Nachdem die Bundesregierung mit einem Gesetzentwurf auf frühere Forderungen des Bundesrats zur Steuervereinfachung reagiert hatte, gehen nun die Bundesländer wieder in die Offensive. In seiner Sitzung vom 08.05.2015 hat der Bundesrat weitere Änderungen gefordert. Das Gesetzespaket, das auf einer „Protokollerklärung“ zum „Zollkodex-Anpassungsgesetz“ basiert, geht damit in eine weitere Runde.
Der Bundesrat hat im Sommer 2014 während des Gesetzgebungsverfahrens zum sogenannten „Kroatien-Anpassungsgesetz" und dann im Dezember 2014 im Gesetzgebungsverfahren zum sogenannten „Zollkodex-Gesetz" die Umsetzung seines Entwurfs zum Steuervereinfachungsgesetz 2013 verlangt.
Diesem Verlangen ist die Bundesregierung bisher aber nur teilweise nachgekommen, so dass der Bundesrat nun in seiner Sitzung am 08.05.2015 mit Nachdruck eine kurzfristige Berücksichtigung seiner Vorschläge angemahnt hat.
Der Bundesrat billigt die von der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf gemachten Vorschläge zwar weitgehend, fordert darüber hinaus aber noch die parlamentarische Beratung weiterer Gesetzesänderungen, die er bereits im Entwurf zum Steuervereinfachungsgesetz 2013 formuliert hatte. Dazu gehören
- Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags,
- Pauschalierung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer,
- Erhöhung der Pauschbeträge für behinderte Menschen bei gleichzeitiger Neuregelung des Einzelnachweises tatsächlicher Kosten,
- Neuregelung beim Abzug und Nachweis von Pflegekosten,
- Neuregelung beim Abzug von Unterhaltsleistungen an Personen mit Wohnsitz in Ländern außerhalb des EU-/EWR-Raums,
- Begrenzung der Steuerfreiheit der Arbeitgeberleistungen zur Kinderbetreuung,
- Senkung der Freigrenze für Sachbezüge in § 8 Abs. 2 S. 9 EStG,
- Einführung eines Sockelbetrags bei der Steuerermäßigung für Handwerkerrechnungen nach § 35a EStG,
- Vereinfachung des Verlustabzugs nach § 15a EStG.
Ergänzungen des Bundesrats zu den geplanten Änderungen im Gesetzentwurf der Bundesregierung
Änderung der Kinderbetreuungskosten nach § 3 Nr. 33 und 34a EStG sowie § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 4 EStG
Der Bundesrat schlägt vor, die mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz eingeführte Regelung in § 3 Nr. 34a EStG insoweit zu erweitern, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einkommensteuerrechtlich nicht nur in Fällen der kurzfristig erforderlich werdenden Betreuung von Kindern gefördert wird, sondern diese genereller gefördert werden soll. Gleichzeitig wird die Steuerfreiheit der Höhe nach auf die Beträge begrenzt, die nach § 10 EStG als Sonderausgaben abziehbar wären, wenn der Steuerpflichtige für die Aufwendungen keine Leistungen seines Arbeitgebers erhält, also auf jährlich 4.000 €.
Verschärfung beim Sachbezug nach § 8 Abs. 1 S. 9 EStG
Nachdem der BFH in einigen Urteilen Leistungen, die von der Praxis bislang als Geldleistungen angesehen wurden (Gutscheine, die auf einen Geldbetrag lauten; Geldleistungen mit Verwendungsauflage), den Sachbezügen zugeordnet hat, hat er damit eine Anwendung der 44 €-Freigrenze auch für derartige Bezüge eröffnet. Die vorgeschlagene gesetzliche Änderung soll dazu dienen, die alte Rechtspraxis wiederherzustellen und das Gestaltungspotenzial der 44 €-Freigrenze einzuschränken. Insbesondere soll durch die gesetzliche Neuregelung gleichzeitig erreicht werden, dass Gutscheine (die auf einen Geldbetrag lauten), zweckgebundene Geldzahlungen sowie Beiträge zu einer Versicherung zugunsten des Arbeitnehmers nicht unter den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 EStG fallen.
Änderung bei der Feststellung von Verlustvorträgen
§ 10d Abs. 4 EStG soll so geändert werden, dass ein noch nicht verjährter Verlustfeststellungsbescheid nicht mehr ergehen kann, wenn
- für das Verlustentstehungsjahr kein Einkommensteuerbescheid existiert und
- auch aufgrund der Festsetzungsverjährung kein Einkommensteuerbescheid mehr erlassen werden kann.
Diese Änderung dient dazu, die Folgen des Urteils des BFH vom 13.01.2015 (IX R 22/14) gesetzlich zu ändern. Der BFH hatte entschieden, dass für nicht feststellungsverjährte Jahre ein Verlustfeststellungsbescheid noch ergehen kann, wenn für das Verlustentstehungsjahr kein Einkommensteuerbescheid existiert und auch kein Einkommensteuerbescheid mehr erlassen werden kann, weil bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Änderung des § 11 EStG
Zur Vermeidung von reinen Steuersparmodellen und zur Steuervereinfachung soll § 11 Abs. 2 S. 4EStG gestrichen werden.
Änderung des § 64 EStDV
Zur Erreichung von Rechtssicherheit für Bürger und Verwaltung und zum eindeutigen und leichten Umgang mit der Vorschrift wird eine abstrakte Nachweisregelung für medizinische Maßnahmen geschaffen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen.
Gleichbehandlung der Organschaft bei der Gewerbesteuer
Durch eine Änderung des Gewerbesteuergesetzes soll sichergestellt werden, dass die
Gewinnausschüttungen, die von einer Organgesellschaft bezogenen werden, gewerbesteuerlich genauso belastet werden, wie dies bei nicht organkreiszugehörigen Unternehmen der Fall ist.
Praxishinweis
Insgesamt fordert der Bundesrat, seine bisherigen Änderungswünsche in einem deutlich stärkeren Maße als bisher in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Darüber hinaus schlägt er zahlreiche Änderungen vor, die Rechtsfolgen von mehreren Urteilen des BFH durch Gesetzesänderungen im Sinne der Verwaltung beeinflussen oder die die Handhabung von Gesetzen vereinfachen bzw. vereinheitlichen sollen. Als gesichert dürfte wohl anzusehen sein, dass die von der Bundesregierung beabsichtigten Änderungen im UmwStG umgesetzt werden können. Bei den übrigen Gesetzesvorhaben bleibt abzuwarten, inwieweit der Bundestag und die Bundesregierung den Wünschen des Bundesrats nachkommen werden.
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, Stellungnahme des Bundesrats v. 08.05.2015, BR-Drs. 121/15
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz
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