Eigentümergemeinschaften bilden regelmäßig Instandhaltungsrücklagen für das Gemeinschaftseigentum an Immobilien. Aber führt die Übernahme einer Instandhaltungsrücklage beim Immobilienkauf zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer? Der BFH hat das verneint. Das Entgelt hierfür ist unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen.
Mit Urteil vom 16.09.2020 (II R 49/17) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bei dem Erwerb von Teileigentum auch ein anteiliger Wert für die übernommene Instandhaltungsrücklage miteinzubeziehen ist.
Eine Kürzung kommt auch dann nicht in Betracht, wenn in dem Kaufvertrag ein separater Kaufpreis für die Instandhaltungsrücklage vereinbart wurde.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin erwarb mittels eines notariellen Kaufvertrags im Jahr 2016 vier Gewerbeeinheiten und neun Tiefgaragenstellplätze, einschließlich Miteigentumsanteilen an dem gemeinschaftlichen Eigentum. Das Finanzamt setzte auf den gesamten vereinbarten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest.
Die Klägerin wendete sich gegen die Festsetzung der Grunderwerbsteuer, da für die Übernahme der Instandhaltungsrücklage ebenfalls Grunderwerbsteuer festgesetzt worden ist. Die Bemessungsgrundlage ist um den anteiligen Kaufpreis für die Instandhaltungsrücklage zu mindern.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung zurück. Nach der Auffassung des FG sei die Instandhaltungsrücklage Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft und gehe daher anteilig auch auf den Käufer über. Auch der BFH wies die gegen das Urteil des FG eingelegte Revision als unbegründet zurück.
Grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage
Teileigentum wird gem. § 1 Abs. 3 WEG als das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes i.V.m. dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum definiert. Demnach wird es auch vom Grundstücksbegriff gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG umfasst.
Als Bemessungsgrundlage bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zählen gem. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis sowie alle sonstigen vom Käufer übernommenen Leistungen.
Von der Grunderwerbsteuer können nur Teile des Kaufpreises ausgenommen werden, wenn diese auf Gegenstände entfallen, die nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen. Die Instandhaltungsrücklage gehört jedoch als Teil des Verwaltungsvermögens zum Wohnungseigentum und ist daher eine der Grunderwerbsteuer unterliegende Vermögensposition.
Das Entgelt, welches für die Instandhaltungsrücklage aufgewendet wird, ist demnach unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen.
Praxishinweis
Die Instandhaltungsrücklage unterliegt nach dem o.g. Urteil der Grunderwerbsteuer. Steuerpflichtige sollten jedoch beachten, dass andere Gegenstände, wie z.B. eine Einbauküche, übernommene Möbel etc., bei einer separaten Aufteilung im Kaufvertrag von der Grunderwerbsteuer ausgenommen werden können.
Abhängig von der jeweiligen Satzung der Wohnungseigentümergemeinschaft sollte nach diesem Urteil geprüft werden, ob bei einem Verkauf von Teileigentum die Instandhaltungsrücklage nicht dem Verkäufer ausgezahlt und dafür der Kaufpreis gemindert wird. Dadurch wäre ggf. eine Minderung der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage möglich.
BFH, Urt. v. 16.09.2020 - II R 49/17
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)