Seit kurzem gelten neue Regelungen für die Jahresabschlussprüfung, die auf EU-Vorgaben zurückgehen. Mit dem Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) und dem Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) werden vor allem die Aufsicht über die Abschlussprüfer und die Prüfungsstandards bei „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ (PIE - Public Interest Entities) modifiziert und vereinheitlicht.
Die einschlägige EU-Richtlinie zur Jahresabschlussprüfung hat der Gesetzgeber durch das Ende 2015 verabschiedete Abschlussprüferaufsichtsgesetz (APAReG) und im Frühjahr 2016 verabschiedete Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) in nationales Recht umgesetzt. Die zentralen gesetzlichen Regelungen sind seit dem 17.06.2016 in Kraft.
Neuregelungen durch das APAReG
Das APAReG regelt in erster Linie die Aufsicht über die Abschlussprüfer und hat dazu die Zuständigkeiten von Bundesbehörden bzw. Einrichtungen des Berufsstands neu geregelt. Die bisher tätige Abschlussprüferaufsichtskommission wird aufgehoben und deren Tätigkeit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingegliedert.
Darüber hinaus ergeben sich Änderungen bei der Qualitätskontrolle der Jahresabschlussprüfung. Das bisherige Verfahren über die Teilnahme am Peer-Review – der Qualitätskontrolle durch einen externen Prüfer, also den Prüfer für den Abschlussprüfer – wird beendet und durch ein Anzeigeverfahren ersetzt.
Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müssen der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) im Voraus anzeigen, dass sie Jahresabschlussprüfungen nach § 316 HGB oder Sonderprüfungen, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beauftragt werden, durchführen und dazu detaillierte Angaben zu Art und Prüfungsumfang, insbesondere dem zeitlichen Aufwand machen. Die WPK veranlasst dann spätestens alle sechs Jahre beim anzeigenden Wirtschaftsprüfer eine Qualitätskontrolle, die spätestens drei Jahre nach der Anzeige erstmals stattfinden soll. Für Prüfungen bei Unternehmen von besonderem öffentlichen Interesse, die unter § 319a HGB fallen, werden Qualitätskontrollen noch gesondert durchgeführt. Nur für die letztgenannten Prüfungen gelten die Neuregelungen in Umsetzung der EU-Richtlinie.
Ferner ist die Berufsgerichtsbarkeit der WPK erweitert worden: Der Katalog der möglichen Sanktionsmaßnahmen ist neu geregelt worden. Aber wesentlich einschneidender ist die Änderung, dass künftig im Rahmen der Qualitätskontrolle festgestellte Mängel auch berufsrechtlich geahndet werden können. Bisher war dies nicht der Fall, da im Rahmen der Qualitätskontrolle festgestellte Pflichtverstöße nicht der WPK gemeldet werden durften.
Neuregelungen durch das AReG
Maßgeblich für die Neuregelung sind die Unternehmen von öffentlichen Interessen, sogenannte PIE (Public Interest Entities). Als Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten danach:
- kapitalmarktorientierte Unternehmen i.S.d. § 264d HGB: Unternehmen, die an einem organisierten Markt ihre Wertpapiere ausgegeben oder deren Zulassung zum Handel beantragt haben. Der Freiverkehr (wie z.B. der Open Market an der Frankfurter Wertpapierbörse) gilt nicht als organisierter Markt.
- CRR-Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG mit Ausnahme der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KWG genannten Institute: also Institute, die Einlagen annehmen und Kredite gewähren. Ausgenommen sind die Deutsche Bundesbank und die KfW. Finanzdienstleister fallen nicht unter diese Definition.
- Versicherungsunternehmen i.S.d. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/EWG: im Wesentlichen Direktversicherungen und Rückversicherungen. Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind unter bestimmten Bedingungen ausgenommen.
Für diese Unternehmen gelten bestimmte Regelungen: Vor allem hat sich die Abschlussprüfung nicht darauf zu erstrecken, „ob der Fortbestand des geprüften Unternehmens oder die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zugesichert werden kann“.
Ferner ist eine Vereinbarung, die die Möglichkeiten zur Wahl eines Abschlussprüfers auf bestimmte Kategorien oder Listen von Prüfern oder Prüfungsgesellschaften beschränkt, nichtig. Dies führt dazu, dass faktisch nicht nur Prüfungen durch die Big-Four-Gesellschaften durchgeführt werden, sondern auch andere Prüfer zum Zuge kommen.
Künftig ist ein Abschlussprüfer von der Prüfung ausgeschlossen, wenn die Besorgnis der Befangenheit während des Geschäftsjahres, für dessen Schluss der zu prüfende Jahresabschluss aufgestellt wird, oder während der Abschlussprüfung besteht.
Zudem wird gestattet, dass Prüfungsunterlagen durch den Abschlussprüfer eines Tochterunternehmens an den Abschlussprüfer eines in einem Drittland ansässigen Mutterunternehmens, soweit für die Konzernabschlussprüfung erforderlich, übermittelt werden. Dies statuiert eine Übermittlungsbefugnis und keine Übermittlungspflicht.
Der Prüfungsbericht ist schriftlich und mit der gebotenen Klarheit abzufassen – der Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer, der die Abschlussprüfung durchgeführt hat, muss diesen unter Angabe des Datums unterzeichnen. Falls der Aufsichtsrat den Prüfungsauftrag erteilt hat, ist der Prüfungsbericht diesem und gleichzeitig einem eingerichteten Prüfungsausschuss vorzulegen. In diesem Fall ist der Prüfungsbericht unverzüglich nach Vorlage dem Geschäftsführungsorgan mit Gelegenheit zur Stellungnahme zuzuleiten.
Weiterhin ist ein sogenannter „sonstiger ergänzender Hinweis“ nicht nur im Fall eines uneingeschränkten, sondern auch im Fall eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks oder eines Versagungsvermerks möglich. Solche Hinweise dürfen allerdings nicht die Umstände umfassen, die zur Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks führen. Bestätigungsvermerk oder Versagungsvermerk sind unter Angabe des Orts der Niederlassung des Abschlussprüfers und des Tages der Unterzeichnung zu unterzeichnen – im Fall von Gemeinschaftsprüfungen durch alle bestellten Personen.
Diese Neuregelungen sind erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse für das nach dem 16.06.2016 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr (01.01–31.12.2016) käme der neue Bestätigungsvermerk damit erstmals für den Abschluss zum 31.12.2017 zur Anwendung.
Praxishinweis
Die Neuregelungen gelten künftig vor allem für PIE. Für diese Unternehmen kommen die meisten Neuerungen hinzu, während die Nicht-PIE vor allem von den Änderungen für die Qualitätskontrolle und die Berufsaufsicht betroffen sind. Da nun ab Mitte Juni 2016 europaweit identische Prüfungsstandards gelten und auch Prüfungsgesellschaften/Prüfer aus anderen EU-Ländern prüfen dürfen, bleibt abzuwarten, ob die Vereinheitlichung auch zu einer Liberalisierung führen wird. Zunächst dürften für den durchschnittlichen Wirtschaftsprüfer bis auf die Veränderungen bei der Qualitätskontrolle keine Änderungen im Berufsalltag eintreten.
Gesetz zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG) v. 31.03.2016, BGBl 2016 I 518
Gesetz zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) v. 10.05.2016, BGBl 2016 I 1142
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz