In einem Antwortschreiben hat sich das BMF auf Nachfrage mehrerer Verbände zur Umsatzsteuerbefreiung bei Ehrenämtern geäußert. Insbesondere sieht das Ministerium in der Obergrenze einer bestimmten Stundenzahl grundsätzlich kein eindeutiges Kriterium mehr für das Vorliegen eines Ehrenamts - währenddessen wird die Glaubhaftmachung der geleisteten ehrenamtlichen Arbeit weiter erleichtert.
BMF äußert sich konkret zu Spezialfragen beim Ehrenamt
Nach einer anderthalbjährigen Bearbeitungszeit ist das BMF nun endlich mit Schreiben vom 29.08.2014 auf einige Spezialfragen zum Bereich Ehrenamt und dessen Umsatzbesteuerung hinreichend konkret eingegangen. Leider handelt es sich hierbei um kein öffentliches BMF-Schreiben, sondern lediglich um ein Schreiben an die sechs Berufsverbände, deren Mitglieder sich hauptsächlich mit ehrenamtlich Tätigen befassen.
Zum Hintergrund
Bereits am 27.03.2013 hat das BMF zu speziellen Fragen der Umsatzsteuer auf diesem Gebiet seine Meinung geäußert. Dennoch blieben viele zusätzliche Anwendungsfragen offen, so dass sich mehrere Verbände - u.a. der Bund der Steuerzahler, der Deutsche Steuerberaterverband, der Deutsche Fußball-Bund - direkt an das BMF wandten.
Das BMF hoffte, mit seinem Schreiben vom 29.08.2014 die häufigsten Fragen zur Umsatzsteuerbefreiung ehrenamtlicher Tätigkeit zu klären.
BMF erkennt den besonderen zeitlichen Aufwand an
Das BMF wollte hauptsächlich den Zeitaufwand von vielen ehrenamtlich Aktiven auch aus fiskalischer Sicht eine gewisse Anerkennung durch Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 UStG zollen. Deshalb ließ die Verwaltung bereits durch eine Änderung des Abschnitts 4.26.1 UStAE (eingefügt durch BMF-Schreiben vom 27.03.2013) diese wohlwollende Haltung einfließen.
So wird Ehrenamt definiert
Das BMF definiert in dem Schreiben zunächst die ehrenamtliche Tätigkeit genauer. Künftig liegt eine ehrenamtliche Tätigkeit immer dann vor, wenn die konkrete Tätigkeit in einem anderen (förmlichen) Gesetz als ehrenamtliche Tätigkeit bezeichnet wird. Zudem muss der materiell-rechtliche Begriff der Ehrenamtlichkeit, der besonders durch das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens gekennzeichnet ist, erfüllt sein.
Die diesbezügliche Regelung einer Selbstverwaltungskörperschaft - etwa durch Satzung z.B. bei Gemeinden - reicht für diese Zuordnung nicht aus. Diese Abkehr von der Satzung als solche hatte sich bereits Jahre zuvor in der Regelung zur Tätigkeit des Verwaltungsrats von Sparkassen angedeutet (Landesfinanzdirektion Thüringen, Vfg. v. 09.05.2012).
Welche Rolle spielt der zeitliche Umfang?
Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs und der Dauer einer ehrenamtlichen Tätigkeit erklärt das BMF erstmals, dass die Stundenzahl überhaupt keine Rolle spielt. Liegt aber ein besonders großer Zeitaufwand bei Ehrenamtlichen vor, kann man je nach Einzelfall wieder auf einen - nicht umsatzsteuerfreien - hauptberuflichen Teil oder auf eine Vollzeitbeschäftigung schließen.
Diese „Zwitterlösung“ führt u.U. zu dem praxisfremden Ergebnis, dass bei besonders zeitintensiver ehrenamtlichen Tätigkeit, entgegen der vom Gesetz beabsichtigten Besserstellung des Ehrenamtlichen doch eine nicht umsatzsteuerbefreite Tätigkeit vorliegen könnte, weil der ehrenamtlich Aktive eben zu viel arbeitet.
Um einem solchen fiskalischen Widerspruch bei zeitintensiver Beschäftigung von Ehrenamtlichen vorzubeugen, hält es das BMF für zulässig, den Zeitrahmen durch einen Beschluss der betroffenen Verbände selbst bis spätestens zum 31.03.2014 festzulegen.
Diese „Lockerung der Höchstzeit-Anforderungen“ durch den „Steuerpflichtigen“ stellt ein weiteres Novum dar: Der Steuerpflichtige selbst darf die Höchstgrenzen bestimmen! In Anbetracht dieses Entgegenkommens des BMF aufgrund des Drängens der Verbände bleibt nunmehr zu hoffen, dass die Finanzverwaltung diese „Beschluss-Frist“ ebenfalls großzügig behandelt.
Der tatsächliche Zeitaufwand muss zwar glaubhaft gemacht werden, dazu reicht es jedoch laut BMF aus, wenn der ehrenamtlich Tätige lediglich die Häufigkeit und durchschnittliche Dauer der Einsätze benennt. Bei gleichbleibendem Umfang ist sogar ein einfacher Verweis auf die Verhältnisse des Vorjahres ausreichend.
Praxishinweis
Es stellt ein „beachtliches Wohlwollen“ der Verwaltung dar, künftig von einer generellen Stundenobergrenze abzusehen und die Glaubhaftmachung zu vereinfachen. Die von den Verbänden bzw. Einzelorganisationen durchzuführenden Beschlussfassungen bezüglich der Stundenobergrenze sollten - soweit sie noch nicht erfolgt sind - unverzüglich vorgenommen werden.
Denn spätestens durch dieses BMF-Schreiben an die Verbände erlangt diese Spezialregelung einen viel größeren Bekanntheitsgrad. Deshalb ist mit weiterer Großzügigkeit und „Nachsicht“ der Verwaltung hinsichtlich der bereits Ende März 2014 abgelaufenen Frist nicht mehr zu rechnen. Spätestens ab Mitte Oktober 2014 wird den ehrenamtlich Tätigen endgültig eine „Selbstbenennung der eigenen Stundenobergrenze“ nicht mehr möglich sein.
BMF-Schreiben v. 27.03.2013, IV D 3 - S - 7185/09/10001-04, BStBl 2013 I 452
Landesfinanzdirektion Thüringen, Vfg v. 09.05.2012 - S-7185 A - 04 - A 5.17
Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann