Mit einem neuen Anwendungsschreiben aktualisiert das BMF seine Verwaltungsvorgaben zur Steuerermäßigung aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG. Neben der Berücksichtigung der jüngsten BFH-Rechtsprechung ändert das BMF-Schreiben insbesondere die Berechnungsgrundlagen für den Höchstbetrag der Ermäßigung und für das Anrechnungsvolumen. Die Regelungen sind bereits auf alle aktuellen Fälle anzuwenden.
Mit dem Schreiben vom 03.11.2016 verkündet das BMF seine aktualisierten Ansichten zur Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Neu geregelt wird dadurch u.a. die Ermittlung des Anrechnungsvolumens bei Mitunternehmern sowie von Eheleuten. Außerdem wurde das Schema zur Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG angepasst und ein Punkt ergänzt, der die Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen i.S.d. § 7 Satz 2 GewStG regelt.
Grundsatz der Gewerbesteueranrechnung
Die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer soll die rechtsformneutrale Besteuerung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften im Vergleich zu Kapitalgesellschaften gewährleisten. Konkret wird die tarifliche Einkommensteuer um das 3,8-Fache des Gewerbesteuermessbetrags ermäßigt. Derart steuerbegünstigt sind die Einkünfte von Einzelunternehmern, von Gesellschaftern einer Personengesellschaft, von persönlich haftenden Gesellschaftern einer KGaA sowie von atypisch stillen Gesellschaftern, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Systematisch bedingt nicht angewendet werden diese Ermäßigungsregelungen auf Kapitalgesellschaften.
Anwendungsbereich
Auch weiterhin werden Gewerbesteuermessbeträge mit Erhebungszeiträumen vor dem 01.01.2008 nur um das 1,8-Fache des Gewerbesteuermessbetrags ermäßigt. Das Anrechnungsvolumen wird durch den Ermäßigungshöchstbetrag begrenzt. Dabei gehören Einkünfte gem. §§ 16, 17 EStG regelmäßig nicht zu den gewerblichen Einkünften, im Gegensatz zu Veräußerungsgewinnen aus der Aufgabe einer 100%igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen.
Im Folgenden werden die Änderungen durch das aktuelle BMF-Schreiben aufgeführt.
Steuerermäßigung von Mitunternehmerschaften
Erzielt ein Einzel- oder Mitunternehmer Einkünfte aus mehreren Gewerbebetrieben, so sind die jeweiligen Gewerbesteuermessbeträge für jeden Gewerbebetrieb und für jede Mitunternehmerschaft separat gemäß dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu ermitteln, mit dem Faktor 3,8 zu multiplizieren und auf die zu zahlende Gewerbesteuer zu begrenzen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass die bisherige Einschränkung für negative gewerbliche Einkünfte eines Betriebs bzw. aus einer Beteiligung nunmehr weggefallen ist.
Anrechnungsvolumen bei Ehegatten
Bislang waren die Anrechnungsvolumina zusammenveranlagter Ehegatten zusammenzufassen. Mit dem aktuellen BMF-Schreiben ist dies nur noch der Fall, wenn beide Ehegatten jeweils eine positive Summe der gewerblichen Einkünfte i.S.d. § 35 EStG aufweisen. Falls ein Ehegatte nicht positive gewerbliche Einkünfte erzielt, sind diese nicht mit einzubeziehen. Somit sind positive Einkünfte eines Ehegatten in jedem Fall in voller Höhe anrechenbar, sie werden nicht durch etwaige Verluste des anderen Ehegatten gemindert.
Veräußerungs- oder Aufgabegewinn bei Umwandlung
Der auf einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn nach § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG a.F., § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG entfallende Gewerbesteuermessbetrag konnte bislang nicht angerechnet werden. Nun gibt es hierzu eine explizite Ausnahme, und zwar wenn das Personenunternehmen aus einer umgewandelten Organ(kapital-)gesellschaft entstanden ist und ein von dieser erzielter und dem Organträger zuzurechnender Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu einer Anrechnung nach § 35 EStG geführt hätte. Zweck der Ergänzung dieser Ausnahme ist die Anpassung an die aktuelle BFH-Rechtsprechung.
Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags
Der Ermäßigungshöchstbetrag wird berechnet, indem die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte durch die Summe aller positiven Einkünfte dividiert und mit der geminderten tariflichen Steuer multipliziert wird.
Neu ist, dass bei der Berechnung positive und negative Einkünfte innerhalb der gleichen Einkunftsart saldiert werden (sog. horizontaler Verlustausgleich). Ein vertikaler Verlustausgleich, also eine Verrechnung positiver und negativer Einkünfte verschiedener Einkunftsarten, erfolgt hingegen weiterhin nicht.
Bei der Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte sind nur gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 35 EStG zu berücksichtigen. Dagegen sind bei der Ermittlung der Summe aller positiven Einkünfte jegliche positiven wie negativen gewerblichen Einkünfte zu berücksichtigen – also auch solche, die nicht gewerbesteuerpflichtig sind.
Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinn i.S.d. § 7 Satz 2 GewStG
Der neu eingefügte Punkt 6.6 ergänzt, dass gewerbesteuerpflichtige Veräußerungs- oder Aufgabegewinne zur Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags nur dann bei der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte und der Summe aller positiven Einkünfte zu berücksichtigen sind, wenn sie dem betroffenen Mitunternehmer zugerechnet werden. Eine Aufteilung nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel kommt dabei nicht in Betracht.
Praxishinweis
Das BMF hat zum einen seine Verwaltungsregelungen an die BFH-Rechtsprechung angepasst und zum anderen die Berechnungsgrundlagen für das Anrechnungsvolumen sowie für den Ermäßigungshöchstbetrag abgeändert. Steuerpflichtige sollten beachten, dass dieses neu veröffentlichte BMF-Schreiben auf alle aktuellen Fälle Anwendung findet, und eventuell ihre Berechnungen überprüfen.
BMF, Schreiben v. 03.11.2016 - IV C 6 - S-2296-a/08/10002 :003
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper