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Grunderwerbsteuer -

Immobilien: Wann ist der Erwerb steuerfrei?

Wann greift die Befreiung von der Grunderwerbsteuer? Was gilt bei einer Schenkungsauflage? Nach dem BFH gilt: Wird ein Grundstück mit der Auflage zugewendet, das Grundstück später an eine weitere Person zu übertragen, sind beide Rechtsgeschäfte schenkungsteuerrechtlich selbständig zu beurteilen. Die Zusammenschau von Befreiungsvorschriften auf Grundlage fiktiver Gestaltungen findet nicht statt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 25.08.2020 (II R 30/18) dazu Stellung genommen, ob Grunderwerbsteuer bei einer Schenkungsauflage anfällt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Eheleute B und C waren alleinige Kommanditisten der A-KG, welche mehrere Grundstücke hielt. B und C schenkten u.a. die Kommanditanteile an der A-KG und die Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren Söhnen D und E.

Diese verpflichteten sich wechselseitig und gegenüber ihren Eltern, sich zeitnah nach der Schenkung in der Weise auseinanderzusetzen, dass einige Grundstücke der A-KG in eine GmbH & Co. KG unter der Firma F-KG eingebracht werden, deren alleiniger Kommanditist D sein sollte.

Die übrigen Grundstücke sollten in eine GmbH & Co. KG unter der Firma G-KG eingebracht werden, deren alleiniger Kommanditist E sein sollte. Im Jahr 2009 wurde die A-KG umfirmiert in F-KG.

Später setzten sich D und E auseinander, wobei D seinen Kommanditanteil an der F-KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die D-KG übertrug, deren alleiniger Kommanditist er wurde. E übertrug seinen Kommanditanteil an der F-KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die Klägerin, deren alleiniger Kommanditist er wurde.

An der F-KG waren somit die D-KG mit 56,6 % und die Klägerin mit 43,4 % beteiligt. Später beendeten die D-KG und die Klägerin die F-KG und schlossen einen „Auseinandersetzungs- und Einbringungsvertrag“, um die Abwicklung im Wege der Realteilung vorzunehmen.

Die im Gesellschaftsvermögen der F-KG befindlichen Grundstücke wurden entsprechend den Beteiligungsverhältnissen auf die D-KG und die Klägerin übertragen. Die Klägerin erhielt die Grundstücke, welche nach dem Schenkungsvertrag für die Gesellschaft des E vorgesehen waren.

Die Steuerbefreiung im Umfang der ursprünglichen Beteiligung der Kinder i.H.v. rund 44 % war unstreitig. Hinsichtlich des weiteren Teils blieb streitig, ob eine Grunderwerbsteuer anfällt. Das Finanzgericht gab der Klage statt, der BFH folgte dem nicht.

Grunderwerbsteuerbefreiung für Schenkungen nicht anwendbar

Von der Besteuerung bei der Grunderwerbsteuer sind u.a. ausgenommen Grundstücksschenkungen unter Lebenden i.S.d. ErbStG. Die Schenkung unter Auflage gehört zu den Schenkungen in diesem Sinne.

Ist Begünstigter der Auflage ein Dritter, bleibt der ursprüngliche Schenker alleiniger Schenker. Dies gilt ohne weiteres gegenüber dem unmittelbar Beschenkten (Erstbeschenkten).

Es gilt aber auch hinsichtlich des Gegenstands der Auflage gegenüber dem davon begünstigten Dritten (Zweitbeschenkten).

Führt nach einer solchen Schenkung der Erstbeschenkte die ihm auferlegte – und aus dem ihm Zugewendeten zu erbringende – Leistung durch Zuwendung an den Zweitbeschenkten aus, ist Schenker der Zuwendung an den Zweitbeschenkten nicht der Erstbeschenkte, sondern der ursprüngliche Schenker.

Die in der Auflagenbegünstigung liegende Schenkung ist bei dem Zweitbeschenkten steuerbar. Die Grunderwerbsteuerbefreiung gilt bei solchen Schenkungen unter Auflage zugunsten eines Dritten hinsichtlich des Gegenstands der Auflage nicht.

Der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerb vollzieht sich zwischen dem Erstbeschenkten und dem Zweitbeschenkten. Die Schenkung vollzieht sich zwischen dem ursprünglichen Schenker und dem Zweitbeschenkten. Der Erstbeschenkte und der ursprüngliche Schenker sind definitionsgemäß nie identisch.

Grundsteuerbefreiung für Angehörige in gerader Linie

Ferner gilt eine Grunderwerbsteuerbefreiung u.a. für den Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind. Eltern und Kinder sind in gerader Linie, Geschwister lediglich in der Seitenlinie verwandt.

Diese Steuerbefreiung ist auch anwendbar, wenn an dem Grundstücksübertragungsgeschäft Personengesellschaften beteiligt sind, welche die Voraussetzungen, die an die Verwandtschaft anknüpfen, als nicht natürliche Personen unmittelbar nicht erfüllen können.

Den Personengesellschaften als Gesamthandsgemeinschaften, zu denen auch die KG gehört, können im Rahmen der Befreiungstatbestände im Umfang der Beteiligung die persönlichen Eigenschaften der jeweiligen Gesellschafter zugerechnet werden.

Grunderwerbsteuerbefreiung in der Zusammenschau der Umstände

Wenn die Leistungsbeziehung in der Grunderwerbsteuer für sich genommen keinen Befreiungstatbestand erfüllt, kann gleichwohl die Zusammenschau mehrerer Befreiungsvorschriften oder die mehrfache Anwendung derselben Befreiungsvorschrift eine Steuerbefreiung im Wege der Zusammenschau eröffnen, welche im Wortlaut der Einzelvorschriften nicht zum Ausdruck kommt.

Die Zusammenschau darf nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen. Sie darf auch nicht zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinaus führen.

Die Zusammenschau kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Leistungsweg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Im abgekürzten Leistungsweg hat die tatsächliche Ausführung der Leistung für sich genommen keinen Rechtsgrund.

Sie kürzt lediglich den mehraktigen Leistungsweg ab, der den schuldrechtlichen Grundverhältnissen entspräche. Die Schenkung unter Auflage zugunsten eines Dritten enthält hinsichtlich der Auflage einen abgekürzten Leistungsweg. Die Auflage kann jede Leistung zum Gegenstand haben.

Ist diese ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft, kann eine solche Schenkung die Zusammenschau von grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften eröffnen.

Ein abgekürzter Leistungsweg liegt jedoch nicht vor, wenn der Gegenstand einer solchen Schenkungsauflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Erstbeschenkten war.

Unerheblich ist, ob es anderweitige – auch beachtliche – Gründe gab, den Umweg der Schenkung unter Auflage zu wählen, denn diese können nicht zu einer Besteuerung führen, wie sie stattfände, wenn dieser Weg nicht gewählt worden wäre.

Wie eine unmittelbare Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Zweitbeschenkten zu behandeln gewesen wäre, ist ebenfalls unerheblich, da dieser fiktive Sachverhalt nicht Gegenstand der Besteuerung ist.

Aus einer derartigen Konstellation wird auch nicht deshalb ein abgekürzter Leistungsweg, weil die Durchführung der Auflage dadurch ersetzt werden könnte, dass der Erstbeschenkte dasjenige, was Gegenstand der Auflage ist, zunächst dem Schenker zurückschenkt, damit dieser es anschließend dem Zweitbeschenkten zuwenden kann.

Entscheidung im Besprechungsfall

Der Erwerb durch Realteilung ist hinsichtlich des noch streitigen Anteils von rund 56 % nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG wäre auch dann nicht anwendbar, wenn trotz der Abweichungen in der Durchführung die Auseinandersetzung noch als Erfüllung der Auflage aus dem Schenkungsvertrag anzusehen wäre.

Der Grundstückserwerb hat sich nicht zwischen Schenker und Bedachtem vollzogen, da Schenker nur B und C wären, die aber nicht an dem Grundstücksübertragungsgeschäft beteiligt sind. Die Anwendung von § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist ebenfalls nicht möglich.

Die hinter der F-KG und der Klägerin stehenden natürlichen Personen, D und E, sind Geschwister und als solche lediglich in der Seitenlinie verwandt. Der Vorgang ist schließlich nicht aufgrund einer doppelten Anwendung gem. § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG im Wege der Zusammenschau steuerbefreit.

Zwar wäre auch in diesem Zusammenhang auf die hinter der F-KG und der Klägerin stehenden natürlichen Personen D und E abzustellen und sind beide mit B und C in gerader Linie verwandt, so dass die Zusammenschau eines ersten Erwerbsvorgangs zwischen der F-KG und B und C mit einem zweiten Erwerbsvorgang zwischen B und C und der Klägerin grundsätzlich denkbar wäre.

Es liegt jedoch insbesondere kein abgekürzter Leistungsweg vor. Wenn die Auseinandersetzung überhaupt die Auflage aus dem Schenkungsvertrag erfüllt haben sollte – was auch an dieser Stelle offenbleiben kann –, hat sie keinen Leistungsweg abgekürzt, sondern verlängert. Der Weg über die Auflage war angesichts der Möglichkeiten, etwa der Umwandlung, nicht erforderlich.

Die beiden angenommenen Erwerbsvorgänge stellen vielmehr einen fiktiven Sachverhalt dar. Die gedankliche Ersetzung der durchgeführten Realteilung durch die dargestellte zweiaktige Übertragung der Grundstücke über B und C spiegelt nicht die tatsächlich gewollten Leistungsbeziehungen wieder, sondern wäre im Verhältnis zu dem tatsächlich Gewollten ein allein aus steuerrechtlicher Motivation heraus konstruierter Umweg.

Es kann deshalb offenbleiben, wie mit der seitens des Finanzamts thematisierten Problematik umzugehen wäre, dass zum Zeitpunkt des steuerbaren Erwerbs C als Beteiligter eines solchen Leistungswegs nicht mehr am Leben war und zu der Erbengemeinschaft nach C auch D gehörte.

Der Umweg über B und C war nicht mehr möglich. Ein Umweg über B und die Erbengemeinschaft nach C hätte in Ansehung von D schon den Tatbestand des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG nicht erfüllt. Daher wies der BFH die Klage ab.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze zum Zusammenspiel verschiedener Grunderwerbsteuerbefreiungen konkretisiert: Wendet ein Schenker ein Grundstück zunächst einem Erstbeschenkten zu mit der Auflage, das Grundstück an einen Dritten zu übertragen, sind beide Rechtsgeschäfte schenkungsteuerrechtlich selbständig zu beurteilen. Die Zusammenschau von Befreiungsvorschriften auf Grundlage fiktiver Gestaltungen findet nicht statt.

BFH, Urt. v. 25.08.2020 - II R 30/18

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht