Wann wird bei einer Vermögensübertragung in der Ehe Schenkungsteuer fällig? Der BFH hat entschieden, dass eine Zuwendung unter Ehegatten der Schenkungsteuer unterliegt, wenn ein Guthaben eines Einzelkontos bzw. Einzeldepots des einen Ehegatten auf das Konto des Partners übertragen wird. Der begünstigte Ehepartner trägt dann die objektive Beweislast für das, was gegen eine Schenkung spricht.
Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung zur Schenkungsteuerpflicht der Übertragung eines Guthabens auf einem Einzelkonto an den anderen Ehegatten Stellung genommen.
Sachverhalt der Besprechungsentscheidung
Ein Ehegatte übertrug die Werte seines Einzelkontos und -depots, die bei einer Schweizer Bank geführt wurden, unentgeltlich auf ein eigenes Einzelkonto bzw. -depot des anderen Ehegatten bei dieser Schweizer Bank. Das Finanzamt setzte die unter den Ehegatten übertragenen Werte in voller Höhe als freigebige Zuwendung an. Die Ehegatten gingen hingegen lediglich von einer Bereicherung in Höhe der Hälfte der übertragenen Werte aus, weil die andere Hälfte der Werte bereits vor der Übertragung demjenigen Ehegatten zugestanden habe, der die Werte erhalten hatte. Weder Finanzgericht noch BFH teilten diese Ansicht.
Voraussetzungen einer freigiebigen Zuwendung
Als Schenkung unter Lebenden gilt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Erforderlich für eine Bereicherung ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten.
Untersuchungspflicht von Behörde/Gericht und Steuerpflichtigem
Für die Entscheidung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat zunächst die Finanzbehörde und im Rechtsstreit das Finanzgericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, wobei Schenker und Beschenkte zu befragen sind. Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. Bei Auslandssachverhalten gelten dabei erhöhte Mitwirkungspflichten. Kann dadurch der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden, ist unter Anwendung der Beweislastregeln zu entscheiden, zu wessen Lasten Unklarheiten über maßgebliche Tatsachen gehen.
Nach ständiger Rechtsprechung liegt die Feststellungslast für steuerbegründende Tatsachen beim Steuergläubiger/Finanzbehörde und für steuermindernde Tatsachen beim Steuerpflichtigen. Also trägt die Finanzbehörde die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung erforderlich sind, während der Beschenkte die Feststellungslast für die Tatsachen trägt, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen.
Diese Grundsätze gelten auch für die Umstände, die belegen sollen, dass im Innenverhältnis dem anderen Ehegatten das Guthaben, das ihm vom Einzelkonto seines Ehegatten unentgeltlich übertragen worden ist, bereits vor der Übertragung ganz oder teilweise zustand.
Anwendung der Grundsätze auf Bankkonten
Sofern bei einem Gemeinschaftskonto von Ehegatten (sog. Oder-Konto) hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll. Bei einem Einzelkonto zählen zu den der Annahme einer freigiebigen Zuwendung entgegenstehenden Tatsachen auch solche, die belegen sollen, dass dem Bedachten das vom Einzelkonto oder -depot des Ehegatten unentgeltlich übertragenen Guthaben im Innenverhältnis bereits vor der Übertragung vollständig oder teilweise zuzurechnen war. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Kontoinhaber für seinen Ehegatten Teile am Konto/Depot nur als Treuhänder gehalten hat. Dies muss dann der Beschenkte beweisen.
Feststellungslast des Ehegatten
Weil es den betroffenen Ehegatten nicht gelungen ist, das Finanzgericht oder den BFH davon zu überzeugen, dass das hälftige Vermögen bereits vor der Übertragung von einem Einzelkonto in das andere dem begünstigten Ehegatten zugestanden hätte, entschieden beide Gerichte nach der Feststellungslast und wiesen die Klage ab.
Praxishinweis
Für Einzelkonten besteht aufgrund dieser Entscheidung nun Klarheit: Unentgeltliche Übertragungen führen im Zeitpunkt der Übertragung zur unentgeltlichen Zuwendung an den Ehegatten. Falls die Ehegatten von einer anderen Zuordnung der Besitzverhältnisse am Wert des Kontos ausgehen, müssen sie die dafür maßgeblichen Tatsachen vortragen und beweisen. Kontovollmachten für Einzelkonten sind dafür ohne Bedeutung. Bei geplanten Übertragungen sollte dies also beachtet werden.
Vor der „offiziellen“ Übertragung von einem Einzelkonto zu einem anderen Einzelkonto sollten also ausreichend Indizien dafür geschaffen werden, dass dem vermeintlich begünstigten Ehegatten die übertragenen Werte bereits vorher zugestanden haben, z.B. in einer treuhänderischen Vereinbarung zwischen den Ehegatten über den hälftigen Anteil des vermeintlich begünstigten Ehegatten am Gesamtwert des ursprünglichen Kontos. Zu beachten ist auch, dass diese Entscheidung nicht zu Gemeinschaftskonten ergangen ist – insoweit bleibt daher abzuwarten, welche Verteilung der Feststellungslast der BFH bei Gemeinschaftskonten vornehmen würde.
BFH, Urt. v. 29.06.2016 - II R 41/14
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz