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Umsatzsteuer: BMF ändert Verwaltungspraxis bei Verpflegungsleistungen

Das BMF ändert die bisherige Verwaltungspraxis bei der Besteuerung von Hotel bzw. Beherbergungsumsätzen. Demnach sind die Umsätze bei der Verpflegung von Beherbergungs- und Hotelgästen  als „Nebenleistungen“ zur Übernachtung anzusehen. Wegen des gesetzlichen „Aufteilungsgebots“ gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz allerdings nur für solche Leistungen, die unmittelbar der Beherbergung dienen. 

Bereits mit seinem Schreiben vom 04.05.2010 hatte sich das BMF zu den Verpflegungsleistungen im Rahmen einer Beherbergung geäußert. Zwar gab es dem Gericht dem Grunde nach Recht, hielt aber die Begründung nicht für ausreichend und reagierte kurzerhand mit einem Nichtanwendungserlass für das BFH-Urteil vom 15.01.2009 (V R 9/06).

Der Senat war seinerzeit der Ansicht, dass es sich bei der Verpflegung von Hotelgästen um eine steuerbare Nebenleistung zur Übernachtung handelt, die als Teil der Gesamtleistung am Ort des Hotels nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG steuerbar und mit dem gleichen begünstigten Steuersatz steuerpflichtig sei.

Grundsatz der einheitlichen Leistung

Das „Hin und Her“ der im Steuerrecht maßgeblichen obersten Rechtsmeinungsorgane hat seinen Kern im „Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung“ eines Umsatzes. Wenn eine Leistung sich als unselbständige Nebenleistung zu einer sonstigen Leistung darstellt, teilt sie das Schicksal der Hauptleistung.

Sieht man beispielsweise in der Verpflegungsleistung eines Hotelunternehmens eine unselbständige Nebenleistung zur Übernachtung als Hauptleistung, gelten für die Verpflegung die gleichen Steuerbedingungen wie für die Übernachtung. Die Verpflegung dient unmittelbar der Beherbergung und unterliegt ebenfalls nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem 7%igen Umsatzsteuersatz; diese Rechtsansicht wurde im BFH-Urteil vom 15.01.2009 bestätigt.

Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen

Daraufhin führte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2010 das „Aufteilungsgebot“ (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG), die sogenannte „Hotelsteuer“, ein. Dadurch wollte der Gesetzgeber den Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung modifizieren. Künftig sollten Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung (z.B. Frühstücksleistungen) dienen, mit 19 % belegt werden.

Der BFH vertrat aber in seinem nächsten einschlägigen Urteil vom 24.04.2013 (XI R 3/11) weiterhin seine Auffassung von der uneingeschränkten Einheitlichkeit der Leistung. Deshalb musste an dieser Stelle das BMF (Schreiben vom 09.12.2014) – unter Aufgabe seiner bisherigen vertretenen Rechtsauffassung – eingreifen und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend ändern. Klarstellend wird also Folgendes angeordnet:

  • Nur unmittelbare Vermietungs-/Beherbergungsumsätze unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
  • Verpflegungsleistungen werden mit 19 % versteuert.
  • Das gilt auch dann, wenn die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen zu einem Pauschalpreis angeboten werden.

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird dementsprechend angepasst in:

  • Abschnitt 23.10
  • Abschnitt 10.1
  • Abschnitt 12.16
  • Abschnitt 25.1

Die unterschiedlich hohen Umsatzsteuersätze verstoßen nicht gegen EU-Recht, denn dem nationalen Gesetzgeber steht es frei, Elemente einer Leistung unterschiedlich zu besteuern bzw. Steuerermäßigungen auf konkrete Aspekte einer Kategorie zu beschränken (so einzelne Literaturstimmen).

Zeitliche Anwendung der Änderungen

Die Anweisung des BMF bezieht sich auf alle offenen Fälle. Für Zwecke des Vorsteuerabzugs wird es nicht beanstandet, wenn für vor dem 01.01.2015 ausgeführte Umsätze der Unternehmer Verpflegungsleistungen als selbständige Leistungen behandelt werden.

Praxishinweis

Durch dieses klärende BMF-Schreiben werden gleichzeitig die anderen bereits in Abschnitt 12.16 Abs. 8 UStAE genannten Leistungen, die unmittelbar nicht der Vermietung dienen, argumentativ verstärkt.

Künftig werden also Steuerstreitverfahren hinsichtlich dieser Nebenleistungen weniger Erfolgsaussichten für den Steuerpflichtigen haben. Dies gilt etwa für

  • Getränkeversorgung aus der Minibar;
  • Nutzung von Kommunikationsnetzen (insbesondere Telefon und Internet);
  • Nutzung von Fernsehprogrammen außerhalb des allgemein und ohne gesondertes Entgelt zugänglichen Programms („pay per view“);
  • Transport von Gepäck außerhalb des Beherbergungsbetriebs;
  • Überlassung von Sportgeräten und -anlagen;
  • Ausflüge;
  • Reinigung und Bügeln von Kleidung, Schuhputzservice;
  • Transport zwischen Bahnhof/Flughafen und Unterkunft.

BMF-Schreiben vom 09.12.2014 – IV D 2 – S - 7100/08/10011

BMF-Schreiben vom 04.05.2010 – IV D 2 – S - 7100/08/10011, BStBl 2010 I 490;
BFH-Urt. v. 15.01.2009 – V R 9/06, BStBl 2010 II  433;
BFH-Urt. v. 24.04.2013 – XI R 3/11, BStBl 2014 II 86

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann