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Erbfall: Was gilt für den Begünstigungstransfer?

Wann kann nach einer Erbauseinandersetzung der Begünstigungstransfer für Betriebsvermögen, vermieteten Wohnraum und das selbstgenutzte Familienheim genutzt werden? Nach dem BFH ist dies auch dann möglich, wenn Vermögen im Zuge der Nachlassteilung mehr als sechs Monate nach dem Erbfall übertragen wird (entgegen der Finanzverwaltung, Hinweise in H E 13a.11 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.05.2024 (II R 12/21) entschieden, dass der Transfer der Steuerbegünstigung für Betriebsvermögen, vermieteten Wohnraum und das selbstgenutzte Familienheim unter Miterben nur voraussetzt, dass die Übertragung der einzelnen Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. 

Dies kann auch noch nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgen.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger K und sein Bruder wurden zu gleichen Teilen Erben ihrer Eltern, die im Jahr 2015 kurz nacheinander verstarben. 

Zum Nachlass der Mutter gehörten u.a. Grundstücke, zum Nachlass des Vaters gehörten Grundstücke und Kommanditbeteiligungen von jeweils 20 % an einer gewerblich tätigen GmbH & Co. KG sowie an deren Komplementärgesellschaft (GmbH). Die restlichen Anteile an der KG sowie der GmbH standen bereits im Eigentum des K.

Für die erhaltenen Beteiligungen und Grundstücke wurden die Steuerbegünstigungen nach § 13a ErbStG und § 13c ErbStG a.F. gewährt. Für die von K nach dem Erbfall bewohnte Wohnung wurde zudem die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG gewährt. 

Die Erbschaftsteuerfestsetzung erfolgte zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In der Folge übertrugen K und sein Bruder untereinander zum Zweck der Erbauseinandersetzung mehrere Grundstücke. 

Zudem wurde der auf den Bruder des K entfallende Anteil von 10 % an der KG auf den K übertragen. Für den GmbH-Anteil leistete K eine Abfindung an seinen Bruder.

Nach den Übertragungen beantragte K die Änderung des Bescheids nach § 164 Abs. 2 AO beim Finanzamt (FA), da die erbschaftsteuerrechtlichen Begünstigungen nach §§ 13a ff. ErbStG neu zuzuordnen und bei einer Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen seien. 

Das FA lehnte die Änderung mit dem Verweis ab, dass eine Erbauseinandersetzung steuerlich nur zeitnah nach dem Erbfall berücksichtigt werden kann. 

Das Finanzgericht gab der späteren Klage gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung statt. Auch der BFH hielt die Revision des FA für unbegründet und wies diese zurück.

Teilung des Vermögens nach einer Erbauseinandersetzung

Werden mehrere Personen gemeinsam Erben und teilen sie das erworbene Vermögen im Nachgang untereinander auf, so können auch die Begünstigungen für bestimmte Vermögensgegenstände im Rahmen der Erbschaftsteuer neu aufgeteilt werden. 

Die steuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen können zudem nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn das Vermögen einem anderen Miterben zugeteilt wird. 

Auch für bebaute Grundstücke, die als Familienheim genutzt oder zu Wohnzwecken vermietet werden, bestehen mit § 13d Abs. 2 und § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG vergleichbare Regelungen, die eine Neuverteilung der steuerlichen Begünstigungen erfordern. 

Im Rahmen der Teilung erhaltene begünstigte Vermögensteile haben dabei lediglich Einfluss auf die Höhe der erbschaftsteuerlichen Begünstigung und führen nicht zu einer anderen Zurechnung der Erwerbsgegenstände.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Die Übertragung des Vermögens nach den genannten Vorschriften hat im Rahmen der Teilung des Nachlasses zu erfolgen. Eine bestimmte Frist sieht das Gesetz nicht vor. 

Der BFH trat der Auffassung der Finanzverwaltung entgegen, die für Erbauseinandersetzungen regelmäßig eine Frist von sechs Monaten nach dem Erbfall vorsah. 

Die Erbauseinandersetzung kann nach Ansicht des BFH auch zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden, wenn die Teilung noch „im inneren Zusammenhang zum Erbfall“ erfolgt.

Praxishinweis

Eine konkrete Frist, bis zu welchem Zeitpunkt eine Erbauseinandersetzung erfolgen kann, wurde in der Entscheidung nicht benannt. 

Die seitens der Finanzverwaltung bisher gesetzte Frist von sechs Monaten führte in der Praxis regelmäßig zu Problemen, wenn beispielsweise die Miterben sich innerhalb dieser Frist nicht über die Zuteilung des Vermögens einig wurden oder der Kontakt zu manchen Erben nicht hergestellt werden konnte. 

Es ist daher zu begrüßen, dass diesbezüglich nun mehr Spielraum eingeräumt wurde. Voraussetzung bleibt jedoch ein innerer Zusammenhang zum Erbfall, so dass sich die Erben auch nach der aktuellen Entscheidung des BFH nicht ewig Zeit lassen können.

BFH, Urt. v. 15.05.2024 - II R 12/21

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