschont werden.
Nach Berechnungen des Professors für Steuerwirkungslehre an der Berliner FU, Frank Hechtner, führt dies in manchen Fällen zu einer konfiskatorischen Grenzbelastung. Die ohnehin steigend ausgestaltete Besteuerung wird verschärft, weil gleichzeitig auch das zu versteuernde Vermögen anwächst.
In solchen Fällen nehme der Staat dem Steuerpflichtigen nicht nur einen Teil seines Vermögens weg, sondern alles.
Deshalb arbeitet die GroKo nun im Hintergrund – so die SZ – bereits an einem völlig neuen Entwurf der Erbschaftsteuerreform. Es bleibt also auch 2016 spannend – sobald konkrete Informationen zu diesem neuen Ansatz durchsickern, werden wir Sie hier auf den Themenseiten zur Erbschaftsteuerreform informieren!
Markus Bongardt, Online Redaktion
Quelle: sueddeutsche.de vom 17.11.2015: Steuer mit enteignender Wirkung