Welcher Umsatzsteuersatz gilt für E-Books? Der BFH hat entschieden, dass bei einer sogenannten Online-Ausleihe von E-Books der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden ist. Die Entscheidung der BFH-Richter dürfte bis zu einer eindeutigen gesetzlichen Regelung aber auch für die Lieferung dieser digitalen bzw. elektronischen Sprachwerke - z.B. auf Datenträgern - grundsätzliche Bedeutung haben.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 Anlage 2 Nr. 49 UStG gilt für gedruckte Bücher der ermäßigte Steuersatz von 7 %. Dieser gilt seit dem 01.01.2015 nach Nr. 50 der Anlage 2 ebenfalls für Hörbücher, die auf einem elektronischen Medium wie z.B. einer CD oder einem USB-Stick gespeichert sind.
Mit Urteil vom 03.12.2015 hat nun der BFH entschieden, dass auf digital über das Internet gelieferte Bücher (sog. E-Books) nicht der ermäßigte Umsatzsteuersatz, sondern der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden ist. Im Fall war die Klägerin eine GmbH, die im Streitjahr 2011 Leistungen im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Büchern in digitalisierter Form anbot. Die Kunden waren inländische Bibliotheken, welchen die entsprechenden Werke dann über das Internet zur Verfügung gestellt wurden. Die Kunden der Bibliotheken konnten die Werke dann auf ihre Endgeräte (z.B. Tabletts, E-Book-Reader) herunterladen. Die GmbH wies in Ihren Rechnungen die Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung ging das Finanzamt jedoch vom Regelsteuersatz von 19 % aus.
Physischer Träger erforderlich
Der BFH stellt im Urteil mit Verweis auf das Unionsrecht fest, dass die Steuerermäßigung grundsätzlich nur bei Büchern auf physischen Trägern anzuwenden ist (Anhang III Nr. 6 MwStSystRL i.V.m. Art. 98 MwStSystRL). Demnach ist die deutsche Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a UStG richtlinienkonform einschränkend auszulegen: Das Tatbestandsmerkmal „Bücher“ setzt einen physischen Träger voraus, auf dem das Buch materialisiert ist. Als die Steuerermäßigung für Bücher eingeführt wurde, gab es jedoch nur die Papierform im Handel und immaterielle Vertriebsformen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisiert. Dies bedeutet jedoch vom Wortlaut her nicht, dass auch neue Erscheinungsformen unter den Begriff des Buchs gefasst werden müssten. Die Leistung der Klägerin ist als eine elektronische Dienstleistung anzusehen.
Auch für Übertragung von Rechten kein ermäßigter Steuersatz
Auch wenn man eine Übertragung oder Einräumung von Rechten an den Werken annimmt, fällt diese nicht unter die Steuerbefreiung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG. Auch hier schließt das Unionsrecht im Ergebnis eine Steuerermäßigung aus, da im Ergebnis eine elektronische Dienstleistung vorliegt.
Kein Grund für Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH
Für den BFH ist die Rechtslage klar: Eine Steuerermäßigung ist nicht möglich. Dementsprechend lehnte er auch die Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV ab.
Praxishinweis
Auf der Grundlage des BFH-Urteils dürfte wohl davon auszugehen sein, dass auch die Lieferung von E-Books (also z.B. auf einem Datenträger) dem Regelsteuersatz unterliegt. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung wurde zwar vereinbart, die Steuerermäßigung auch auf E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien auszuweiten. Hierzu ist jedoch zunächst eine Änderung des europäischen Mehrwertsteuerrechts erforderlich, die bisher nicht erfolgt ist. So bleibt es also derzeit dabei, dass für gedruckte Bücher sowie für auf einem festen Speichermedium verankerte Hörbücher der ermäßigte Steuersatz gilt, alle auf elektronischem Wege bereitgestellten Werke jedoch mit dem Regelsteuersatz berechnet werden müssen.
Eine große Abgrenzungsfrage ist, wie Kombinationen von gedruckten und elektronisch bereitgestellten Produkten umsatzsteuerlich behandelt werden. Hierbei wird der immaterielle Bestandteil des Gesamtprodukts mit dem regulären Steuersatz belegt, während die physischen Bestandteile des sogenannten „Bundles“ dem ermäßigten Steuersatz unterliegen – es wird also von zwei getrennten Leistungen ausgegangen, die unterschiedlich zu besteuern sind. Dieser Abgrenzungs- und Kalkulationsproblematik hat der BFH durch seine Entscheidung keine Abhilfe leisten können. Es bleibt zu hoffen, dass eine zukünftige Anpassung des europäischen Umsatzsteuerrechts diese Bremse für moderne elektronische Leistungen im Verlagsbereich entfernen wird.
BFH, Urt. v. 03.12.2015 - V R 43/13
BMF, Schreiben v. 28.11.2013 – IV D 2 – S-7200/13/10004
Quelle: StB, Dipl.-Wirtschaftsjurist Thorsten Wagemann