Die Finanzverwaltung folgt mit einem aktuellen BMF-Schreiben der Rechtsprechung des BFH und des EuGH zu den Voraussetzungen der Umsatzsteuererstattung bei einem unrichtigen bzw. unberechtigten Steuerausweises gemäß § 14c UStG. Demnach erstattet der Fiskus die Umsatzsteuer nur soweit als der Mehrbetrag auch zurückgezahlt worden ist - die bloße Vereinbarung einer solchen Rückzahlung reicht nicht.
Schon vor sieben Jahren hatte der BFH seine Rechtsprechung in der Frage, inwieweit eine Umsatzsteuererstattung bei Rechnungsberichtigung zulässig ist, geändert. Danach mindert sich für den Fall, dass der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts vereinbaren, die Bemessungsgrundlage nur insoweit, wie das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird. Zudem ist die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Entgelt zurückgewährt worden ist. Nun hat sich das BMF dieser Ansicht angeschlossen und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) entsprechend geändert.
Voraussetzungen für die Steuererstattung
Wird ein höherer Steuerbetrag in der Rechnung vom leistenden Unternehmer ausgewiesen, als der leistende Unternehmer tatsächlich für die Leistung schuldet, hat der leistende Unternehmer auch den Mehrbetrag an das Finanzamt abzuführen. Wird allerdings durch eine korrigierte Rechnung der korrekte Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger vom leistenden Unternehmer berechnet, erfordert die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags gegenüber der Finanzverwaltung, dass der Mehrbetrag an den Leistungsempfänger erstattet worden ist. Eine Erstattung durch die Finanzverwaltung ist daher nur insoweit möglich, wie der Mehrbetrag zurückgezahlt worden ist.
Diese Ansicht wird mit der Rechtsprechung des EuGH begründet. Danach bildet bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage. Allerdings scheidet eine Sollbesteuerung aus, soweit der leistende Unternehmer das Entgelt erhalten hat. Falls der Unternehmer das vereinbarte Entgelt bereits erhalten hat, ändert sich die Bemessungsgrundlage nur durch die tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts, während die (bloße) Vereinbarung einer „Entgeltsminderung“ nicht ausreicht. Nach nun übereinstimmender Auffassung von BFH sowie Finanzverwaltung gelten diese Grundsätze ebenfalls im Zusammenhang mit der Berichtigung von unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer.
Folglich ist in den Fällen, in denen unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, der geschuldete Betrag wie bisher nach § 14c Abs. 2 Satz 3–5 UStG zu berücksichtigen, also nur, wenn vom Leistungsempfänger kein Vorsteuerabzug durchgeführt oder die bereits geltend gemachte Vorsteuer für den betreffenden Besteuerungszeitraum zurückgezahlt wurde. Dies erfordert einen schriftlichen Antrag beim Finanzamt. Daher ist nicht die Rückzahlung eines zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrags, sondern die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens entscheidend.
Anwendung und Veröffentlichung
Das Schreiben ist ab sofort anwendbar. Neben dem oben dargestellten Inhalt wird die geänderte Rechtsprechung des BFH auch in Abschn. 14c.1 UStAE aufgenommen und ist damit gleichzeitig ab sofort für die Finanzverwaltung verbindlich. Neben den genannten allgemeinen Grundsätzen wurde auch ein Rechenbeispiel im UStAE aufgenommen, welches die einzelnen Schritte anhand einer falschen Rechnungsstellung (Regelsteuersatz statt ermäßigtem Steuersatz) illustriert. Dabei wird sowohl das Vorgehen bei berichtigtem und damit niedrigerem Rechnungsbetrag mit Rückgewährung des zu viel einbehaltenen Rechnungsbetrags an den Leistungsempfänger als auch der Rechenweg ohne Rückgewährung mittels einem angepassten Entgelt angeführt.
Praxishinweis
Es ist zu begrüßen, dass das BMF – wenn auch mit sieben Jahren Verspätung – der Rechtsprechung von BFH und EuGH folgt und diese in den UStAE übernimmt. Damit sind die Grundsätze der Rechtsprechung nun allgemein für die Finanzverwaltung verbindlich, was gleichzeitig Rechtssicherheit schafft. Unternehmer, Unternehmen und deren Berater sollten sich aber auch auf diese neuen Grundsätze zur Rechnungsberichtigung bzw. Sicherung des Steueraufkommens im Zusammenhang mit einem überhöhten Steuerausweis in der Rechnung einstellen, um finanzielle Nachteile bei einer erforderlichen Rechnungsberichtigung zu vermeiden.
BMF, Schreiben v. 07.10.2015 - III C 2 – S-7282/13/10001
BFH, Urt. v. 18.09.2008 – V R 56/06, BStBl 2009 II 250
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz